2025-04-11T12:14:20.922Z 1744601924957

Interview
Patrick Sofiane Ghigani wagt den Sprung in die zweite indonesische Liga. Wie es dazu kam - eine einzigartige Geschichte- FOTO: Stefan Reger
Patrick Sofiane Ghigani wagt den Sprung in die zweite indonesische Liga. Wie es dazu kam - eine einzigartige Geschichte- FOTO: Stefan Reger

Filmreife Story! Ghigani übernimmt indonesischen Profi-Klub

Weltenbummler bald vor 40 000 Fans

Patrick Sofiane Ghigani übernimmt den indonesischen Zweitligisten Persijap Jepara. Der Ex-Löwe und Hachinger hat viel Erfahrung im Profifußball und kennt das Land aus seiner aktiven Zeit. Wie der Kontakt zwischen dem erfahrenen Coach und dem Klub zustande kam, ist allerdings eine filmreife Geschichte.

Der gebürtige Münchner Patrick Ghigani ist Fußballer durch und durch. Die ersten Sporen verdiente er sich bei der DJK München-Nord und der SpVgg Feldmoching, bevor es ihn in die Jugendabteilung der Münchner Löwen zog. Das war der Startschuss für eine bewegte und erfolgreiche Fußball-Laufbahn. Zu Stationen in Aschheim, Ahlen, Emden und Unterhaching - um nur ein paar zu nennen - gesellen sich exotischere Klubs wie der Club Africain aus Tunesien, AS Rhodos, Panargiakos Argos und Panegialios FC aus Griechenland, oder Persiraya Banda Aceh und Cenderawasih Papua FC aus Indonesien.

Der heute 39-Jährige kehrte 2013 nach Deutschland zurück. Begann als Spielertrainer beim TSV Geisellbullach und schloß sich im vergangenen Sommer dem FSV Harthof München an.

In erster Linie betreibt Ghigani derzeit eine Fußballschule, gemeinsam mit seinen beiden ehemaligen Kameraden aus der Zeit im deutschen Profi-Fußball Paul Agostino und Roman Tyce.

Nun verschlägt es ihn wieder in südlichere Gefilde. Aus Süd-Ost-Asien erreichte ihn ein Angebot, das er nicht ausschlagen konnte. Wie es dazu kam, wieso er es annimmt und welche organisatorischen Hürden bevorstehen, verrät Ghigani im Vorort-Interview


Patrick, du hast ein Angebot aus dem Ausland bekommen. Kannst du uns erklären wohin es genau geht?

Ich habe bis 2012 in Indonesien Fußball gespielt und den Kontakt dahin nie abgebrochen. Nach einigem Hin-und-Her und vielen Gesprächen, nehme ich jetzt die Chance wahr und gehe zum indonesischen Traditionsklub Persijap. Das Team spielt derzeit in der zweiten Liga, allerdings funktioniert das Ligensystem in Indonesien etwas anders als hier. Mannschaften werden aufgrund ihrer Attraktivität für den Zuschauer "promoted", deshalb hat Persijab als Traditionsverein gute Chancen wieder in die höchste Spielklasse, die Super League, aufzusteigen.

Wie kam der Kontakt zu Persijap zustande?

Im Sommer war ich für einen Termin mit der Nike-Academy in Hongkong und weil ich schon in der Nähe war, habe ich mich entschlossen bei meinen alten Bekannten in Indonesien vorbeizuschauen. Dort habe ich, im Prinzip nur als Geste, ein paar Trainingseinheiten für Kinder gegeben. Auf einmal kam eine der Mütter auf mich zu. Sie besitzt einen Klub und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte ein paar Trainingsstunden mit ihrer Mädchenmannschaft abzuhalten. Wir haben uns gut verstanden, also habe ich zugestimmt und die Einheiten ohne Hintergedanken übernommen. Wie ich dort war, erzählte sie mir, dass sie neu im Geschäft ist und bat mich um ein paar Tipps. Die schienen ihr gefallen zu haben. Als sie mir das Angebot machte, dass ich ihre erste Mannschaft betreuen sollte, hätte ich am liebsten blind zugesagt.

Du wagst einen großen Schritt. Was hat dich überzeugt?

Ich habe im September, bei unserem letztem Interview, ja schonmal gesagt, dass ich eine Profi-Mannschaft trainieren möchte. Ich war schließlich selbst zwölf Jahre lang Vertragsspieler. Es ist toll, dass sich der Kreis jetzt schließt. Die Möglichkeit auf die Profi-Bühne zu treten ist eine riesen Chance, die ich auf keinen Fall verstreichen lassen will. Auch wenn es eine gigantische Veränderung ist. Ich lasse einiges hinter mir, aber der Verein bietet mir die Sicherheiten, die ich brauche. Mein Vertrag ist längerfristig angelegt und läuft über drei Jahre. Darüber hinaus bekomme ich zehn Prozent der Anteile vom Verein, damit bin ich Teilhaber und weiß, dass ich nicht direkt gefeuert werde, sollte es in den ersten drei oder vier Spielen nicht rund laufen. Die Verantwortlichen wissen, dass ich viel für den neuen Job aufgebe und bemühen sich sehr. Außerdem liebe ich das Land, die Kultur und das Wetter. Ich habe tunesische Wurzeln und kann mich mit dem warmen Klima besser anfreunden als mit dem deutschen Schmuddelwetter. Ich bin gut vorbereitet und freue mich sehr darauf.

Für deine Familie bedeutet das auch eine große Umstellung. Wie geht ihr mit den kommenden Herausforderungen um?

Meine Frau und ich haben erst vor einem Monat unser fünftes Kind bekommen, das macht es nicht unbedingt einfacher. Aber als meine Frau schwanger war, war ich auch schon in Gesprächen und zu der Zeit wäre es undenkbar gewesen umzuziehen. Jetzt ist das Kind da, alles ist gut, also können wir die Chance verwirklichen. Trotzdem bleibt meine Familie erstmal noch in Deutschland, damit die Kids das Schuljahr beenden können. Meine Frau mit den Kindern alleine zu lassen, ist schwer, aber im Sommer kommen sie dann nach. Manche würden das vorher nicht glauben, aber der Klub halt alles super organisiert. Sie haben sich um die Wohnung gekümmert und Schulplätze für meine Kinder stehen auch schon bereit.

Wie hat der FSV Harthof deinen frühen Abschied aufgenommen?

Für Harthof war das natürlich ein Paukenschlag. Vor allem weil ich auch noch meinen Bruder als Co-Trainer mitnehme. Er ist zurzeit Chefcoach in Harthof, sie müssen sich neu aufstellen. Es tut mir schon ein bisschen leid für den FSV. Es war eine coole Zeit bei ihnen. Trotzdem hat es der Verein toll angenommen und die Verantwortlichen haben sofort gesagt: "Diese Chance musst du wahrnehmen!" Dass sie mir den Schritt ermöglichen, ist eine super Sache.

Was bedeutet dein neuer Job für die Fußballschule?

Schon im Vorfeld der Gründung habe ich mit Paul Agostino und Roman Tyce besprochen, was wir machen, wenn einer ein Angebot von einem Profi-Klub bekommt. Wir sind gute Freunde und jeder gönnt dem anderen den Erfolg. Nichtsdestotrotz geht in der Fußballschule alles weiter wie gehabt, nur erstmal ohne mich. Ob ich weiterhin Teilhaber bleibe, ist eine andere Frage. Das wissen wir noch nicht. Auf jeden Fall bleiben wir in Kontakt. Alles bleibt, wie es ist. Wir haben viele ambitionierte Trainer und mein Abschied wird keinen Einschnitt für die Kids nach sich ziehen.

Richten wir den Blick nach Indonesien. Wie und wann wirst du deinen neuen Job in Angriff nehmen?

Am 11. Januar fliege ich nach Jakarta. In Indonesien geht die Saison ohne Pause von März bis Oktober. Deshalb möchte ich rechtzeitig vor Ort sein um eine gute Vorbereitung mit dem Team hinzulegen. Momentan ist der Saisonstart für den 24. März vorgesehen, allerdings kann sich das immer um eine Woche nach vorn oder hinten verschieben. Als Profi möchte man immer erfolgreich sein und das nehme ich mir auch vor. Wenn sich Erfolg einstellt, könnte es vielleicht sogar irgendwann einmal mit einer Rückkehr nach Europa klappen. Aber jetzt konzentriere ich mich erstmal auf diese Aufgabe, die mich bestimmmt sehr fordern wird.

Indonesien ist in Deutschland nicht als klassische Fußball-Nation bekannt. Wie können wir uns die Fußball-Kultur dort vorstellen?

Der Fußball genießt riesen Aufmerksamkeit in Indonesien, das ist ein regelrechter Hype. Im Sommer habe ich mir ein Spiel von Persijap angeschaut, da waren 40 000 Fans im Stadion. Auch beim Training sind die Verhältnisse ganz anders als in der deutschen Kreisliga. In der Regel kommen zwischen zwei- und fünftausend Zuschauer zu den Einheiten.

Aufrufe: 05.1.2018, 08:57 Uhr
Moritz BletzingerAutor