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Patrick Steinmetz (orangene Shorts) und die Fußballer von Fichte Bechenheim machen derzeit viel Freude. Der Dorffußball in dem 400-Einwohner-Ort lebt seit anderthalb Jahren wieder auf.	Foto: Carsten Selak/pakalski-press
Patrick Steinmetz (orangene Shorts) und die Fußballer von Fichte Bechenheim machen derzeit viel Freude. Der Dorffußball in dem 400-Einwohner-Ort lebt seit anderthalb Jahren wieder auf. Foto: Carsten Selak/pakalski-press

Fußball macht das Ortsleben in Bechenheim um eine Attraktion reicher

Fichte Bechenheim ist ein typischer Dorfverein, der seit Jahrzehnten schwierige Bedingungen meistert

Bechenheim. 300, 400 Meter hinterm Ortsgang von Bechenheim geht es rechts ab. Ein Waldweg führt zum Sportplatz von Fichte Bechenheim, der von Insidern als die „schönste Waldarena Rheinhessens“ gepriesen wird. In der Tat: Die Aussicht ist überwältigend. Bis weit nach Hessen lässt sich schauen.

Dieser Text wird euch kostenlos zur Verfügung gestellt von der Allgemeinen Zeitung und Wormser Zeitung.

An diesem Nachmittag spielt Fichte Bechenheim gegen den TuS Dorn-Dürkheim. Obwohl es die tiefste Klasse im deutschen Amateurfußball ist, säumen einige Zuschauerinnen und Zuschauer das prächtig daliegende Fußball-Feld. Dessen Qualität genügt höchsten Ansprüchen. Zugleich ebnet es den Einheimischen den Weg zum deutlichen 9:0-Erfolg.

Unterhaltung auf und neben dem Platz

Fichte Bechenheim ist einer von Hunderten Amateurfußball-Vereinen, bei denen Sonntag für Sonntag Fußball gespielt wird. Früher waren sie auch Anziehungspunkte für die Menschen aus dem Dorf. Sie boten Unterhaltung auf dem Feld, Smalltalk neben dem Rasen sowie Kaffee und guten Kuchen aus der Vereinsküche. Heute haben sie viel dieser Attraktivität verloren. Neben wenigen passionierten Fans wie Gerhard Dexheimer sind es auch in Bechenheim zumeist Angehörige von Spielern, die sich auf den Bänken vorm ehrwürdigen Vereinsheim und den Gartenstühlen gemütlich eingerichtet haben.

Geht es nach Sandro Kullmann, soll sich das ändern. Er ist der neue Vorsitzende, unter dem Fichte einen sportlichen Aufschwung verzeichnet. Vor zwei Jahren noch Tabellenletzter mit über 100 Gegentoren, ging es zurückliegende Runde aufwärts. Platz sieben. Und in dieser Runde soll es ein Platz unter den besten fünf werden, hat Kullmann dem Trainer Cihangit Kivrak aufgetragen. Die Mannschaft nimmt es ernst. Sie ist Tabellenführer. Besser geht es nicht.

Zu wenige Fußballer in den Dörfern

Die Mannschaft, das sind Fußballer aus Oppenheim, Worms, auch einer aus Dorn-Dürkheim. Zwei kommen auch aus Bechenheim. „Mehr gibt das Dorf mit seinen 400 Einwohnern leider nicht her“, reflektiert Kullmann. Das war einer der Gründe, warum sich der Klub, der an diesem Samstag sein 50-jähriges Bestehen feiert, in den zurückliegenden Jahren sportlich schwertat. Die herrliche Anlage mit ihrem Kinderspielplatz, dem tollen Panorama, der Grillhütte und dem Fußballplatz reizten wenige.

Heute, sagt Kullmann, ist das anders. „Die Leute merken, dass sich etwas bewegt“, sagt der 38-Jährige. Das spielende Personal aus der vergangenen Runde ist ausnahmslos geblieben. Und zu dieser Saison kam ein guter Schwung dazu. Werbung oder Klinkenputzen brauchte niemand. „Das funktionierte alles über die Netzwerke, die Trainer und Spieler haben“, schildert Kullmann. Zugleich fanden sich Sponsoren. Mit den Einnahmen können Tankschecks verteilt werden. Sie kompensieren ein wenig die Kosten bei den Fußballern, die eine weite Anreise zum Training und den Spielen haben.

Wohlfühlklima spricht sich rum

Dazu schaffen Kullmann und seine Vorstandskollegen ein Wohlfühlklima. Das gilt für die Fußballer, die in absehbarer Zeit noch eine Trainingsfläche in Nachbarschaft zu dem vor Grün strotzenden Rasen erhalten sollen. Das gilt aber auch für die Schiedsrichter, die neben einer sehr komfortablen Kabine auch einen Pausensnack inklusive Wasser erhalten. Es sind ebensolche Annehmlichkeiten, die Fichte Bechenheim einen guten Ruf verschaffen. Es spricht sich rum, bei Schiedsrichtern wie Spielern.

Der eine oder andere Bechenheimer, der zuletzt einen Bogen um den Sportplatz gemacht hatte, schaut inzwischen bei den Spielen auch wieder vorbei, registriert Kullmann. Die Bindung zwischen den Einheimischen und dem Klub, dessen Vornamen VFV für „Verein für Fußball und Vergnügen“ steht, soll eng bleiben, ja, noch enger werden. Deshalb gibt es am Samstag eine große Geburtstagsfeier auf dem Vereinsgelände. Aber auch Feste am 1. Mai, ein Jedermann-Turnier, das traditionelle Schlachtfest und die Weihnachtsfeier stehen auf der Agenda des Klubs.

Viele Helfer und ein engagierter Regisseur

Die Infrastruktur für solche Events ist da. Regelmäßig buchen sich auch Ortsfremde auf der Freizeitanlage ein. Wegen der großen Entfernung zur Ortslage „kann es hier auch mal lauter werden“, wirft Gerhard Dexheimer, der ehemalige Vorsitzende, ein. Die einzigen, die sich gestört fühlen könnten, sind die Rehe im angrenzenden Vorholz.

Um das Vereinsleben aufrechtzuerhalten, braucht es viele Helfer. Kullmann führt als Vorsitzender Regie und packt auch tatkräftig mit an. Auf seinen Aufwand angesprochen, sagt er: „90 Prozent der Freizeit gehen drauf“. Das investiert er in Anbetracht dessen, was bewegt wird, gerne. Der Zugezogene, er kommt aus Potsdam, war schon in Brandenburg ehrenamtlich engagiert. Dort gründete er einen Verein für Jugendarbeit mit. Heute gibt er Fichte Bechenheim eine Perspektive – und dem Dorf ein Freizeitangebot.

Warum Fichte „Fichte“ heißt

Die Gründungsversammlung des Vereins fand 1974 in der Gaststätte „Zur Fichte“ in Bechenheim statt- Dies spiegelt sich genauso im Vereinsheim wie der Umstand, dass es Fichten sind, die an der Einmündung zum Sportplatz stehen.

Ursprünglich war neben dem Areal des heutigen Fußball-Platzes ein Bolzplatz, der von einer Schule genutzt wurde. Mit der Vereinsgründung wurde ein Fußball-Rasenplatz angelegt. Später wurde anstelle der Baracke, die anfangs als Vereinsheim diente, ein stabiles Gebäudes mit Terrasse errichtet und ein Grillplatz geschaffen. „Alles in Eigenregie“, wie der ehemalige Vorsitzende Gerhard Dexheimer erzählt.

Fichte Bechenheim stemmt sich erfolgreich gegen das Sterben der Fußball-Teams auf dem Land. Zu dieser Saison verabschiedete sich Borussia Eckelsheim. Andere Klubs, wie TV Albig und SG Spiesheim, leben in Spielgemeinschaften fort. Es entstehen aber auch neue Teams. So schafften beispielsweise der TSV Flörsheim-Dalsheim und die TSG Bechtheim ein Comeback.

Aufrufe: 029.8.2024, 08:54 Uhr
Claus RosenbergAutor