2024-11-22T08:24:04.050Z

Allgemeines
– Foto: Stefan Brauer

Stefan Krämer im Interview: "Ich bin Rheinländer, ich sehe die Chance"

KFC Uerdingen: Stefan Krämer erzählt im RP-Interview, warum er mit der Unterschrift gezögert hat.

Stefan Krämer, der den KFC Uerdingen im Mai 2018 in die Dritte Liga geführt hat und im Januar 2019 gehen musste, ist seit Mittwoch wieder Trainer der Blau-Roten. Im Aufenthaltsraum der Grotenburg berichtet er, wie es dazu kam, wie er das vergangene Jahr erlebt hat, worauf er sich freut und welche Möglichkeiten er beim KFC sieht.

Die Fans freuen sich, dass der Erfolgstrainer wieder da ist.
Krämer Ich freue mich auch. Damit hatte ich natürlich nicht gerechnet, entsprechend überrascht war ich, als das Telefon klingelte.

Wie lange musste Sie überlegen?
Krämer Schon einen Moment, aber nicht wegen der Vorgeschichte, sondern weil die Trennung in Magdeburg erst acht Wochen zurück liegt. Und ich bin keiner, der heute sagt, ich bin mit ganzem Herzen hier, und morgen mit ganzem Herzen woanders ist. Aber wir haben uns dann getroffen und ein paar Dinge im Vorfeld abgeklärt, die für einen Trainer existenziell wichtig sind; zum Beispiel was das Trainingsgelände betrifft und zumindest ein Mitspracherecht bei Kader, Trainerteam, Staff. Ich will nicht alles entscheiden, aber gehört werden und einen gewissen Einfluss haben.

Waren die Gespräche zwischen Ihnen und Präsident Mikhail Ponomarev schwierig?
Krämer Da wir uns kannten, konnten wir schnell zu den entscheidenden Themen kommen. Die Gespräche waren zügig und zielführend.

Bedurfte es nicht einer Aussprache nach der Trennung vor einem Jahr?
Krämer Natürlich muss ich die Freistellung von damals auch heute noch nicht gut finden oder verstehen. Aber eines weiß ich genau: das hat der Präsident nur gemacht, weil er erfolgreicher sein wollte. Er ist der Chef, und das finde ich dann okay.

Wie war das Jahr ohne den KFC?
Krämer Nach einer Freistellung nutze ich die Zeit in puncto Weiterbildung und schau mich bei anderen vereinen um. Im Januar war ich zum Beispiel in den Trainingslagern in Marbella und Belek.

Wie war die Zeit in Magdeburg?
Krämer Das ist ein unglaublicher Klub, mit einer Fan-Kultur und Stimmung, wie es sie nur ganz selten gibt. Die Fans dort spielen in einer eigenen Liga, stehen wie eine Wand hinter ihrem Klub. Da zu spielen, ist für jeden Fußballprofi ein Geschenk.

Was hat sich in dem einen Jahr in Uerdingen verändert?
Krämer Da kann ich mir nach zwei Trainingseinheiten noch kein Urteil erlauben. Aber der Kader hat mehr individuelle Klasse als der vor einem Jahr.

Mehr als die Hälfte der Spieler des Vorjahres sind noch da.
Krämer Ja, und die Neuen will ich schnell kennenlernen. Deshalb führe ich längere Einzelgespräche.

Was ist mit Daniel Steuernagel?
Krämer Mit ihm habe ich ein sehr gutes Gespräch geführt. Er hat jetzt Bedenkzeit. Ich wäre froh, wenn er bleibt, denn Arbeit ist genug da.

Einge Spieler wie René Vollath, Kevin Großkreutz oder Dominic Maroh kamen zuletzt nicht zum Einsatz. Wie gehen Sie damit um?
Krämer Ich höre mir an, warum das so war und werde mir ein eigenes Bild machen. Bei mir gibt es keine aussortierten Spieler, aber die gab es wohl auch zuletzt nicht. Klar ist aber, dass ein neuer Trainer für jeden Spieler einen Neubeginn bedeutet. Ich bewerte die Leistung, nicht die Namen oder wie lange ich sie kenne. Ich stelle die Spieler auf, von denen ich glaube, dass wir die größte Chance haben zu gewinnen.

Es sind gut klingende Namen.
Krämer Kevin Großkreutz und Dominic Maroh waren schon hier, als ich noch da war. Das sind ganz normale Jungs, die wollen keine Extrawurst. Das sind Fußballer durch und durch. Es hat damals mit ihnen Spaß gemacht und jetzt auch.

Was sich nicht geändert hat, sind die Trainingsbedingungen.
Krämer Natürlich müssen wir die Arbeitsbedingungen verbessern, das war auch Teil des Gesprächs, bevor ich zugesagt habe. Aber wir brauchen keine goldenen Wasserhähne, keinen Luxus, um zu arbeiten. Und ich finde, die Grotenburg hat Charme. Hier kann man die Tradition mit Händen greifen.

Die nächsten zwei Spieltage sind abgesagt. Ist das jetzt ein Vorteil?
Krämer Ich hätte gerne gespielt, aber die Gesundheit geht vor. Natürlich habe ich jetzt etwas mehr Zeit, die Mannschaft kennen zu lernen.

Wie sehen die nächsten Tage aus?
Krämer Am Freitag trainieren wir in Hüls und machen dann ein Spiel elf gegen elf. Das ist für mich sehr interessant, jeden auf dem großen Platz zu sehen. Am Wochenende haben die Spieler frei. Ihre körperliche Verfassung ist gut, aber wir müssen die Spannung aufrecht erhalten.

Sie kommen mit dem Bonus, nach zwölf Siegen in Folge aufgestiegen zu sein. Segen oder Fluch?
Krämer So etwas ist im Profifußball nur schwer zu wiederholen. Aber die Mannschaft hat die Qualität, in einem Spiel gegen jeden Gegner der Liga gewinnen zu können. Wir müssen die Konstanz rein bringen. In der Liga geht es in beide Richtungen sehr schnell. Die Chance ist da.

Sie haben mal gesagt, es komme auf eine gute Ausgangsposition an. Entschieden werde der Aufstieg in den letzten sechs Spielen.
Krämer Ja, so ist es. Wir müssen in eine gute Position kommen und dann in den letzten sechs Spielen performen. Ich bin Rheinländer, daher sehe ich die Chance. Aber die Liga ist verrückt: Da punkten auch Mannschaften, die weniger Qualität, aber einen Lauf haben.

Thomas Schulze führte das Gespräch.

Aufrufe: 012.3.2020, 17:22 Uhr
RP / Thomas SchulzeAutor