2024-11-11T09:02:23.060Z

Interview
Lange Zeit waren Markus Weinzierl (vorne) und Tobias Zellner (rechts) ein unzertrennliches Duo. Nach dem Aus auf Schalke trennten sich allerdings ihre Wege.
Lange Zeit waren Markus Weinzierl (vorne) und Tobias Zellner (rechts) ein unzertrennliches Duo. Nach dem Aus auf Schalke trennten sich allerdings ihre Wege. – Foto: Siegfried Lörz

Aus als Weinzierl-Co: »Natürlich waren wir beide enttäuscht«

Zweiter Teil des Exportschlager-Interviews mit Tobias Zellner: Warum die enge Zusammenarbeit mit Markus Weinzierl endete und welche Rolle der Waidler beim FC Augsburg einnimmt

Über den Umweg SSV Jahn Regensburg landete der Bischofsmaiser beim FC Augsburg - so lässt sich Tobias Zellners Karriere etwas komprimiert zusammenfassen. Natürlich hat der 43-Jährige auf seinem Lebensweg, wie im Profibereich üblich, an weiteren Stationen halt gemacht. Sein Geburtsort im Bayerwald, die Oberpfalz-Metropole sowie die Fuggerstadt haben jedoch bleibenden Eindruck hinterlassen - genauso wie Markus Weinzierl, der die Trainerlaufbahn von Zellner geprägt hat wie kein anderer...

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Eine der wichtigsten Personen, die Du beim SSV getroffen hast, dürfte Markus Weinzierl sein, der zum Ende Deiner Karriere noch Dein Coach und später beim FC Augsburg Dein Trainerchef war.

Wir haben sogar noch miteinander gespielt. Markus ist schon immer ein guter Freund von mir und natürlich habe ich ihm was meine Trainerkarriere betrifft viel zu verdanken. Es spricht ja für sich, wenn du Deinen ehemaligen Spieler als Co-Trainer haben willst. Ich musste meine Spielerkarriere verletzungsbedingt früher beenden, als ich eigentlich vorgehabt hätte. Mein Glück war, dass Markus mich gleich in sein Trainerteam integriert hat, was mir in dieser schwierigen Phase sehr geholfen hat.

Vor drei Jahren, nach der doch eher enttäuschenden Zeit auf Schalke, trennten sich Euer Wege. Warum?
Nachdem wir entlassen worden sind, wollte Markus eine kleine Pause einlegen. Ich nicht. Ich bin nicht der Typ, der lange auf irgendwas warten kann. Deshalb habe ich mich sehr über das Angebot vom FC Augsburg gefreut und bin wieder dorthin zurückgekehrt. Das war keine Entscheidung gegen Markus, auf keinen Fall. Ich habe ihn auch gefragt und er hat zugestimmt.

Euer Verhältnis ist also nach wie vor sehr gut und unbelastet?
Natürlich war es anfangs etwas komisch. Wenn man so lange Zeit zusammenarbeitet, ist es zunächst eigenartig, ohne den anderen zu sein. Wir waren deshalb beide etwas enttäuscht. Das hat sich aber gelegt.

»Die Zeit auf Schalke behalte ich in bester Erinnerung«



Nochmal zurück zum FC Schalke: Du warst nur ein Jahr dort. Was ist davon geblieben? Hast Du noch Gefühle für den Verein, der derzeit fast ausschließlich negative Schlagzeilen produziert?
Ich habe meine Frau in Gelsenkirchen kennengelernt. Schon alleine deswegen behalte ich die Zeit auf Schalke in bester Erinnerung, auch wenn es nur ein Jahr war. Bis auf die Partien, in denen wir direkt aufeinandertreffen, wünsche ich S04 immer alles Gute.

Ohne Weinzierl bist Du wieder nach Augsburg zurückgekehrt. Ist die Fuggerstadt nach Bischofsmais und Regensburg Deine inzwischen dritte Heimat geworden?
Definitiv. Inzwischen wohne ich auch hier und pendle nicht mehr nach München. Ich fühle mich sehr wohl in Augsburg und habe nichts dagegen, wenn das noch länger so bleibt.

Ist es für einen Co-Trainer denn von Vorteil, unabhängig zu sein von einem Cheftrainer?
Es ist anders. Wenn Du als Trainerteam auch nach einem Wechsel zusammen bleibst, bist du natürlich innerhalb dieses Teams besonders eingespielt. Der FCA hat sein Trainerteam so aufgestellt, dass man unabhängiger von einzelnen Personen ist. Jeder von uns ist sehr eng mit dem Verein verbunden, weil sich jeder bewusst für den Klub entschieden hat. Mir macht es aktuell sehr viel Spaß.

Welche Aufgaben übernimmst Du konkret unter Heiko Herrlich?
Rund um die Trainingseinheiten bin unter anderem für die Organisation der Übungen zuständig. Ich kümmere mich aber zum Beispiel auch um die Schnittstelle von Nachwuchs- und Profibereich.



Du bist also nicht für den Kauf von Zahnpaste zuständig?
(schmunzelt) Nein, das nicht.

Es ist, das darf man ruhig auch so sagen, ein Wunder, dass der FCA inzwischen zum Establishment des deutschen Fußballes gehört. Auf der anderen Seite ist Augsburg eine typische grauen Maus. Wie nimmst Du Eure Rolle wahr?
Wir sind ein etablierter Erstligist, obwohl wir von den finanziellen Möglichkeiten im unteren Drittel angesiedelt sind. Wir haben bewiesen, dass wir inzwischen seit zehn Jahren zurecht in die erste Liga gehören. Unser oberstes Ziel wird weiter der Klassenerhalt sein - das immer wieder zu schaffen, ist bei den Möglichkeiten der Konkurrenz schwer genug.

Eine graue Maus zu sein stört Dich also nicht?
Nein. Überhaupt nicht. Wir befinden uns in einer Entwicklung und es ist schön, ein Teil davon zu sein.

Seid Ihr das Mönchengladbach für kleine Leute?
Weiß ich nicht (lacht).

Hintergrund der Frage: Auch der FCA hat es mit vergleichsweise geringen Mitteln geschafft höher eingestufte Konkurrenz hinter sich zu lassen. Und: Auch ihr habt Euch - wie Gladbach von Hecking - in Person von beispielsweise Daniel Baier von verdienten Personal getrennt und hattet damit recht, wenn man den aktuellen Erfolg betrachtet.
Veränderungen tun weh, gerade wenn es um gestandene Spieler geht, müssen aber sein, wenn es die Zeit erfordert. Sie sind nötig, um wieder einen Schritt nach vorne zu machen. Dazu gehört es auch, dass man manche Strukturen ab und zu bewusst aufbrechen muss. All das haben wir zuletzt hinter uns gebracht.

Zellner ist ein Co-Trainer beim FC Augsburg, der unabhängig vom jeweiligen Cheftrainer bleibt.
Zellner ist ein Co-Trainer beim FC Augsburg, der unabhängig vom jeweiligen Cheftrainer bleibt. – Foto: FC Augsburg


Was ist perspektivisch mit den Fuggerstädtern möglich? Ist tatsächlich nur immer wieder der Klassenerhalt das höchste der Gefühle?
Die Liga ist sehr ausgeglichen. Das heißt: Stimmen nicht alle Faktoren, steckst du schnell ganz hinten drin. Unser vorrangiges Ziel ist immer der Klassenerhalt, so realistisch sind wir. Wir sträuben uns aber auch nicht gegen einen Ausreißer nach oben.

Was erstaunlich ist: Ob Markus Weinzierl, Wolfgang Beller, Stephan Hain, Stefan Binder, Sebastian Nachreiner - Deine bisherigen Karriereweg haben viele Niederbayern begleitet. Ziehen sich Menschen, die aus der selben Region kommen, wie magisch an?
(lacht) Das ist mir auch schon aufgefallen. Magisch ist das aber nicht, sondern irgendwie logisch. Ein Trainerteam setzt sich regional zusammen, weil man sich einfach kennt. Deshalb waren Markus Weinzierl, Wolfgang Beller und ich lange zusammen. Dass frühere Mitspieler wie Stefan Binder oder Kadermitglieder wie Stephan Hain aus derselben Region kommen wie ich, ist dann doch eher Zufall.

Aber all diese Namen sind doch der Beweis, dass Niederbayern alles andere als Strukturschwach ist was den Fußball betrifft.
Etwas anderes habe ich auch nie behauptet.

Wirst Du irgendwann in Deine Heimat zurückkehren?
Ganz ehrlich: Keine Ahnung. Das Geschäft ist so schnelllebig, dass man heute nicht weiß, was morgen sein wird. Wie schon gesagt, gefällt es mir hier in Augsburg sehr gut. Aber ich bin auch noch gerne in Bischofsmais. Meine Eltern, die ich oft besuche, wohnen ja dort. Und selbst mein Kinderzimmer gibt es noch.

Vielen Dank für das Interview, alles Gute für die Zukunft - und ganz wichtig: Gesund bleiben.

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Aufrufe: 021.12.2020, 09:30 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor