2024-11-22T08:24:04.050Z

Allgemeines
F: Stefan G. Rex
F: Stefan G. Rex

Der Kabinen-Guide

Ein paar Verhaltensregeln, mit denen ihr in keiner Kabine negativ auffallt.

Die Kabine, ein sagenumwobener Ort. Das Allerheiligste einer Mannschaft. Was hier passiert, bleibt auch hier und geht die Außenwelt nichts an. Für Außenstehende ein absolutes Rätsel, für Insider ein Ort, der durch Regeln und festegelegte Verhaltensweisen kontrolliert wird. Ein Gastbeitrag von Diago - der Fußballblog:

Nichts geschieht hier außerplanmäßig, alles hat seine Struktur. Jegliche Verstöße werden wahlweise mit Geldstrafen und/oder Verachtung geahndet. Vor allem aber mit Verachtung.

Damit ihr in der Kabine nicht negativ auffallt, haben wir für euch ein paar Grundregeln zusammengeschrieben. Wenn ihr euch an diese haltet, habt ihr schon mal viel richtig gemacht.

Die Sitzordnung wird nicht geändert.

Jede Mannschaft hat an ihrer Sportanlage eine Lieblingskabine. Diese wird bei jedem Training und jedem Heimspiel genutzt. In dieser herrscht eine striktere Sitzordnung, als in jeder Bundestagssitzung. Die Urgesteine haben hier teilweise seit einem Jahrzehnt denselben Platz. Änderungen sind mehr als unerwünscht. Sollte jemand also auf die Idee kommen den Platz eines anderen einzunehmen, muss dieser mindestens mit einem markigen Spruch á la “Haste gelitten oder was?” rechnen. Neben entsetzten Blicken und der Erwartung des sofortigem Wechselns der Sitzposition.
Besonders tragisch wird es dann, wenn beispielsweise ein unbedarfter A-Jugendlicher aus Unwissenheit den Sitz eines Platzhirsches einnimmt. Die umhersitzenden Schaulustigen lassen das Küken dann gerne ins Unheil laufen.

Niemals die Sporttasche offen stehen lassen.

Klingt zunächst mal nach Diebstahlvorkehrungen. Hat damit aber absolut nichts zu tun. Hiermit ist vielmehr gemeint, dass die Kronenkorken der in der Kabine geöffneten Bierflaschen in die offenen Taschen geworfen werden. Die Kronkorkenstatistik ist in manchen Mannschaften wichtiger, als die Tabelle und wird penibel geführt. Denn die Spitzenreiter mit dem meisten Metall in der Tasche werden am Ende der Saison beispielsweise zu den Kellnern der Mannschaftsfahrt ernannt. Die Strafenart ist da zwar flexibel, aber nicht minder grausam.

Die Dusche wird nicht angelassen.

Diese Regel findet natürlich nur noch in Kabinen Anwendung, in denen sich Duschen befinden, die von Hand ausgemacht werden müssen. Neuere Duschen sind mit entsprechenden Automatismen ausgestattet, die nach kurzer Zeit von selbst abgedreht werden. Damit diese Regel nicht ausstirbt, plädieren viele Vereine auch “Gegen die moderne Sanitäranlage”. Verstöße gegen diese Regel werden üblicherweise mit kleinen Geldstrafen für die Mannschaftskasse und verächtlichen Blicken des Hausmeisters geahndet.

Immer an Badelatschen denken.

Wer eine herkömmliche Sportkabine schon mal betreten hat, der ist vermutlich nicht allzu pingelig. Mit einer öffentlichen Bahnhofstoilette oder der Pissrinne einer Ballermann-Diskothek kann sie zwar nicht mithalten, ein oder zwei Stufen darunter ist man aber bei der Kabine. Aus diesem Grund ist es eminent wichtig Badelatschen zu tragen. Denn die Dusche wird nicht selten bewusst mit der Toilette verwechselt. Pinkelt jemand in die Dusche, wird das lautstark entweder mit positivem oder negativem Unterton festgestellt. Welche Krankheiten auf dem Boden einer Kabinendusche lauern, da sprechen die Mythen vom harmlosen Fußpilz, über Gürtelrose bis Krätze und auch Aids. Bei vergessenen Badelatschen wird sich oft auch zu zweit sogar lieber ein Paar geteilt und auf einem Bein zur Dusche gehüpft.

Als Auswechselspieler nimmt man den Wasserkasten/Arztkoffer/Eiskoffer mit raus.

Eine ungeschriebene, aber in Stein gemeißelte Regel der Kreisliga. Die Utensilien, die während des Spiels an der Bank benötigt werden, werden von den Auswechselspielern mitgenommen. Die erste Elf ist von dieser Pflicht befreit. Manch einer bildet sich auf dieses Privileg sogar Starallüren ein. Dabei will doch niemand im Spiel ohne das allmächtige Eisspray aus dem Arztkoffer auskommen.

Furzen und Rülpsen ist erwünscht.

Die Kabine ist vor allem einer der letzten Zufluchtsorte des modernen Mannes. Viele der allgemein etablierten Verhaltensmuster in der Gesellschaft sind hier außer Kraft gesetzt. Wer nicht in einer RTL2-Reality-Doku enden will, der unterlässt oben genannte Handlungen daheim lieber. In der Kabine hingegen gibt es diese Zwänge nicht. Wer also nicht auffallen will, zollt diesen Äußerungen männlichen Verhaltens Respekt, denn nur hier kann er sich seiner Natur entsprechend verhalten. Dabei gelten die Faustregeln: Rülpsen wird entweder mit Beifall oder mit Konter honoriert, bei Furzen wird gelacht.

Schläge auf intime Körperteile nicht persönlich nehmen.

Unter Männern sind gewisse Dinge Usus, die nicht allzu maskulin anmuten. Wenn man einen Klaps auf das Gesäß, den Bauch oder auf das Geschlechtsteil bekommt, ist das grundsätzlich obligatorisch, aber niemals persönlich. Diese Handlung dient lediglich als maskuline Respektsbekundung, sollte auch so verstanden werden und niemals in einen homosexuellen Kontext gebracht werden. Im Gegenteil: Wer sich daraufhin ziert oder wegzieht, wird in einem homosexuellen Zusammenhang gebracht.
Der klassische Nackenklatscher ist zwar keine intime Stelle, dafür aber schmerzhaft und darf gekontert werden.

Wenn Bier angeboten wird, darf es niemals abgelehnt werden.

Eine typische Situation: Nach dem Training oder dem Spiel stellt irgendwer einen Kasten in die Kabine. Jeder Anwesende ist dabei verpflichtet sich zu bedienen. Alleine schon um dem edlen Spender seinen Respekt auszudrücken. Als einzige glaubwürdige Ausrede für eine Ablehnung gilt das Argument noch fahren zu müssen. Eine kürzlich überstandene Lebertransplantation geht als Einzelfallentscheidung auch durch. Andernfalls wird gerne hinterfragt, was man hier eigentlich will. Denn das Bier dient dem Zweck der Geselligkeit. Wer es ablehnt, dem wird unterstellt kein Interesse an eben solcher zu haben.

Bier darf unter keinen Umständen verschüttet werden.

Analog zu der oben genannten Regel bezüglich des Biers lässt sich ergänzen, dass auf Verschütten von Bier mit tiefem Unverständnis und Kopfschütteln reagiert wird. Meistens sagt dann jemand, dass er beim Bier keinen Spaß versteht. Sogenannter “Bierfrevel” wird allgemein damit bestraft, dass die nächste Kiste auf den Angeklagten geht.

Ernste Gesprächsthemen sind tabu.

Die Kabine bietet viel Raum für allerlei freies Gelaber. Auch solches, was sonst eher nicht über die Lippen kommt. Diese Freiheit macht den Mythos der Kabine auch aus. Dabei gilt allerdings zu beachten, dass ernstere Themen, wie Politik, Emotionales oder Tiefgründiges tabu sind. Davon möchte niemand etwas wissen, wenn er auf den heimischen Brettern der Umkleidebank sitzt. Akzeptable Themen sind: Autos, Filme, Frauen, Partyerlebnisse, Frauen, Fussball bzw. Sport allgemein, Körperteile von Frauen und Stuhlgang.

Nach dem Duschen wird sich nur mit Handtuch gebückt.

Der Nebenmann in der Kabine bedankt sich.

Finalgon wird nicht in geschlossenen Räumen benutzt.

In jeder Mannschaft gibt es mindestens einen von Ihnen: Die Finalgon-Jünger. Zur Erklärung: Finalgon ist eine Creme, die die Haut fühlbar warm hält. Grundsätzlich an kälteren Tagen keine schlechte Idee, aber wer das Zeug schon mal benutzt hat, weiß, dass alleine das Öffnen der Tube einen gesamten Kabinentrakt mit einem beißend chemischen Geruch belastet.

Keine persönlichen Dinge in der Kabine liegen lassen.

Wenn jemand etwas in der Kabine vergisst, sorgt das zunächst mal für große Erheiterung. Denn in jedem guten Strafenkatalog einer Kreisligatruppe befindet sich der Passus über vergessene Gegenstände. Hier ist haarklein geregelt welche Gegenstände in welcher Anzahl zu welcher Strafe führen. Wie man es auch dreht und wendet, im Endeffekt bekommt man seine Sachen nur gegen einen kleinen Obolus in die Mannschaftskasse zurück. P.P. Persönliches Pech.

Aufrufe: 027.4.2018, 06:53 Uhr
Gastbeitrag von Max FritzschingAutor