Das Jahr 2024 war ein ganz besonderes für den 1. FC Normannia Gmünd. Man konnte den 120. Geburtstag feiern, unter anderem mit einem famosen Einlagespiel gegen den Bundesligisten 1. FC Heidenheim, schloss die erste Oberligasaison seit Jahren auf einem sensationellen siebten Platz ab und hält sich auch im zweiten Jahr achtbar, ist auf Platz neun in die Winterpause gegangen. Einer der Väter des Erfolgs ist Stephan Fichter, Sportlicher Leiter der Normannia, mit dem wir noch einmal auf einzelne Episoden des Jahres eingegangen sind.
Letztlich sind es 26 Punkte geworden, die aus 20 Partien herausgesprungen sind, Tabellenplatz neun steht zu Buche. Wie zufrieden bist Du mit der aktuellen Runde?
Wir sind zufrieden. Sehr zufrieden würde ich nicht sagen. Sehr zufrieden waren wir im vergangenen Jahr im Winter, weil wir eine sehr gute Hinrunde gespielt hatten. Aktuell sind wir zufrieden mit dem, was wir haben, wissen aber, dass es noch ein weiter Weg ist und dass wir weiterhin konstant punkten müssen, um nicht in komische Gefilde der Tabelle zu kommen. Wenn man es genau betrachtet, sieht man, dass es doch alles recht eng beieinander ist. Außerdem wissen wir immer noch nicht, wie viele Mannschaften letztlich absteigen werden, von zwei bis sechs ist da theoretisch alles möglich.
Jetzt möchten wir aber auf das gesamte Jahr schauen und da muss man festhalten: Es war ein besonderes Jahr, vor allem ein besonders erfolgreiches….
Ja, das Jahr 2024 war mehr als erfolgreich für uns alle. Dass wir als Aufsteiger als Siebter abgeschlossen haben, das ist höher einzustufen als der Aufstieg im Sommer 2023, das habe ich im Sommer schon mal so gesagt. Das war eine überragende Leistung von allen Beteiligten. Es war aber auch klar, dass es im zweiten Jahr schwieriger für uns werden würde. Das haben wir in der vergangenen Rückrunde schon festgestellt und das ist nicht nur eine Floskel. Wir fliegen nicht mehr unter dem Radar, wie noch in der Aufstiegssaison.
Dann gab es im Sommer das große Highlight im Rahmen des Jubiläums. Bundesligist 1. FC Heidenheim war zu Gast im Schwerzer, rund 2500 Zuschauerinnen und Zuschauer waren vor Ort. Blick doch noch einmal auf dieses Spiel zurück.
Das war mit Sicherheit ein Highlight, was man hervorheben kann und darf, denn wann hat man schon einmal einen Bundesligisten zu Gast? Das war nicht nur für die Normannia, sondern für den gesamten Ostalbkreis ein absolutes Highlight und dann haben wir uns sportlich noch ordentlich aus der Affäre gezogen. Das war ein rundum gelungenes Event und wir würden uns natürlich freuen, wenn wir häufiger solche Veranstaltungen bei uns im WWG-Sportpark durchführen könnten, ganz klar. Kurz darauf hatten wir ein weiteres Highlight, eine Nummer kleiner vielleicht. Die Stuttgarter Kickers waren im Pokal unser Gegner und wir konnten diesen Favoriten lange ärgern, mussten uns schließlich erst in der Verlängerung geschlagen geben.
Du hast es vorhin schon teilweise angerissen. In der vergangenen Saison umgab die Normannia schon ein gewisser Heim-Nimbus, in dieser Saison gab es schon vier Niederlagen zu Hause. Ist das vielleicht einer der Gründe, dass es nicht ganz optimal für die Normannia läuft?
Ich würde es eher umdrehen wollen: Vergangene Saison lief es eher außerplanmäßig gut. Da hatten wir diese Highlight-Spiele zu Hause, die wir gewonnen haben, gegen Villingen oder gegen Großaspach. Villingen ist am Ende aufgestiegen, Großaspach wurde knapp Dritter. Das waren Bonuspunkte, die wir nicht einplanen konnten. Von den Topmannschaften haben wir einzig gegen Göppingen zu Hause verloren. Und jetzt sind wir eigentlich in der Normalität (schmunzelt).
Auswärts hapert es etwas, drei Siegen stehen sechs Niederlagen gegenüber. Aber vielleicht drehst Du das ja auch wieder um…?
In der Oberliga ist es nicht so relevant, ob ich zu Hause oder auswärts spiele. Na klar, zu Hause spielen macht schon ein paar Prozentpunkte aus, es ist aber nicht so wie im Profibereich, wenn man vor 20.000 Zuschauern spielt. Nichtsdestotrotz möchten wir unsere Spiele daheim gewinnen und auswärts für die eine oder andere Überraschung sorgen. Das bringt aber nichts, es nur zu sagen, man muss es tun. Es war aber in den vergangenen Jahren schon immer so, wenn ich mich recht erinnere, dass wir uns zu Hause leichter getan haben. Unterm Strich ist es wichtig, dass wir punkten, egal wo. Am Ende des Tages zählt nur, dass wir am Ende der Saison genügend Punkte auf dem Konto haben.
Insgesamt ist das alles aber Jammern auf hohem Niveau, Ihr steht gut da und habt für reichlich Furore gesorgt in den vergangenen beiden Jahren. Wie empfindest Du die Sicht von außen auf die Normannia?
Um das nochmal festzuhalten: Wir wissen es zu schätzen, in der Oberliga spielen zu können. Das ist für uns alle keine Selbstverständlichkeit. Wir wissen, dass wir Jahr für Jahr, alle im Verein, das Maximale machen müssen, um wieder Oberliga spielen zu dürfen. Das ist uns allen bewusst. Das wird in dieser Saison schwierig und wenn wir den Klassenerhalt schaffen, wird es auch in der kommenden Saison wieder schwierig. Die Oberliga bleibt eine Herausforderung für uns.
Ich denke aber, dass es einige Mannschaften gibt, die deutlich unattraktiver Fußball spielen als wir. Unser Stil, sehr offensiv zu agieren, ist mittlerweile bekannt. Egal, wie favorisiert der Gegner ist, werden wir nie zwei Busse im Tor parken. Wir spielen zuschauerfreundlichen Fußball und würden uns natürlich wünschen, den eine oder anderen Zuschauer mehr bei unseren Heimspielen begrüßen zu dürfen. Wenn wir nochmal auf 2024 zurückblicken, dann lässt sich festhalten, dass wir es nicht viel erfolgreicher hätten gestalten können. Nehmen wir noch den Aufstieg aus dem Jahr 2023 mit dazu und weisen darauf hin, dass wir auch in dieser Saison wieder noch nicht einmal in ernsthaften Schwierigkeiten waren. Dann darf ich an dieser Stelle wohl sagen: Natürlich würden wir uns über mehr Zuschauer freuen, gar keine Frage. Das würde den Spielern mehr Spaß machen, und den ganzen Menschen um die Mannschaft herum ebenfalls.
Über den Daumen gepeilt sind es im Schnitt zwischen 200 und 300 Zuschauer, dabei bietet Ihr an manchen Spieltagen sogar ein kleines Rahmenprogramm an. Ist das vielleicht einfach das Maximum an Menschen, das Ihr im Schnitt zu den Heimspielen locken könnt?
Wenn man da nur auf die reine Statistik schaut, dann stehen wir gar nicht so schlecht da. Natürlich gibt es Mannschaften, die einen ganz anderen Background haben, wie etwa Reutlingen. Die haben Zuschauer bei sich und bringen auch auswärts immer einiges mit. Mit solchen Mannschaften können wir uns nicht messen. Ein gutes Gefühl dafür hat „Bredi“ (Amateurfußballfan Claus Breitenberger, d. Red.). Mit ihm habe ich mich auch schon mal über diese Thematik unterhalten. Er sagt, dass wir uns nicht beschweren dürften, da wir auch gegen Mannschaften antreten, die überhaupt keine Fans mitbringen, weil die Anfahrten einfach viel zu lang sind, das sind teilweise enorme Strecken. Bredi vergleicht es mit anderen Oberligen in anderen Kreisen, der kommt ja weit herum. Da spielen Oberligisten teilweise vor 50 bis 100 Zuschauern, sagt er.
Was habt Ihr Euch denn für die restlichen 14 Partien der Saison vorgenommen?
Wir möchten uns möglichst gut vorbereiten auf diese Spiele, weil wir wissen, dass es enorm schwierig wird. Wir wollen hinterher nicht nachrechnen müssen und auf irgendwelche Konstellationen hoffen müssen, sondern den Klassenerhalt aus eigener Kraft schaffen. Am Ende möchten wir über dem Strich stehen, das ist das große Ziel.
Seht Ihr im Winter nochmals Handlungsbedarf? Werdet Ihr Euch nochmal verstärken?
Nein, Stand jetzt werden wir uns nicht verstärken, aber natürlich halten wir die Augen und Ohren stets offen. Wenn sich etwas ergeben oder aber es die Situation erfordern sollte, durch Verletzungen oder Sperren, was ja immer passieren kann, würden wir eventuell nochmal handeln. Aktuell aber gehen wir davon aus, dass wir am 20. Januar, zum Trainingsauftakt, alle Akteure im Trainingsbetrieb haben werden, bis auf Tim Scheible. Auch Calvin Körner ist nach seiner langwierigen Schulterverletzung wieder zurück. Wir vertrauen dieser Mannschaft, wissen, dass sie das Potenzial hat, die Klasse abermals zu halten.
Zum Ende des Jahres hin dann fand noch eine Aktion statt, die nur am Rande mit der Normannia zu tun hatte, die aber für mächtig Aufsehen auf der Ostalb und weit über die Grenzen hinaus gesorgt hat: Trainer Zlatko Blaskic hat die Spendenaktion „Kindergewinner“ ins Leben gerufen und am Ende über 100.000 Euro an Spenden generieren können. Wie hast Du diese Aktion erlebt?
Ja, das war der absolute Wahnsinn. Er selbst hat niemals mit dieser Summe gerechnet. Ich habe die Arbeit rund um diese Spendenaktion tagtäglich mitbekommen, weil ich mich nun einmal täglich mit ihm austausche. Er hat da brutalen Aufwand betrieben, ihm war kein Weg zu weit, irgendwo hinzufahren, die Spenden einzusammeln oder die Fotos zu machen und sich bei den Spendern zu bedanken. Am 23. Dezember hat er mich angerufen und mir die Summe durchgegeben, das hat mich unglaublich für ihn gefreut. Das war eine unglaubliche Aktion und das kann man gar nicht in Worte fassen, was er für diese beiden Einrichtungen geleistet hat.