Zum Sportgerichtsurteil der gewerteten Partie in der Kreisliga B1 Rems/Murr zwischen dem FC Kosova Kernen und der Spvgg Rommelshausen gibt es nun Infos vom Bezirksspielleiter Ralph Rolli, der auch der Referent für Kommunikation des Fußballbezirks Rems/Murr ist. Diese Infos lauten:
Grundsätzlich geben wir keine Stellungnahme zu dem Spiel Kosova Kernen - Spvgg Rommelshausen und den Begleiterscheinungen im und um das Spiel sowie den Anschuldigungen an unseren Bezirk ab.
Aufgrund der Brisanz des Spiels sowie der Debatte rund um die Entscheidung des Sportgerichts wollen wir für totale Transparenz sorgen. Entschieden entgegentreten wollen wir dadurch insbesondere auch dem öffentlichen geäußerten und diskutierten Rassismusvorwurf. Daher finden Sie anbei das Urteil des Sportgerichts. Dieses dürfte den Pressevertretern zwar (teilweise) schon vorliegen; es wurde aber nicht von uns verschickt.
Nummer: 00551-23/24-1601
Spielkennung: 350171225
In der Sportrechtssache F.C. Kosova Kernen - Spvgg Rommelshausen am 26.05.2024, Kreisliga B, hat das Sportgericht Rems/Murr 1601 in der Besetzung (…) als Vorsitzender, (...) und (...) als Beisitzer am 05.06.2024 folgendes Urteil gefällt:
1. Der Einspruch des Vereins Spvgg Rommelshausen gegen die Spielwertung des o.g. Spiels gemäß § 15 Nr. 3 RVO (Einspruch gegen Spielwertung) ist begründet.
2. Das o. g. Spiel ist gemäß § 46 SpO dem Verein Spvgg Rommelshausen mit 3:0 Toren als gewonnen und dem Spielgegner entsprechend als verloren zu werten.
3. Die Kosten dieses Verfahrens trägt der wfv.
Übersicht der Geldstrafe und der Verfahrenskosten:
Geldstrafe: 0,00 EUR
Verfahrenskosten: 0,00 EUR
Der Gesamtbetrag beträgt 0,00 EUR.
Gründe:
I.
Der Verein Spvgg Rommelshausen (nachfolgend: Einspruchsführer) hat mit Schreiben vom 27.5.2024 Einspruch gegen die Spielwertung eingelegt. Dieser wurde unter anderem damit begründet, dass das Spiel „nicht unter ordnungsgemäßem Zustand stattgefunden“ habe und der Verein F.C. Kosova Kernen (nachfolgend: Einspruchsgegner) über einen längeren Zeitraum mit zwölf Spielern gespielt habe.
Der Einspruchsführer ergänzte die Einspruchsbegründung mit Schreiben vom 29.5.2024.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
II.
Der zulässige Einspruch gegen die Spielwertung ist auch in der Sache begründet.
1.
Der Einspruch ist zulässig, insbesondere wurde dieser mit Schreiben vom 27.5.2024 fristgerecht eingelegt (§ 15 Nr. 1 RVO).
2.
Der Einspruch des Einspruchsführers gegen die Spielwertung ist auch begründet, da der Einspruchsgegner in dem gegenständlichen Spiel einen nicht teilnahmeberechtigten Spieler eingesetzt hat, indem an dem Spiel zwölf Spieler des betroffenen Vereins gleichzeitig teilnahmen.
a.
Nach § 1 Nr. 1 der Spielordnung-wfv (SpO) sind die von den baden-württembergischen Fußballverbänden, ihren Vereinen und deren Tochtergesellschaften veranstalteten Fußballspiele nach den Spielregeln der FIFA, den diesbezüglichen DFB-Anweisungen, den Bestimmungen dieser Spielordnung sowie den hierzu erlassenen Durchführungsbestimmungen durchzuführen.
Die vom International Football Association Board (IFAB) erlassenen Spielregeln, welche vom DFB in seinen Spielregeln (DFB-Fußballregel 3 Nr. 1) übernommen werden, sehen in der jeweiligen Fassung 2023/2024 unter Regel 3 Nr. 1 vor, dass das Spiel von zwei Teams mit jeweils höchstens elf Spielern bestritten wird, von denen einer der Torhüter ist.
Gemäß DFB-Fußballregel 3 Nr. 3 (entspricht IFAB-Regel 3 Nr. 3) ist der Auswechselvorgang wie folgt zu vollziehen. Die Namen der Auswechselspieler müssen dem Schiedsrichter vor Spielbeginn mitgeteilt werden. Bei der Auswechslung eines Spielers ist der Schiedsrichter vor der Auswechslung zu informieren. Der Spieler, der ausgewechselt wird, muss vom Schiedsrichter die Erlaubnis zum Verlassen des Spielfelds erhalten, sofern er dieses nicht bereits verlassen hat, und das Spielfeld über die nächste Begrenzungslinie verlassen, es sei denn, der Schiedsrichter zeigt an, dass der Spieler das Spielfeld direkt und sofort an der Mittellinie oder an einer anderen Stelle verlassen darf (z. B. aus Sicherheitsgründen oder wegen einer Verletzung), sich sofort in die technische Zone oder die Umkleidekabine begeben und darf nicht mehr am Spiel teilnehmen, es sei denn, Rückwechsel sind zulässig.
Ein Auswechselspieler betritt das Spielfeld ausschließlich während einer Spielunterbrechung, an der Mittellinie, nachdem der ausgewechselte Spieler das Spielfeld verlassen hat und nach einem Zeichen des Schiedsrichters. Die Auswechslung ist vollzogen, wenn der Auswechselspieler das Spielfeld betritt. Damit wird der Spieler, der ausgewechselt wurde, zum ausgewechselten Spieler, und der Auswechselspieler zu einem Spieler, der jede Spielfortsetzung vornehmen darf.
Entsprechend der vorstehenden Bestimmungen sind maximal elf Spieler für eine Mannschaft teilnahmeberechtigt. Im Rahmen eines Auswechselvorgangs kann nach der Rechtsprechung des Verbandsgerichts der einzuwechselnde Spieler erst dann seine Teilnahmeberechtigung erlangen, wenn der auszuwechselnde Spieler zuvor das Spielfeld verlassen hat. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut der DFB-Fußballregel 3 Nr. 3 wonach der einzuwechselnde Auswechselspieler das Spielfeld während einer Spielunterbrechung, an der Mittellinie, erst nachdem der ausgewechselte Spieler das Spielfeld verlassen hat, betreten darf. Verlässt der auszuwechselnde Spieler nicht das Spielfeld und betritt dennoch der einzuwechselnde Auswechselspieler das Spielfeld, so kann dieser nicht teilnahmeberechtigt sein.
b.
Gemessen an den vorstehenden Ausführungen ist nach Auffassung der Kammer davon auszugehen, dass beim Einspruchsgegner ein nicht teilnahmeberechtigter Spieler mitgewirkt hat.
Dass sich infolge des Auswechslungsvorgangs nach Fortsetzung des Spiels kurzzeitig zwölf Spieler des Einspruchsgegners auf dem Spielfeld befunden haben, steht nach den übereinstimmenden Angaben aller Beteiligter zur Überzeugung der Kammer fest, vor allem den Sonderberichten des Schiedsrichters und der Einspruchsbegründung und der hierzu vom Einspruchsführer vorgelegten Videoaufzeichnung. Auch der Einspruchsgegner räumt in seiner Stellungnahme ein, dass sich zwölf Spieler auf dem Spielfeld befunden haben.
Bezug genommen wird auch auf den sich in der Akte befindlichen – zum Zeitpunkt des laufenden Spiels gefertigten – Screenshot aus der Videoaufnahme des Einspruchsgegners (Zeitstempel 0:29), aus dem eindeutig und klar hervorgeht, dass das Spiel mit zwölf Spielern fortgesetzt wurde. Die Spielfortsetzung ist gleich zu Beginn des Videos. Später (Zeitstempel: 0:43) verlässt auf der linken Seite des Videos der Spieler mit der Nr. 8 das Spielfeld; dies stimmt mit der vom Einspruchsführer vorgelegten Videoaufzeichnung überein.
Das vollständige Video des Einspruchsgegners konnte aufgrund der Dateigröße nicht in das DFBnet hochgeladen werden. Es wurde jedoch auszugsweise hochgeladen, sodass der oben genannte Ablauf eindeutig zu sehen und nachzuvollziehen ist. Im Übrigen wird die vollständige Videosequenz beim Sportgericht verwahrt und kann ggfs. in voller Länge zur Verfügung gestellt werden.
Spätestens als das Spiel nach dem Mehrfachwechsel wegen des zuvor begangenen Foulspiels mit einem direkten Freistoß fortgesetzt wurde, nahm aufgrund des nicht korrekt vollzogenen Auswechselvorgangs (Spielfortsetzung mit zwölf Spielern) ein nicht teilnahmeberechtigter Spieler des Einspruchsgegners am Spiel teil.
Ohne Relevanz ist nach Auffassung der Kammer vorliegend DFB-Fußballregel 3 Nr. 9, auf die sich der Einspruchsgegner bezieht. Dieser regelt lediglich den besonderen Fall der Torerzielung mit einer zusätzlichen Person auf dem Feld; ein Tor wurde vorliegend in dem maßgeblichen Zeitraum nicht erzielt und über dessen Anerkennung wird auch nicht gestritten.
c.
Entgegen der Auffassung des Einspruchsgegners kommt es nicht darauf an, ob durch das kurzzeitige Spielenlassen von zwölf Spielern einer Mannschaft die Spielwertung mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflusst wurde.
Gemäß § 15 Nr. 5 S. 2 RVO gilt die vom Einspruchsgegner angeführte Einschränkung des § 15 Nr. 5 S. 1 RVO nicht, wenn ein Spieler ohne Spiel- oder Teilnahmeberechtigung eingesetzt wurde (§ 46 SpO). Von Letzterem war vorliegend wie dargelegt auszugehen.
Gemäß § 46 S. 1 SpO (Spielverlusterklärung) wird ein Spiel einem Verein zwingend mit 0:3 Toren als verloren und dem Gegner mit 3:0 als gewonnen angerechnet, wenn dieser Spieler, die für die Mannschaft, in der sie eingesetzt werden, keine Teilnahmeberechtigung hatten, spielen lässt.
d.
Im Übrigen weist die Kammer vorsorglich darauf hin, dass sich der Einspruchsgegner aufgrund der entgegenstehenden Rechtsprechung des Verbandsgerichts des wfv ohne Erfolg darauf berufen könnte, dass ihn an dem nicht korrekt vollzogenen Auswechselvorgangs kein Verschulden treffe. Wie zuvor ausgeführt ist gemäß DFB-Fußballregel 3 Nr. 3 vor einer Auswechslung der Schiedsrichter zu informieren. Der Spieler, der ausgewechselt wird, muss vom Schiedsrichter die Erlaubnis zum Verlassen des Spielfeldes erhalten, sofern er dieses nicht bereits verlassen hat. Der Spieler, der eingewechselt werden soll, betritt das Spielfeld nach einem Zeichen des Schiedsrichters. Mit dem Betreten des Platzes ist die Auswechslung vollzogen. Diese Differenzierung zeigt klar, dass ausschließlich der Verein bestimmt, welcher Spieler ein- und ausgewechselt wird. Eine grundsätzliche Genehmigung des Schiedsrichters ist dazu nicht erforderlich, sondern er bestimmt lediglich den Zeitpunkt, an dem der Wechsel vollzogen werden kann. Weiter obliegt es auch nicht dem Schiedsrichter zu überprüfen, ob der auszuwechselnde Spieler tatsächlich das Spielfeld verlassen hat. Die Verantwortung für die Durchführung eines korrekten Auswechselvorgangs, insbesondere dafür, dass der ausgewechselte Spieler das Spielfeld verlassen hat, trägt allein der den Wechsel vollziehende Verein. Ihm obliegt es sicherzustellen, dass die erlaubte Anzahl von Spielern einer Mannschaft auf dem Spielfeld nicht überschritten wird. Der Schiedsrichter kann gegebenenfalls lediglich einen Hinweis erteilen.
e.
Offenbleiben kann im Ergebnis, ob die übrigen vom Einspruchsführer vorgetragenen Gründe solche des § 15 Nr. 3 RVO sind. Es bedarf insbesondere keiner Entscheidung darüber, wie es sich mit etwaigen auf dem Spielfeld stehenden Zuschauern verhält.
f.
Von einer Sanktionierung nach § 69 Nr. 1, 3 RVO sieht die Kammer ausdrücklich ab, da sie der Auffassung ist, dass der Verein F.C. Kosova Kernen aufgrund der Konsequenzen des vorliegenden Verfahrens und der hier vorzunehmenden Spielwertung ausreichend „bestraft“ ist.
Die Kammer ist sich in diesem Zusammenhang bewusst, dass durch das vorliegende Urteil die Meisterschaft in der Kreisliga B entschieden wird und erschwerend hinzukommt, dass keine Aufstiegsrelegation stattfindet. Unter Berücksichtigung der - für das Bezirkssportgericht maßgeblichen - Rechtsprechung des Verbandsgerichts des wfv ist die hier vorgenommene sportrechtliche Bewertung mit allen Konsequenzen allerdings zwingend.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 38 RVO i.V.m. § 13 FinO.