Das erste Jahr ist um, das zweite steht bevor. Die Zeit dazwischen verbrachte Josephine Giard größtenteils zuhause in Gütersloh. Am Mittwoch (2. Januar 2019) flog die 22-jährige Fußballerin, die den Zweitligisten FSV Gütersloh in der vergangenen Winterpause verlassen hatte, wieder zurück nach Schottland. Beim Erstligisten Celtic Glasgow beginnt für sie das Training zur Vorbereitung auf die neue Saison. Die alte Spielzeit endete für Giard und die „Hoops“, wie die Celtic-Teams wegen der grün-weißen „Reifen“ auf den Trikots genannt werden, mit einer durchwachsenen Bilanz. In der Liga finishten die Frauen hinter Meister Glasgow City und Hibernian Edingburgh auf Rang drei. „So wie wir gespielt haben, war das in Ordnung, zu mehr hat es definitiv nicht gereicht“, sagt die Stürmerin ohne Schönfärberei. Nach dem Viertelfinal-Aus im schottischen Pokal zog Celtic Ende Mai immerhin ins Finale des Liga-Cups ein. Die live im TV übertragene 0:9-Klatsche gegen Hibernian kostete Trainer David Haley, den „Entdecker“ von Josephine Giard, allerdings den Job.
Mit Eddie Wolecki Black verpflichtete der Club den früheren Erfolgscoach von Glasgow City als neuen Teammanager. Der zog die Gütersloherin zwar von der Spitze ins Mittelfeld zurück, weil er eine neue 16-jährige Stürmerin mitbrachte. Er beließ ihr aber die Trikotnummer 9 und ihren Stammplatz in der Anfangself, weswegen sie die Umstellung „okay“ fand. Mit elf Treffern in allen drei Wettbewerben avancierte Giard zur besten Torjägerin der Hoops. Dass sie im November das Angebot zur Vertragsverlängerung bekam, war insofern nicht überraschend. „Ich wäre wegen des Studiums aber auf jeden Fall in Glasgow geblieben“, stellt sie klar.
An der University of Strathclyde ist sie auf dem Weg zum Master in Biotechnologie. Günstig für sie: Die Hochschulen werben um die Studenten, Firmen übernehmen die Studiengebühren von rund 8.000 Pfund. Obwohl der Verein ihr eine Wohnung in der 75.000-Einwohner-Stadt East Kilbride stellt, die sie sich mit Teamkollegin Keeva Keenan aus Irland teilt, geht es finanziell nicht ganz ohne Unterstützung durch die Eltern. Perspektivisch hat die Tochter die Promotion im Blick. „Aber nicht in Schottland“, so der Plan.
Ein wenig spielt Josi Giard indes doch mit dem Gedanken, länger in Glasgow zu bleiben. Der schottische Verband, dessen Frauenteam 2019 in Frankreich erstmals bei einer WM dabei ist, hat von der Uefa einen zweiten Startplatz für die Champion-League erhalten. Sollte sich Celtic tatsächlich qualifizieren, „wäre das ein Grund, vielleicht noch ein Jahr dranzuhängen.“
Grundsätzlich gefallen tut es ihr ohnehin auf der Insel. „Die Leute sind mega entspannt, die nehmen jeden direkt auf“, lautet ihre Erfahrung. Trotz der hohen Belastung mit Studium und Leistungssport hat sie ein wenig auch vom Land außerhalb der 600.000-Einwohner-Metropole Glasgow gesehen. Als im Sommer ihre frühere Gütersloher Mitspielerin Laura Liedmeier zu Besuch kam, mieteten sich beide ein Auto und machten unter anderem einen Trip nach Inverness zum berühmten Loch Ness.
Das aktuelle Geschehen beim FSV verfolgt sie weitgehend aus den Medien. Mit Birgitta Schmücker hält sie engen Kontakt und hat sich auch jetzt wieder mit ihr getroffen. Der nächste Besuch in Deutschland wird übrigens nicht so lange dauern. Am 26./27. Januar nimmt Celtic Glasgow erstmals am Internationalen Turbine-Hallencup in Potsdam teil.