Christoph Goldschmidt ist keiner, der irgendwelche Phrasen dreschen muss oder sich auf irgendeine andere Art und Weise in den Mittelpunkt stellt. Sowas hat der 35-Jährige nicht nötig und passt auch gar nicht zu seinem Charakter. Das Rampenlicht blendet ihn vielmehr, als dass er sich darin sonnen könnte. "Goide" ist ein Mann der Taten, nicht der Worte. Und er ist vor allem mit Leib und Seele Fußballer - beim SV Hutthurm. "Es ist doch das A und O eines Amateursportlers, den ganzen Verein im Blick zu haben. Auf dem Niveau, wo wir uns befinden, kommt man nur als Einheit voran - und nicht als Einzelkämpfer."
Diese Aussage ist einerseits das Ergebnis seiner (fußballerischen) Erziehung, andererseits auch die Folge vieler Erfahrungen im langjährigen Alltag mit dem runden Leder. Kritiker würden Goldschmidt abwertend in die Kategorie "alte Schule" einordnen und somit als längst überholt. Fürsprecher sehen im 35-Jährigen einen Bewahrer tradtioneller Werte, die den Fußball als Breitensport überhaupt erst so bliebt gemacht haben. Kameradschaft und Hilfsbereitschaft sind für ihn Pflicht, nicht die Kür. "Der immer größer werdende egoistische Blick auf das Ganze ist es, was mich am meisten stört am heutigen Fußball. Es geht nicht darum, sich mit dem Kicken das neueste Auto finanzieren zu können, wenn ich die Voraussetzungen dazu haben - sondern darum, Miteinander was zu erreichen."
Auch der gebürtige Holzfreyunger selbst hat ein angeborenes Talent, auf das schnell höherklassigere Vereine aufmerksam werden. Erst noch spielte er für seinen Heimatverein, ehe er über Eberhardsberg in Hutthurm landete, und dort u.a. A-Jugend-Bayernliga spielte. Nach seiner Ausbildung am Ball kehrte er kurz nach Holzfreyung zurück, um mit seinem Freunden zu spielen, bevor ihn die Liebe nach Kirchberg vorm Wald führte. "Von dort aus wäre es einfach zu weit gewesen, immer nach Holzfreyung zu fahren. Deshalb habe ich mich wieder dem SV Hutthurm angeschlossen, bei dem ich eine prima Zeit in der Jugend verbracht habe."
Egal, wo und wann Goldschmidt gegen das runde Leder tritt, er macht es stets so gut und konstant, dass alle seiner bisherigen Trainer auf den robusten Mittelfeldspieler setzen. Erst spielt er mit Holzfreyung Kreisliga, später mit Hutthurm Bezirksoberliga, Bezirksliga und Landesliga. Den Erfolg scheint er automatisch anzuziehen. Doch dem ist nicht so. "Goide" sammelt Fleißkilometer auf den Straßen, um fit zu sein - geht mit Leidenschaft, Einsatz und Willen voran. "Wenn ich mich ausnahmsweise mal selber loben würde, dann für meine Einstellung", gibt er allgemein sehr bodenständige und demütige Goldschmidt zu.
Im FuPa-Interview zeigt sich der 35-Jährige als angenehmer Gesprächspartner, den man nicht die Worte aus der Nase ziehen muss, der aber gleichzeitig kein Sprücheklopfer ist. Seine Aussagen sitzen, weil sie aus dem Herzen kommen. Das merken seit Jahren auch seine Mitspieler beim SV Hutthurm. Als Kapitän ist Christoph Goldschmidt eine Führungs- und Respektsperson ohne Wenn und Aber - und gerade in der aktuellen, sehr jungen "Huadinga"-Mannschaft eine Vaterfigur.
Für "seine" Jungs hat der erfahrene Fußballspieler auch Lob übrig - nicht, weil es gut klingt, sondern weil sie es sich einfach verdient haben. Böck, Kriegl & Co. waren es, die trotz ihres Teenager-Alters in der vergangenen, schwierigen Saison den SVH nicht im Stich gelassen haben - im Gegensatz zu vielen anderen Spielern, die den Verein damals verlassen haben. Nur zu gut ist auch Goldschmidt das vorerst letzte Landesliga-Jahr noch in Erinnerung, das Hutthurm als abgeschlagendes Schlusslicht und Kanonenfutter beendet hat.
"Diese Zeit hat mich enorm altern lassen - und hängt mir deshalb jetzt noch nach", resümiert er. Im Rückblick seien bei der Kaderzusammenstellung Fehler gemacht worden, auf die er heute nicht mehr näher eingehen will, da sie ohnehin nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Nur soviel: "Vielleicht hat man sich etwas verrannt." Doch gerade in dieser Zeit kristallisierte sich heraus, wer tatsächlich zum Verein steht. "Und da bin ich wieder bei den vorher angesprochenen Jungs. Sie haben sich für den SV aufgeopert und sind deshalb - trotz ihrer Jugend - Vorbilder für mich."
Für Goldschmidt selbst kam ein Wechsel nie infrage. Er hat beim Traditionsverein im Landkreis Passau seine Erfüllung gefunden. "Ohne Holzfreyung nahetreten zu wollen, aber der SV Hutthurm ist mein Heimatverein", betont er. Und der Verein, der sich nach dem "reinigendem Gewitter" Landesliga-Debakel herauskristallisiert hat, entspricht wieder mehr seinen Vorstellungen, wie ein Fußballclub ticken soll. "Nun sind wir wieder ein riesengroßer Haufen - egal ob Erste oder Zweite -, der unbedingten Zusammenhalt beweist."
Genau dieser aus seiner Sicht Idealzustand ist es, warum sich Christoph Goldschmidt seit Jahren mit Haut und Haar für den SV Hutthurm einsetzt. Warum er neben seiner Zeit bei der Bundeswehr mit deutschlandweiten Einsatzgebiet und gleichzeitigem Hausbau kurzzeitig Spieler der Ersten und Trainer der Reserve war. Warum er neben seiner drei Kinder mit seiner Nicki ("sie stehen hinter mir, anders wäre es einfach nicht vereinbar") noch genügend Nerven für die anderen "Söhne" im grünen Trikot aufbringen kann. Warum er trotz zunehmender, altersbedinger Wehwehchen seinen Körper doch immer wieder zu schnellen Bewegungen überreden kann, wie er schmunzelnd zugibt.
"Der Rücken schmerzt schon regelmäßig", geht er auf die Folgen seiner langjährigen Karriere ein. "Und auch das ein oder andere Kilogramm, das ich einfach nicht mehr wegbringe, ist inzwischen hinzugekommen." Klingt nach einem baldigen Karriereende. Das bestätigt auch der stets auf seinen Körper achtende Modellathlet selbst. Bereits vor dieser Saison wollte er seine Schuhe an den Nagel hängen. Er wurde jedoch beim Neuaufbau in der Bezirksliga gebraucht, weshalb er sich noch einmal zu einer weiteren Saison überreden ließ. Im diesjährigen Sommer soll dann tatsächlich Schluss sein - trotz der aktuellen Zwangspause.
Doch wer Christoph Goldschmidt nur ein bisschen kennt, weiß, dass auch diese Entscheidung noch wohl noch nicht komplett in Stein gemeißelt ist. Nach der Lektüre dieser Zeilen hört man in Gedanken bereits jetzt das Handy des Vollblut-Huadings läuten, ein SVH-Veranwortlicher am anderen Ende. Ob er dann abhebt? Ob der Haudegen dann mal Nein sagen kann?
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Ehemalige Wegfährten über "Goide"
Jürgen Fuchs (ehemaliger Fußballchef SV Hutthurm): "Ich hab mit ihm ja noch zusammengespielt, als er sich als sehr junger Spieler mit sehr viel Ehrgeiz in die Mannschaft gekämpft hat. Sein Einsatz auf dem Platz und auch daneben waren vorbildlich. Aber auch dann als Führungsspieler nahm er die jungen bei der Hand und half ihnen, sich weiter zu entwickeln. Sportlich und menschlich ist er ein Spieler, wie man ihn sich als Funktionär wünscht."
Konrad Behringer (ehemaliger Trainer und jetziger Fußballchef SV Hutthurm): "Christoph hat ein Gefühl für Werte, Respekt, Bodenständigkeit und Hilfsbereitschaft. Das hat dazu beigetragen, dass wir ein sehr gutes Miteinander haben. Durch seine angenehme und sympathische Art ist er bei allen sehr beliebt - von Jung bis Alt. Als Führungsspieler und Kapitän ist er Lenker und Denker unserer jungen Mannschaft und Vorbild auf und neben dem Platz. Ob als Trainer der 1. Mannschaft, der 2. Mannschaft, bei Vereinsfesten - für Christoph gibt es nie ein Nein. Er steht und stand dem Verein in guten wie in schlechten Zeiten immer treu zur Seite. Goide ist ein echter Glücksfall für den SV Hutthurm."
Johannes Gastinger (ehemaliger Mitspieler): "Mit Goide verbinde ich viele schöne und lustige Erinnerungen. Wir haben in der Jugend einige Jahre in Hutthurm zusammengespielt und konnten dort viele tolle Erfolge feiern, wie den Bayernliga-Aufstieg mit der A-Jugend, bei dem sein Papa unser Trainer war. Christoph war dabei ein herausragender Spieler, der auch in jungen Jahren schon immer vorangegangen ist. Ausgezeichnet hat ihn damals schon immer sein Spielverständnis, sein brutaler Schuss und dass er eigentlich nie vom Ball zu trennen war. Neben den schönen sportlichen Erlebnissen werden mir aber auch die Partys mit ihm, Eder Mitsch & Co. immer in Erinnerung bleiben."