2024-10-18T06:19:06.676Z

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Hemmt die „Wucht“ von den Rängen? Der TSV 1860 hat in dieser Saison erst ein Heimspiel gewonnen, aber schon vier verloren.
Hemmt die „Wucht“ von den Rängen? Der TSV 1860 hat in dieser Saison erst ein Heimspiel gewonnen, aber schon vier verloren. – Foto: IMAGO/Ulrich Wagner

Erdrückende Fan-Liebe? TSV 1860 München Letzter in der Heimtabelle der 3. Liga

Auswärts auf Rang zwei

Viele Fans des TSV 1860 lieben das Grünwalder Stadion. Doch die Heimbilanz in dieser Saison ist erschreckend. Zumindest auswärts läuft es bisher.

München – Das Grünwalder Stadion – immer zur Wiesn-Zeit gerät es in die Schlagzeilen. Moderner Klassiker, aufgeführt im Hackerzelt: Der rote OB besucht die Blauen und liefert das Thema für die kommenden Tage. Wird’s noch was mit dem Umbau? Was wollen die Löwen? Was fordert die Stadt?

Der aktuelle Zwischenstand: Dieter Reiter ist mal wieder genervt, der ewige Mieter fordere nur, mache nix, sei sich intern nicht einig. Dem ewigen Traum der Giesinger – ausgebautes Stadion für 30.000 Zuschauer – erteilte er auch beim Wiesn-Date 2024 eine Absage. Nix Neues also. Die Löwen reagieren dann meistens etwas beleidigt – bis ein weiteres Jahr verstreicht, in dem die vom Stadtrat bereits abgesegneten Umbaupläne in den hintersten Schubladen der zuständigen Referate verstauben.

TSV 1860 München ist Letzter in der Heimtabelle in der 3. Liga

Kein anderer Verein in Deutschland hängt so an einem Städtischen Stadion wie die Löwen, die beim Thema Giesing vieles verklären. Ruinenromantik überlagert sogar den sportlichen Wert der altehrwürdigen Spielstätte. Festung! Stimmungshochburg! Sogar die neuen Spieler werden regelmäßig mit Sätzen zitiert, die den Kultstatus der 1911 erbauten Kampfbahn betonen. Rechtsverteidiger Tim Danhof (27, zuvor Aue) schwärmte bei seiner Verpflichtung von der „Wucht“, die von den stets voll besetzten Giesinger Rängen ausgehe.

Doch ist die überhaupt hilfreich? Blickt man auf die Heimtabelle der 3. Liga, könnte man auf die Idee kommen, dass es eher die Gegner sind, die vor der legendären Häuserkulisse siegbringende Prozente aus sich herauskitzeln. 1860 belegt den 20. und letzten Platz. Die traurige Bilanz nach den ersten fünf Heimspielen: ein dürrer Sieg (1:0 gegen Hannover II), noch kein Unentschieden – dafür schon vier Niederlagen, bei denen die Gegner (Saarbrücken, Köln, Dresden, Wiesbaden) sage und schreibe zehn Tore schossen, die Gastgeber dagegen nur sechs.

TSV 1860 während den Geisterspielen zur Corona-Zeit eine Heimmacht

Ursachenforschung. Sportchef Christian Werner führte im Gespräch mit unserer Zeitung eine Kombination aus offensiver Spielweise, defensiv eingestellten Gegnern und allgemein hohen Erwartungen ins Feld. Bekanntlich will 1860 ja „Löwen-Fußball“ anbieten, sprich: dominant auftreten, die Gegner einschnüren. Klappt bisher zwar selten, doch der gut gemeinte Ansatz kann leicht ins Auge gehen, wenn die neu formierte Abwehr noch in der Findungsphase ist.

Womöglich trifft aber vor allem die These mit dem Druck und den Erwartungen ins Schwarze: Bezeichnenderweise waren die Löwen vor allem während Corona eine Heimmacht – als zwischen Mai 2020 und Sommer 2022 Geisterspiele angesagt waren. 19/20 belegte der TSV 1860 Rang sechs in der Heimtabelle, 20/21 Rang vier, 21/22 Rang drei. Die Platzierungen davor und danach: Neunter (18/19), Achter (22/23) und 14. (23/24).

Ist es womöglich die Liebe der Fans, die die Spieler hemmt? Fern der Heimat – spannend – läuft es deutlich besser. In der Auswärtstabelle ist 1860 Zweiter – punktgleich mit Dresden und Saarbrücken. Dass bis zum Jahresende nur noch vier Spiele in Giesing, aber sechs auswärts stattfinden, muss vor diesem Hintergrund kein Nachteil sein.

Aufrufe: 09.10.2024, 08:24 Uhr
Uli KellnerAutor