2024-11-22T08:24:04.050Z

Interview
Auf dem Höhepunkt seiner fußballerischen Laufbahn: Stefan Wannenwetsch (re.) versucht, Weltmeister Thomas Müller am Schuss zu hindern. Am Ende verlieren Wannenwetsch und der FC Ingolstadt vor 75.000 Zuschauern die Partie beim Rekordmeister mit 0:2.
Auf dem Höhepunkt seiner fußballerischen Laufbahn: Stefan Wannenwetsch (re.) versucht, Weltmeister Thomas Müller am Schuss zu hindern. Am Ende verlieren Wannenwetsch und der FC Ingolstadt vor 75.000 Zuschauern die Partie beim Rekordmeister mit 0:2. – Foto: Getty Images

Als Profi in die Kreisliga - mit 28: Die Story des Stefan Wannenwetsch

Die ungewöhnliche Geschichte des Ex-Löwen, der früh zu seinen Wurzeln zurückgekehrt ist

An den Tag, der sein Leben verändern sollte, kann sich Stefan Wannenwetsch noch ganz genau erinnern: "Das war am 11. Mai 2019, 37. Spieltag wir haben mit Hansa Rostock zuhause gegen Uerdingen 1:1 gespielt", kommt es wie aus der Pistole geschossen. Nach der eher unspektakulären Partie merkte der Schwabe sofort: Da stimmt was ganz gewaltig nicht! FuPa hat bei dem mittlerweile 29-Jährigen nachgefragt, warum er den bemerkenswerten Weg vom Profibereich in die Kreisliga angetreten hat - im besten Fußballalter.

FuPa: Die Meldung, dass du im Alter von 28 Jahren deine Profikarriere an den Nagel hängst und Trainer in der Kreisliga wirst, sorgte im Sommer für Aufsehen. Stefan, warum dieser ungewöhnliche Schritt?
Stefan Wannenwetsch (29): Leider blieb mir keine andere Wahl, eine schwere Verletzung hat mich dazu gezwungen. Ein Knorpelschaden vierten Grades wurde bei mir diagnostiziert. Normalerweise ist ein Knorpelschaden immer ein schleichender Prozess, der sich über längere Zeit hinzieht. Bei mir war das nicht so, es ist auf einen Schlag gekommen.

Beschreib doch bitte mal die für dich verhängnisvollen Momente ein wenig ausführlicher.
Das war am 11. Mai 2019, 37. Spieltag wir haben mit Hansa Rostock zuhause gegen Uerdingen 1:1 gespielt. Nach dem Spiel sind die Schmerzen immer schlimmer geworden und ich habe gemerkt: Hoppla, das ist keine Kleinigkeit! Letzten Endes habe ich den Schaden im Knie nie mehr richtig in den Griff bekommen. Anschließend habe ich es noch beim VfR Aalen probiert, aber die Leistung hat unter der Verletzung spürbar gelitten. Ich ließ mich operieren, absolvierte die Reha. Aber bei jedem Schritt hatte ich Schmerzen. Und dann stellst du dir automatisch im Unterbewusstsein die Frage: Muss ich diesen Schritt jetzt wirklich machen? Keine gute Voraussetzungen, um Profifußball zu spielen. Es hat auch einfach keinen Spaß mehr gemacht.

In Rostock verletzte sich Stefan Wannenwetsch schwer am Knie - und musste seine Profikarriere beenden.
In Rostock verletzte sich Stefan Wannenwetsch schwer am Knie - und musste seine Profikarriere beenden. – Foto: Bock

Bist du im Nachhinein verbittert darüber, dass dir nicht noch ein paar Jahre vergönnt waren?
Freilich war ich niedergeschlagen, ganz klar. Im ersten Moment ist das schon brutal. Aber es hatte sich über einen längeren Zeitraum angekündigt, dass es für Fußball auf hohem Niveau nicht mehr reichen würde. Mittlerweile kann ich damit leben.

Mit 28 wärst du im oft beschworenen besten Fußballalter gewesen...
Ich sehe das immer auch aus einer anderen Perspektive. Ja, Ende 20 ist man normal auf dem Höhepunkt. Aber ich sag's mal so: In diesem Alter machst du keinen Riesenschritt mehr. Für 300 Bundesliga-Spiele hätte es bei mir sicher nicht mehr gereicht. (lacht)

Spielte auch noch eine andere Überlegung eine Rolle? In der 3. Liga oder der Regionalliga wird man vermutlich nicht gerade reich...
Nein, das hat keine Rolle gespielt. Mit einem guten Vertrag in der 3. Liga kann man sehr gut leben. Freilich ist man aber weit davon entfernt, ausgesorgt zu haben.

Stefan Wannenwetsch (li.) im Duell mit Hachings Goalgetter Stephan Hain.
Stefan Wannenwetsch (li.) im Duell mit Hachings Goalgetter Stephan Hain. – Foto: Leifer

Du hast den Traum aller kleinen Jungs leben dürfen: Fußballprofi! Ist es wirklich das Nonplusultra?
Klar, es ist schon toll, keine Frage. Aber es ist wahrlich nicht immer ein Zuckerschlecken. Zunächst wird knallhart aussortiert. Hast du es zu den Profis geschafft, bist du ständig im Fokus. Du stehst immer in der Öffentlichkeit, jeder Schritt von dir wird kritisch beäugt. Jeder Fehler von dir wird öffentlich seziert. Damit musst du erst einmal klarkommen.

Auch wenn's nur ein Einsatz war, kannst du dich Bundesliga-Spieler nennen. Just in der ausverkauften Allianz-Arena beim großen FC Bayern durftest du im Dezember 2015 für den FC Ingolstadt ran. Der Höhepunkt deiner Karriere?
Zweimal durfte ich in der ausverkauften Allianz-Arena auflaufen! Das Spiel bei den Bayern wird mir für immer in Erinnerung bleiben, allerdings war ich an besagtem Abend nicht wirklich gut. Wir haben 0:2 verloren. Noch lieber erinnere ich mich an die Partie mit den Löwen gegen Borussia Dortmund im DFB-Pokal. In München war zu der Zeit Oktoberfest, die Stimmung war gigantisch. Ich muss schon sagen, die Löwenfans und auch die Anhänger des BVB haben die des FC Bayern klar in den Schatten gestellt. (schmunzelt)

Bei den Münchner Löwen schaffte Stefan Wannenwetsch (li.) den Sprung in den Profibereich.
Bei den Münchner Löwen schaffte Stefan Wannenwetsch (li.) den Sprung in den Profibereich. – Foto: Brugger

Gibt's noch Kontakt zu deinen Ex-Klubs?
Bei den Löwen habe ich unter Alexander Schmidt den Sprung in den Profibereich geschafft, der Verein wird für mich immer etwas ganz Besonderes sein. Ich stehe Sechzig emotional nahe, es heißt nicht umsonst: Einmal Löwe, immer Löwe! (grinst) Ich habe nach wie vor einen guten Draht an die Grünwalder Straße. Auch nach Ingolstadt und natürlich auch Rostock, wo die Erinnerungen noch ganz frisch sind, habe ich noch guten Kontakt.

Profibereich und Kreisliga sind schwerlich miteinander vergleichbar. Wie bist du es angegangen?
Beides hat seinen Charme. Ich bin seit jeher mit meinen Kumpels in Rammingen in Kontakt. Ich weiß, was bei meinem Heimatverein abläuft. Es war jetzt also kein Schock für mich. (lacht) Es war jetzt auch nicht so, dass der Wannenwetsch kam und erst einmal Ernährungspläne verteilt hat. (lacht) Das ist Feierabend-Fußball, der soll in erster Linie Spaß machen. Aber ich erwarte mir, dass meine Jungs am Sonntagnachmittag auf den Platz gehen und gewinnen wollen. So viel Ehrgeiz will ich schon sehen. Wenn wir 4:0 führen, will ich sehen, dass die Jungs geil darauf sind, das 5:0 zu machen. Das ist mir wichtig und das versuche ich zu vermitteln.

Werden wir dich noch einmal in Aktion auf dem Platz sehen?
Ich würde schon gerne noch ein wenig kicken. Momentan ist es so, dass ich in den Trainings schon mal mitmache. Aber ich bin noch immer nicht schmerzfrei und habe vor allem noch so meine Probleme bei den fußballspezifischen, abrupten Richtungswechseln. Gemeinsam mit meinen langjährigen Kumpels nochmal gegen den Ball zu treten, wäre aber schon eine schöne Geschichte.

Abschließende Frage: Wie geht`s mit dir abseits des Rasens weiter; welche beruflichen Ziele verfolgst du?
Ich studiere im Moment noch Wirtschaftspsychologie. Ich bin auf der Zielgerade und möchte in diesem Jahr meinen Abschluss machen. Ja, und dann werden wir sehen, ob ich gut in der Arbeitswelt unterkomme. (lacht) Das wird schließlich eine ganz neue Erfahrung für mich sein.

Das Interview führte Mathias Willmerdinger.

Aufrufe: 021.1.2021, 09:30 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor