Bayers U-23-Coach Ralf Minge war einst Co-Trainer des SC Fortuna Köln. Er war Zeitzeuge, als Toni Schumacher 1999 vom legendären Jean „Schäng” Löring in der Halbzeitpause entlassen wurde. Am Sonntag spielt Leverkusen in der Südstadt.
Leverkusen. Offiziell war Ralf Minge für 90 Minuten verantwortlicher Trainer von Fortuna Köln. So ist es im Spielbericht der Zweitligapartie bei den Kickers Offenbach vom 19. Dezember 1999 vermerkt, Endergebnis: 3:4 aus Kölner Sicht. Man kann aber auch annehmen, dass Minge nicht nur für 90, sondern für 135 Minuten Trainer der Fortuna war.
Dann ist man mittendrin in einem der kuriosesten Kapitel der Geschichte des Vereins aus der Kölner Südstadt. Darin nimmt der Trainer der U23 von Bayer 04 Leverkusen, der am Samstag (14 Uhr, Südstadion) mit seiner Mannschaft an die alte Wirkungsstätte zurückkehrt, eine bedeutende Nebenrolle ein: Minge war Co-Trainer, als Toni Schumacher, genannt „Tünn”, am kalten Mittwochabend des 15. Dezember 1999 beim Spiel der Fortuna gegen Waldhof Mannheim von Mäzen Jean „Schäng” Löring in der Halbzeitpause entlassen wurde.
Geschichten sind über diesen Abend geschrieben, sogar Dokumentarfilme gedreht worden. Deshalb möchte Minge heute eigentlich nichts mehr dazu sagen. Nur so viel: Natürlich sei er schockiert gewesen, als Löring ihn und Schumacher auf dem Weg in die Kabine abfing und Schumacher vermittelte, er möge in der zweiten Halbzeit nicht mehr auf der Bank Platz nehmen. Und umso schockierter, als Löring wutentbrannt Schumachers Halbzeitansprache unterbrach, der Legende nach mit den Worten: „Hau ab in die Eifel. Du machst meinen Verein kaputt. Du hast hier nichts mehr zu sagen.”
Schumacher verließ das Südstadion noch vor Wiederanpfiff. „Ich habe versucht, den Toni zu überreden”, erinnert sich Minge. Doch stattdessen ging der damals 39-Jährige allein zurück ins Stadion. Er setzte sich allerdings nicht auf einen der freien Trainerstühle, sondern auf die Auswechselbank und sah, wie seine Mannschaft chancenlos mit 1:5 verlor.
Die Tage danach — vor der Winterpause stand noch das Spiel in Offenbach aus — verliefen nicht minder kurios. Ein „Gremium” aus Minge, Betreuer Dieter Epstein und dem damaligen Sportkoordinator Matthias Mink leitete das Training am Vorgebirgsweg und stellte die Mannschaft auf. „Ich habe mich dort nie in der Verantwortung gesehen”, erklärt Minge, auch in Offenbach nicht, als Fortuna auf den letzten Tabellenplatz rutschte und die Abstiegsränge in der Rückrunde nicht mehr verlassen sollte. Zwar habe er zu Löring ein gutes Verhältnis gepflegt, sei immer korrekt behandelt worden. Doch aus Loyalität zu Schumacher habe er Lörings Angebot, Cheftrainer zu werden, abgelehnt. In der Winterpause wechselte Minge in die Nachwuchsabteilung von Bayer Leverkusen.
Mink, heute Minges Co-Trainer bei Bayers Regionalliga-Team, leitete noch länger das Training, bis die Fortuna Hans Krankl als offiziellen Nachfolger Schumachers vorstellte. Zwar würde er mit Mink noch manchmal über diese Zeit reden, wahrscheinlich besonders, wenn beide, wie am Samstag, in die Südstadt zurückkehren, doch: „Das machen wir dann sehr distanziert.” Er müsse nicht an Löring oder Schumacher denken, wenn er am Samstag die Kabine betreten werde, sondern an den 2:0-Sieg aus der Vorsaison.
Entgegen aller historischer Vorbelastung ist das Südstadion für Minge nämlich ein gutes Pflaster: Nach 2000 war er dort zweimal zu Gast — und gewann jeweils.