Nach dem großen Lockdown im Frühjahr mit der deutschlandweiten Abriegelung gaben die politischen Entscheider die Verantwortung Stück für Stück in unsere Hände zurück: Training ja, Punkt- und Testspiele auch, sogar Zuschauer und der Ausschank von Alkohol waren auf einmal wieder erlaubt. Natürlich gibt es auch für uns Fußballer Verordnungen und Auflagen. Abstandsregeln hier, Höchstgrenzen da. Und am Anfang waren auch alle sehr bemüht, sich daran zu halten. Aber: Dieses Bemühen ist vielerorts längst dem bekannten Alltag gewichen. Nicht alle Vereine, Spieler und Zuschauer halten sich strikt an die vorgegebenen Regeln.
Viele, mit denen man in diesen Tagen, über dieses Thema spricht, können die drohenden Maßnahmen nicht verstehen. "Vom Amateurfußball geht doch keine erhöhte Infektionsgefahr aus." Und es stimmt ja auch: Freiluftsport, nur wenige Kontakte, alles wissenschaftlich belegt. Aber es geht nicht um den Amateurfußball an sich. Elf gegen elf auf grünem Rasen mit zwei Toren und ner Pille - das ist nicht das Problem. Es geht nicht um das pure Fußballspiel, sondern es geht um Fußball als Teil des gesellschaftlichen Lebens - mit Bierchen und Bratwurst und Klönschnack. Es geht um uns als Gemeinschaft. Wir wollen diese Gemeinschaft, sie ist uns wichtig. Aber dann müssen wir auch bereit sein, dafür ein paar Abstriche zu machen. Denn Fußball, Bier, Bratwurst, Klönschnack - das alles geht! Aber aktuell nur, wenn wir uns am Riemen reißen.
Abstandsregeln und Risikovermeindung? Oft nur auf dem Papier!
Ob diese Einsicht bei allen Aktiven schon angekommen ist, scheint fraglich. Wie sonst sind Selfies in der schlecht durchlüfteten Kabine zu erklären. Dicht umschlungen, mit Bier in der Hand und singend den Sieg feiernd. Zur Erinnerung: Nicht einmal in Kirchen wird in dieser Zeit gesungen. Doch der Abbruch der Saison 19/20 im März und die Folgen sind bei vielen Menschen offensichtlich schon wieder vergessen. Wenn man im Oktober 2020 auf die Plätze in unserer Region geht, sieht man nur äußert selten Ordner, die den Zuschauern erklären, dass ab 50 Zuschauern eine Sitzplatzpflicht besteht. Es sind Anhänger zu sehen, die ohne Maske dicht an dicht stehen, auch wenn die Zuschauerzahl weit über 50 liegt. Nach einem Spiel geht es an der Theke weiter: Fans und Spieler stehen dicht zusammen, die Maske, wenn sie denn getragen wird, rutscht immer tiefer und Abstand wird zum Fremdwort. Diese Szenen machen den Besuch eines Spiels mittlerweile so gefährlich. Wann war das noch gleich, als Corona war?
Und die Verbände? Die verlieren sich zwischen den Fronten der Mahner und Prediger. Sie reagierten mit Zuschauerbeschränkungen und Alkoholverbot - nur um wenige Tage später feierlich per „Breaking News“ mitzuteilen, dass Alkohol nun doch wieder erlaubt ist. Diese halbgaren Entscheidungen machen es für die Vereine nicht gerade einfacher. Zudem wurden Regeln nicht immer klar und schnell kommuniziert. Wenn ein Bundesland am Freitag die Corona-Verordnung ändert, scheinen beim Verband bereits alle im Wochenende zu sein. Vereine wurden erst sehr spät über Änderungen informiert. Das geht sicherlich besser.
Für uns alle heißt es jetzt also: Aufwachen! Oder demnächst die Pforte zum Sportplatz wieder abschließen.
Leute, wir können das hinkriegen: Neue Apps oder klassische verschließbare Zettelboxen helfen bei der Aufnahme der Kontaktdaten ohne Sorge um den Datenschutz. Das kann jeder Verein umsetzen, egal wie klein. Auch innerhalb der Mannschaft sollten Kontakte auf das Nötigste minimiert werden. Natürlich ist es in Ordnung, wenn der Zuschauer beim Fußball seine Bratwurst und sein Bier genießen möchte. Auch das Bierchen für die Spieler nach Spiel und Training ist nicht das Problem. Aber das muss in diesen Zeiten eben mit Abstand und Anstand gehen. Ein Besäufnis an der Theke oder auch am Platz mit umgefüllten PET-Flaschen ist auf unbestimmte Zeit nicht möglich und mit Blick auf die Risikogruppen, die durchaus auch auf den Plätzen anzutreffen sind, asozial.
Es bleibt unverständlich, warum sich so viele nicht an die Regeln halten und es wäre schade, wenn einige wenige die Arbeit der engagierten Ehrenamtlichen mit ihrem Verhalten wieder kaputtmachen würden. Ja, wir dürfen (noch) Fußball schauen und spielen, aber mittelfristig geht das nur, wenn sich endlich alle an die Regeln halten. Also bitte: Abstand halten, Maske auf, Rücksicht auf die Mitmenschen nehmen! Auch auf den Sportplätzen. Sonst droht den Amateuren in Kürze erneut eine sehr lange Pause.
Es ist nicht fünf vor 12, sondern schon Punkt 12. Die Stadt Duisburg hat gerade den Kontaktsport verboten, auch in der Gemeinde Gnarrenburg in unserem Gebiet im Kreis Rotenburg gab es schon Beschränkungen. Der zweite Lockdown im Fußball ist viel näher, als sich die meisten vorstellen mögen. Aber es liegt in unserer Hand, ihn abzuwenden.