Vor dem Start ins neue Jahr spricht Sportchef Werner im Jubiläums-Interview über die Ziele des TSV 1860 München, Argirios Giannikis und Transfers.
München – Kein Fitness-Check, dafür ab 14 Uhr öffentliches Training – so startet der TSV 1860 München an diesem Freitag in die Rückrundenvorbereitung. Chefcoach bleibt trotz der auf Platz 14 beendeten Hinrunde Argirios Giannikis. Warum, erklärt Sportchef Christian Werner (43) exklusiv in unserem Interview zu seinem einjährigen Dienstjubiläum.
Herr Werner, am Sonntag sind Sie genau ein Jahr im Amt. Grund zur Freude oder verfluchen Sie diesen 5. Januar 2024?
Absoluter Grund zur Freude – weil ich jeden Tag dankbar dafür bin, dass ich hier Geschäftsführer sein darf. Es ist eine Aufgabe, die mir sehr viel Spaß macht, die sehr viel Verantwortung beinhaltet. Am Ende des Tages bin ich stolz und zufrieden, dass man mir die Aufgabe übertragen hat.
Als Sie bei 1860 einstiegen, belegte das Team Tabellenplatz 15, aktuell Platz 14. Was ist dennoch besser geworden in diesem Jahr?
Wenn man es am Tabellenplatz misst, sieht es jetzt nicht sehr spektakulär aus. Ich denke dennoch, dass wir als Mannschaft eine Entwicklung vollzogen haben. In Nachbetrachtung der Hinrunde haben wir die wichtigsten Werte analysiert, und da sind wir in fast allen Punkten besser geworden, sehen aber auch, dass die Entwicklung zu langsam verläuft.
Argirios Giannikis, den Sie damals überraschend als Trainer holten, ist immer noch im Amt. Gehen Sie auf jeden Fall mit ihm in die Rückrunde? Hier können Sie es erstmals offiziell verkünden…
Unsere erste Entscheidung, die wir damals zusammen im Team getroffen haben, war, Argirios Giannikis als Cheftrainer zu verpflichten. Ich glaube auch, dass wir mit dem Klassenerhalt für diese mutige Entscheidung belohnt worden sind. Wir haben jetzt ein Jahr zusammengearbeitet, und es gibt ganz viele Aspekte, die ich an der Zusammenarbeit mit Agi sehr schätze.
„Mit den Ergebnissen der Hinrunde sind wir alles andere als glücklich“.
Christian Werner, Sportchef des TSV 1860 München, über die Resultate in der 3. Liga.
Seine Hinrunden-Bilanz ist aber negativ: Sieben Siege, neun Niederlagen – bei einer Tordifferenz von minus fünf.
Sie haben recht, mit den Ergebnissen der Hinrunde sind wir auch alles andere als glücklich. Deshalb sind wir hart in die Analyse gegangen und wissen genau, in welchen Bereichen wir Nachholbedarf haben und wo Verbesserungspotenziale liegen. Wir haben Vertrauen in die Zusammenarbeit mit Agi und hoffen auf einen guten Start in die Rückrunde, für den wir uns Ziele gesetzt haben, die wir erreichen wollen.
Bei unserem Sommer-Interview sagten Sie über Giannikis, er sei einer der besten Trainer der 3. Liga. Sollte man von so einem Mann nicht etwas konstantere Ergebnisse erwarten können?
Zum mannschaftlichen Erfolg gehört deutlich mehr als nur der Cheftrainer. Daher nehme ich nicht nur Agi, sondern auch die gesamte Mannschaft in die Pflicht, miteinander eine erfolgreiche Rückrunde zu bestreiten.
Wenn der Trainer bleibt, kann man als Sportgeschäftsführer noch beim Kader ansetzen. Welche Änderungen sind in der Wintertransferperiode zu erwarten?
Das werden wir in den nächsten Tagen im Dialog mit beiden Gesellschaftern erörtern.
Wird es also auf jeden Fall Zu- und Abgänge geben?
Auch wenn wir sagen, wir sind mit einigen Punkten in der Hinrunde nicht zufrieden, glauben wir trotzdem an unseren Kader und seine Qualität. Ich bin überzeugt davon, dass wir mit diesen Spielern unsere Ziele erreichen können.
Vertrauen heißt also, es bleibt alles, wie es ist?
Wahrscheinlich gibt es in jedem Kader der 3. Liga Optimierungsbedarf. Wenn wir noch Kaderkorrekturen hinbekommen, freuen wir uns. Falls dem nicht so sein sollte, dann werden wir aber auch mit dem vorhandenen Kader unsere Ziele erreichen.
Es heißt, Dennis Dressel und Dominik Martinovic seien Wunschspieler des Vereins. Wie realistisch ist es, solche Extrakönner für die Rückrunde an Land zu ziehen?
Das sind beides hervorragende Spieler, die sowohl fußballerisch als auch menschlich Top-Qualitäten haben. Wasserstandsmeldungen bringen zu diesem Zeitpunkt niemand etwas. Das werden die nächsten Wochen zeigen, ob wir hier oder auch anderer Stelle tätig werden können.
„Wir glauben, dass er in der Rückrunde noch mal das Gesicht der letzten Saison zeigen wird, denn da war er einer der Top-Linksverteidiger der 3. Liga.“
Christian Werner über Leroy Kwadwo.
Ist in der Tabelle kurzfristig mehr möglich als Platz 14?
Ich glaube, es wird eine unfassbar schwere Rückrunde, in der wir jeden Punkt feiern werden, und in der wir uns jeden Sieg ganz hart erarbeiten müssen. Die aktuelle Tabelle mag vielleicht uns alle in Sicherheit wiegen – das wäre aber fatal. Ich weiß, wie andere abstiegsbedrohte Vereine sich aktuell auf dem Transfermarkt bedienen, um den Klassenerhalt zu bewerkstelligen. Das wird ein Hauen und Stechen, denn ich sehe mit Blick auf Mai weder Osnabrück noch Essen noch Aachen auf den Abstiegsplätzen.
Seit dem Aus für CEO Oliver Mueller sind Sie ja Sport- und Finanzgeschäftsführer in Personalunion. Wie starr ist das Korsett, in dem Sie sich bei Personalentscheidungen befinden?
Das ist doch bei jedem Profiverein das Gleiche: Alles steht und fällt mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten. Daher sind wir ständig im guten Austausch mit beiden Gesellschaftern.
Angeblich suchen Sie über die Spielerbörse „Transfer Room“ u.a. einen Linksverteidiger. Weil Leroy Kwadwo zu viele Fehler macht?
Erstens wird Transfer Room von fast jedem Profiverein genutzt. Es ist interessant, dass das nur bei uns Erwähnung findet. Zweitens werde ich mich nicht über einzelne Positionen, auf denen wir vielleicht suchen, äußern. In Bezug auf Leroy: Er ist ein hervorragender Spieler und ein toller Mensch. Wir glauben, dass er in der Rückrunde noch mal das Gesicht der letzten Saison zeigen wird, denn da war er einer der Top-Linksverteidiger der 3. Liga.
Angeblich hat der Karlsruher SC ein Auge auf Julian Guttau geworfen. Sein Vertrag läuft im Sommer aus. Kann es sich 1860 überhaupt leisten, standhaft zu bleiben?
Das ist das Schicksal jedes Drittligavereins, dass Angebote aus höheren Ligen kommen, sobald Spieler ordentlich oder gut performen. Das ist normal, das gehört dazu. Wir werden alles dafür tun, was in unserer Macht steht, um Julian Guttau zu halten. Grundsätzlich habe ich aber vollstes Verständnis, wenn ein Spieler den Schritt nach oben machen möchte.
Nicht nur der Vertrag von Guttau läuft aus, auch Marco Hiller, andere Leistungsträger und Jungprofis wie Raphael Ott wollen wissen, wie der Verein ab Sommer plant. Wie weit sind Sie in den Vertragsverhandlungen?
Wir sind in guten Gesprächen und werden in den nächsten Wochen die ersten Ergebnisse vermelden, gerade in Bezug auf unsere jungen Spieler.
Wie groß Ihr Handlungsspielraum ist, dürfte maßgeblich vom 10. Januar abhängen. An diesem Tag geht es vor dem Arbeitsgericht um die Freistellung Ihres Ex-Geschäftsführer-Kollegen Oliver Mueller. Wir tippen mal: Vorher passiert nichts…
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Beide Gesellschafter sind sich absolut einig darüber, dass Entscheidungen in Bezug auf das Wintertransferfenster unabhängig von der Causa Mueller fallen werden.
Bei Transfermarkt.de erfährt man viele spannende Details, nicht aber Ihre Vertragslaufzeit. Wie langfristig planen Sie bei 1860?
Zu meinem Arbeitsvertrag werde ich mich – wie auch bisher – nicht öffentlich äußern. Ich fühle mich bei den Löwen wohl.
Im Herbst hatten Sie eine konkrete Anfrage aus der Bundesliga, der Verein ist unserer Redaktion bekannt. Warum haben Sie abgesagt?
Ich hatte einen laufenden Vertrag mit dem TSV 1860 und hatte und habe nicht die Absicht, daran etwas zu verändern.
1860-Fans sind bekanntlich leidensfähig, aber jede Geduld ist endlich, wie die Sitzplatz-Belegung in den jüngsten Heimspielen zeigte. Mal in Richtung Anhang formuliert: Warum wird 2025 ein besseres Löwen-Jahr?
Ganz einfach: Weil wir viele gute Ideen haben – und viele Überraschungen parat. Wir sind in der Planung so, dass wir deutlich über den Tellerrand hinausblicken. Ich glaube, dass es ein wirklich spannendes Löwenjahr wird.