Die Voraussetzungen dafür schienen nicht schlecht. Der 44-jährige Fußball-Fachmann, der nach seiner erfolgreichen Tätigkeit im Nachwuchsbereich des Bundesligisten Borussia Mönchengladbach den SC Düsseldorf-West in die Oberliga geführt hatte, hat in seinem Jahr an der Römerstraße einen starken Eindruck hinterlassen und nachhaltig gearbeitet.
Zunächst führte John die Mannschaft im letzten Saisondrittel zum Oberliga-Titelgewinn und machte damit den Straelener Durchmarsch in Liga vier perfekt. Und auch das „Abenteuer Regionalliga“ ließ sich zunächst ganz ausgezeichnet an. In den ersten 21 Spielen bis zur Winterpause sammelte der SV Straelen 29 Punkte – für einen Aufsteiger eine fast schon sensationelle Bilanz. Wenn am Ende der Klassenerhalt herausspringen sollte, wovon trotz der jüngsten Pleitenserie auszugehen ist, hat Marcus John folgerichtig großen Anteil daran.
An der jüngsten Misere – gerade einmal zwei Punkte aus fünf schwachen Spielen im neuen Jahr – trifft den Trainer höchstens eine geringe Teilschuld. Denn die Talfahrt hatte sich bei näherem Hinsehen durchaus abgezeichnet. Folgende Punkte sind entscheidend für die momentane Entwicklung.
Überschätzung: Der Kader des Aufsteigers kann sich zwar sehen lassen und hat seine Qualitäten. Die Mannschaft ist aber bei weitem nicht so stark, wie nach außen gerne verkündet wird. Der Saisonetat des Aufsteigers bewegt sich im Ligavergleich im unteren Drittel. Damit wird vernünftig gearbeitet – Wunderdinge lassen sich allerdings nicht erwarten. Das genannte Stichwort betrifft auch die Spieler selbst. Mit unbedingtem Einsatz geht momentan eigentlich nur Kapitän Fabio Ribeiro im defensiven Mittelfeld voran. Gerade jene Akteure, die in der Oberliga glänzen durften und von Erfolg zu Erfolg eilten, sind zurzeit von einem Leistungstief betroffen. Im Saisonendspurt macht sich bemerkbar, dass man gegen gleichwertige oder übermächtige Gegner an sein Limit gehen muss. Und das geht nun einmal nicht mit einem gewissen Hang zur Bequemlichkeit.
Mangelnde Fitness Jeder Fußballfreund wird zunächst reflexartig sagen: „Sache des Trainers“. Doch fairerweise muss man sagen, dass Marcus John oftmals die Hände gebunden waren. Viele Regionalligisten bereiten sich in der Winterpause irgendwo unter der Sonne optimal auf kommende Taten vor – beliebtes Reiseziel ist wegen der vergleichsweise geringen Kosten die Türkei. Doch der SV Straelen hat sich solch ein Trainingslager im wahrsten Sinne des Wortes gespart. Und jeder Trainer ist machtlos, wenn seine Schützlinge umgehend über Wehwehchen klagen und über drohende Verletzungen berichten, sobald die Einheiten in eine etwas anstrengendere Richtung gehen.
Sturmflaute: Der SV Straelen trifft das Tor nicht mehr. Die Gegner haben sich inzwischen auf den schnellen Japaner Shun Terada eingestellt, der außerdem momentan viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Rückkehrer Randy Grens wartet noch auf seinen ersten Treffer in Liga vier. In vorderster Front besteht somit im Hinblick auf die kommende Saison dringender Handlungsbedarf.
Und jetzt? Am Samstag im Duell beim SV Lippstadt feiert der Sportliche Leiter Stephan Houben für ein Spiel sein Comeback auf der Trainerbank. Der Mann, der den SV Straelen vor zwei Jahren in die Landesliga geführt hat, bringt ein goldenes Händchen mit – der ersehnte erste Sieg im neuen Jahr käme gar nicht einmal sonderlich überraschend. Am Montag soll der neue Mann präsentiert werden, wobei auch eine Frau auf der Straelener Trainerbank nicht ausgeschlossen ist. Am Samstag besuchte Ex-Profi Dietmar Hirsch, der bis 2017 für den Regionalligisten VfB Oldenburg gearbeitet hat, das RWE-Spiel. In Bergisch-Gladbach wurde Tecklenburg-Kumpel Thomas Drotboom, Teammanager des Oberliga-Vorletzten TV Jahn Hiesfeld, gesichtet. Häufig fällt auch der Name von Fußball-Lehrer Andreas Golombek. Nicht zu vergessen die ehemalige Nationalspielerin Inka Grings, die einen gewissen Glamour-Faktor nach Straelen brächte. Und für den ist der Präsident immer zu haben.