2024-05-17T14:19:24.476Z

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Welche Schlüsse zieht der TSV 1860 München aus der verkorksten Saison?
Welche Schlüsse zieht der TSV 1860 München aus der verkorksten Saison? – Foto: IMAGO/Ulrich Wagner

Kommentar zur Saison des TSV 1860: Haching erspart Löwen den Totalcrash

Nachbarschaftshilfe unter Rivalen

Der SpVgg Unterhaching hat der TSV 1860 München zu verdanken, dass die schlimme Saison wohl nicht in einer Nervenschlacht mit ungewissem Ausgang endet.

München – Reihenhäuser, Aldi-Parkplatz, ein armer Verein aus der Vorstadt. Es waren teils wenig schmeichelhafte Begriffe, die die Löwen bei einer viral gegangenen Präsentationspanne mit der SpVgg Unterhaching in Verbindung brachten. Nur für Sekunden lag die Folie beim Vortrag der neuen Geschäftsführer auf, Oliver Mueller wollte damit die Markenwahrnehmung der acht bayerischen Proficlubs skizzieren. Dass die mit dem eigenen Verein verbundenen Assoziationen kaum vorteilhafter waren (abgerockte Autos, Risse), entlastet die „Sieger der Herzen“ im Emotions-Ranking (Selbstwahrnehmung). Haching nahm die Folien-Posse ohnehin sportlich, beließ es bei einer Abreibung im Derby. Statt einer weiteren Racheaktion gab’s am Sonntag sogar Nachbarschaftshilfe: 1:0-Sieg in Halle. Damit ersparten die ersatzgeschwächten Vorstädter den abgerockten Giesinger Autos einen vorzeitigen Totalcrash.

Charakter wäre ein Punkt, der beim nächsten Markencheck für die SpVgg zu ergänzen wäre. Anders als beim Bundesliga-Finale 2001, bei dem von Wildmosers Löwen keine Hilfe kam (0:1 gegen Cottbus), ließen sich die Hachinger in Halle nicht hängen. Die Ergebnisse der Sonntagsspiele ersparen den Löwen 2024 eine Nervenschlacht mit ungewissem Ausgang, auch das späte 1:1 von Ingolstadt (Assoziationen: u.a. Audi & Mediamarkt, keine Zuschauer) gegen Mannheim trägt dazu bei, dass sich die Lage für den TSV 1860 München im Kampf um den Klassenerhalt entspannt. Wenn der Tabellen-14. am Freitag nach Essen reist, beträgt das Polster auf Platz 17 fünf statt der befürchteten zwei Punkte. Eine Quasi-Rettung von Hachings Gnaden, denn der eigene Beitrag zum entspannten Saisonfinish war zuletzt überschaubar.

Welche Schlüsse zieht der TSV 1860 München aus der schlimmen Saison?

Eine zweite Stunde Null (Abstieg, Spielerverträge ungültig) bleibt den Löwen also mit hoher Wahrscheinlichkeit erspart. Stellt sich die Frage: Wird der Club auch die richtigen Schlüsse aus dieser schlimmen Saison ziehen? Die gute Nachricht: Ja, nach Lage der Dinge geht das Wirken der neuen Bosse über das Verbreiten von Folien und Parolen („Der neue Biss des Löwen“) hinaus. Mueller und Christian Werner stellen sich der Herausforderung, die ein spürbar gesenkter Etat mit sich bringt, wollen künftig die eigene Marke mit Leben füllen (Löwen-DNA), den Kader gesundschrumpfen (25 statt 31), verstärkt NLZ-Talente einbauen und vor allem: mehr als bisher auf Mentalität und Persönlichkeit achten: „Lieber tot als Zweiter.“ Dieses Motto soll laut Mueller ab sofort jeden 1860-Auftritt kennzeichnen.

Mit der Vertragsverlängerung von Jesper Verlaat, der Heimkehr von Niklas Lang und dem einen oder anderen angebahnten Transfer (David Philipp, Patrick Hobsch) ist ein Anfang gemacht. „Wir sind in der Planung weiter, als viele vermuten“, sagte Werner jüngst. In Kürze will er den Kader für 2024/25 präsentieren. Ein neues Auftreten ist auch bitter nötig, siehe die letzten Spiele. Und ganz nebenbei gibt es ja noch ein weiteres Ziel, das sich Mueller und Werner auf die Fahne schreiben: Sie wollen 1860 wieder zur Nummer zwei im Freistaat machen. Sprich: neben Hachings Vorstädtern auch an Rivalen vorbeiziehen, die für Puppenkiste, Playmobil, Bratwurst, ein unsexy Autobahnkreuz und Audi stehen. Ach ja: Dass sie den Club, der mit Hollywood assoziiert wird, als ewige Nummer eins anerkennen, haben sie mit keiner Silbe behauptet. (Uli Kellner)

Aufrufe: 07.5.2024, 10:00 Uhr
Uli KellnerAutor