Sie nehmen den Fußball aus unterschiedlichen Perspektiven wahr. Rena Schwabl, Frau von Haching-Kapitän Markus Schwabl und Inhaberin des Instagram-Accounts „Lieblingsspielerfrau“ von der Tribüne. Und Lena Oberdorf mittendrin bei den Frauen des FC Bayern. Das Doppel-Interview.
Rena Schwabl und Lena Oberdorf, wie ist dieses Duo entstanden? Anfangs gab es Kommentare unter einem TikTok-Video und gute Wünsche vor einem Spiel, das dann prompt 0:4 verloren ging … Jetzt pflegen Sie eine enge Freundschaft und haben einen eigenen Podcast.
Rena: Besonders die nicht so schönen Sachen haben uns zusammengeschweißt. Der Kreuzbandriss von Lena und meine Examensvorbereitung. Die Erfahrungen haben uns zu diesem Duo gemacht.
Lena: Es ist ja auch nicht normal, dass man sich erst so kurz kennt und schon so viel zusammen durchgemacht hat. Vor einem Jahr haben wir uns kennengelernt. Das war für uns beide eine stressige Zeit, wir mussten auch Tiefen überwinden. Da ging die Freundschaft gleich von null auf hundert.
Rena: Wir haben direkt gemerkt, dass wir uns aufeinander verlassen können. Ich war plötzlich der Chauffeur und Physio von Lena (lacht). Als es ihr wieder besser ging, hat sie sich auch sehr um mich gekümmert. Als Babysitterin, hat auf den Hund aufgepasst …
Lena: … und Koch war ich zwischendurch auch noch. Das Einzige, was uns noch trennen kann, ist ein gemeinsamer Urlaub. Ich habe gehört, danach weiß man, wie es um die Freundschaft wirklich steht (lacht).
Lena, wie gut hat es getan, nach dem Wechsel von Wolfsburg nach München und der Verletzung, direkt eine Bezugsperson in der Nähe zu haben?
Lena: Sehr. Rena gehört ja auch nicht direkt zum Team, obwohl sie bei der ein oder anderen Feier schon dabei war (lacht). Es ist schön zu wissen, dass man auch abseits vom Fußball eine Person hat, auf die man sich verlassen kann, mit der man durch die Stadt gehen kann. Bei der Verletzung wird dir ein bisschen der Boden unter den Füßen weggerissen. Da ist es schön zu sehen, dass es auch noch ein Leben außerhalb des Fußballs gibt. Dass sich nicht alles nur um deine Leistungen auf dem Platz dreht.
Wie kam die Idee zum Podcast Popcorn und Panenka?
Rena: Jede gute Freundschaft hat vermutlich mal den Moment, in dem man sich denkt: Wir brauchen einen Podcast. Wir dachten, der Name wird das Schwierigste. Auf Popcorn kamen wir schnell, das vernichten wir regelmäßig auf der Couch (lacht). Und dann fehlte nur noch ein Wort mit „P“, das einen Bezug zum Fußball hat.
Lena: Ich habe auf Social Media schon viele Nachrichten bekommen, wann die nächste Folge kommt. Rena wurde auf dem Campus auch schon oft darauf angesprochen. Es ist total schön, dass sich schon eine Fangemeinde entwickelt hat.
Sie nehmen den Fußball aus unterschiedlichen Perspektiven wahr. Einmal auf dem Rasen, einmal auf der Tribüne. Wie viel Platz nimmt der Fußball in Ihren Leben ein?
Lena: Vor der Verletzung hätte ich gesagt, der Fußball bedeutet mir alles. Das hat sich ein bisschen verändert. Es gibt deutlich schlimmere Dinge auf der Welt als einen Kreuzbandriss. Fußball bleibt ein großer Faktor in meinem Leben, bleibt meine Leidenschaft. Aber es gibt eben auch ein Leben außerhalb vom Fußball.
Rena: Wenn wir zusammen sind, reden wir nicht so viel über Fußball, aber im Hintergrund läuft immer irgendwo ein Spiel …
Lena: Stimmt, ich erinnere mich an ein Wochenende, an dem wir eigentlich von allen Ligen ein Spiel gesehen haben und Nacho das ganze Popcorn gegessen hat (lacht).
Lena, Sie haben über die Zusammenarbeit mit einem Psychologen gesprochen. Sie wollten herausfinden, wer Sie abseits vom Fußball sind. Haben Sie das schon?
Lena: In meiner Kindheit und Jugend wurde bei mir vieles am Fußball festgemacht. Wenn ich gut gespielt habe, war das ein großes Thema. Als ich den ersten adidas-Vertrag hatte, fanden das alle cool. Ich habe mir meine Wertschätzung immer öfter über den Fußball geholt. Mit der Verletzung ist das komplett rausgefallen. Ich hole mir ja keine Wertschätzung, weil ich jetzt Bankdrücken mit zehn Kilo gemacht habe. Ich habe ein wenig aufgehört, nach diesen Höhen zu suchen. Ich konnte mich auf mich konzentrieren, auf die Person hinter der Fußballerin. Ich glaube, viele vergessen, dass es ja nicht nur den Sportler gibt, der auf dem Rasen steht. Da gibt es auch die Privatperson, die mal in Ruhe durch die Stadt gehen möchte, die vielleicht auch mal was Ungesundes isst.
Merken Sie, dass der Spaß am Fußball wieder zurückkommt? Sie haben gesagt, dass Sie den Fußball vor der Verletzung mehr arbeiten mussten …
Lena: Anfangs denkt man sich natürlich: Geil, ich kann wieder Fußball spielen. Dann geht man auf den Platz und merkt, dass man die Bälle nicht mehr richtig trifft und schwerer einschätzen kann. Vor ein paar Tagen haben wir ein Flankenspiel gemacht. Ich habe zuvor neun Monate keine Flanke bekommen … Ich konnte nicht einschätzen: Gehe ich jetzt mit dem Kopf hin? Nehme ich den Volley? Lasse ich den Ball noch mal aufprallen? Ich freue mich darauf, wenn ich wieder weiß, wie ich den Ball treffen muss. Aber mit dem Team auf dem Feld zu sein, sich ein paar Sprüche zu drücken, das hat mir extrem gefehlt.
Das Interesse am Frauenfußball wird immer größer. In Köln haben die Frauen des FC Bayern vor über 35.000 Fans gespielt. Wie sehen Sie die Entwicklung?
Rena: Ich glaube, da gibt es zwei Ebenen. Man sieht, dass alles auf einem guten Weg ist, die Entwicklung immer positiver wird. Auf Social Media gibt es immer noch viele Menschen, die sehr Anti-Frauenfußball sind, die alles schlecht reden. Da gibt es teilweise schon noch Hass. Ich glaube, das gesellschaftliche Ansehen kann noch besser werden. Wir müssen noch präsenter, cooler, offener werden. Ich versuche das auch mit meinem Social-Media-Kanal zu unterstützen.
Lena: Du merkst, dass sich was verändert hat. Die Bedingungen beim FC Bayern sind top. Wir haben einen riesigen Athletikbereich, es sind immer Physios da, es wird auf jedes Detail geachtet. Aber es gibt auch ein großes Gefälle in der Bundesliga. Wir müssen dahin kommen, dass alle von dem Fußball leben und sich während der Karriere nur auf den Sport konzentrieren können – zumindest in der höchsten Spielklasse. Davon profitieren alle. Das Niveau wird höher, der Wettbewerb wird viel interessanter. Das merkt man dieses Jahr in der Bundesliga auch schon an der Spitze. Und dann wäre es auch super, wenn ein Topspiel nicht an einem Freitag um 16:50 Uhr stattfindet … Auf Social Media kann die Toleranz schon noch höher sein. Oft bleibt ja leider doch der eine negative Kommentar im Kopf hängen, obwohl es viel mehr positive gibt.
Es wird geplant, dass die Bayern-Frauen nächste Saison auch Spiele im Hachinger Sportpark austragen. Lena, Sie könnten Rena also quasi in Ihrem zweiten Wohnzimmer anfeuern.
Rena: Das wäre wunderschön, wenn es dazu kommt. Meine Tochter hat schon angekündigt, dass sie nicht in Haching, sondern am Campus bei Lena Fußball spielen möchte. Wenn Lena im Sportpark spielen würde, kann ich ihr verklickern, dass sie beides haben kann (lacht).
Lena: Ich habe mir im Sommer auch schon Spiele im Sportpark angeschaut. Ich mag die Atmosphäre dort. Bei dem Spiel gegen Juventus hat man schon gemerkt, dass richtig Stimmung aufkommen kann. Für den Moment ist aber noch nichts spruchreif.
Mit dem DFB-Pokal-Finale in Köln steht am 1. Mai noch ein Highlight an. Vielleicht sogar mit Lena Oberdorf auf dem Platz. Wer ist vor so einem Spiel nervöser?
Rena: Wenn ich weiß, dass Lena spielt, bin ich schon deutlich nervöser. Als Lena sich verletzt hat, habe ich mir diesen Videoausschnitt ungefähr 30 Mal angeschaut und Markus gezeigt. Er musste mir Alternativen geben, dass es kein Kreuzbandriss ist. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Von außen ist man vermutlich immer etwas aufgeregter.
Lena: Wenn man keine Kontrolle über die Situation hat, ist man immer nervöser. Das Zuschauen von der Tribüne ist mir auch echt schwergefallen. Sobald angepfiffen wird, weicht die Nervosität bei mir. Bei Rena fängt sie dann erst richtig an …
Interview: Nico-Marius Schmitz