2024-09-03T06:31:51.357Z

Allgemeines
– Foto: Jörg Struwe

Fußballclubs der Region sind für die Kapitänsregel

"Einige in der Mannschaft müssen sich zusammenreißen"

In der neuen Saison gilt auf allen deutschen Fußballplätzen die Kapitänsregel. Die hatte sich bei der Heim-EM bewährt. Nur noch Kapitäne dürfen mit dem Schiedsrichter reden. Ein Stimmungsbild aus Zeven und dem Umland.

Trainer und sportliche Leiter aus der Region finden die neue Regel grundsätzlich gut, sehen aber Schwierigkeiten bei der Umsetzung vor allem in den niedrigsten Spielklassen. Mit dieser Regel-Neuerung soll mehr Disziplin auf dem Spielfeld herbeigeführt werden und vor allem eine Rudelbildung nach strittigen Entscheidungen unterbunden werden.

Es gibt es eine klare Anweisung, dass sich nur der Mannschaftskapitän an den Schiedsrichter oder an die Schiedsrichterin wenden darf, um eine wichtige Entscheidung erklärt zu bekommen. Alle anderen Spieler sollen einen Mindestabstand von vier Metern zum Referee halten.

Bei der EM ist es leichter, die Disziplin zu bewahren

Beim Bremen-Ligisten OSC Bremerhaven haben der Sportliche Leiter, Björn Böning, und das Trainerteam um Dennis Ley die neue Regel besprochen. „Auf EM-Niveau fand ich sie mega gut. Alles hat gut geklappt. Es gab weniger Rudelbildungen und viel weniger Leute, die sich aufgeregt haben. Da geht es um große Trophäen. Deshalb ist es leichter, die Disziplin zu bewahren. In der Bremenliga kann ich mir noch gut vorstellen, da dort gut organisierte Teams kicken. Da wird es höchstwahrscheinlich funktionieren“, meint Böning.

Fußball im Fernsehen ist eine andere Baustelle

Dagegen hat der OSC-Vizepräsident Bedenken bei der Regelumsetzung in den unteren Ligen: „Ich bin gespannt, ob die Schiedsrichter immer gleich die Gelbe Karte ziehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Regel konsequent realisierbar ist, da ich schon Spiele gesehen habe, die mit drei gegen drei Akteure hätten enden können.

Die Regel ist eine pädagogische Maßnahme zur Disziplinierung der Spieler. Das ist legitim und absolut korrekt. Fußball im Fernsehen ist immer aber eine andere Baustelle, als wenn XY-Dritte gegen YZ-Vierte spielt. Das könnte Probleme geben“, glaubt Böning.

Spieler sollen sich auf das Wesentliche konzentrieren

Malte Bösch, Trainer des Oberligisten Heeslinger SC, sieht die ganze Diskussion gelassen: „Wir haben mit Kevin Rehling einen erfahrenen Kapitän, der ist ohnehin oft im Austausch mit den Schiedsrichtern. Das passt für mich, wenn es bei der EM gut war, warum es jetzt nicht auch gut funktionieren? Ich persönlich versuche ohnehin, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, und nicht auf den Schiedsrichter. Das kann man eh nur bedingt beeinflussen.“

Strafen müssen für von Glahn auch durchgezogen werden

Auch beim Landesligisten FC Hagen-Uthlede hat man die Kapitänsregelung während des Turniers in Bornreihe besprochen. „Die neue Regel kann mit dem Kapitän als Sprachrohr ein guter Weg sein. Sie ist okay für uns. Ich bin gespannt auf die Umsetzung, da die richtigen Entscheidungen immer von den Reaktionen der Spieler, den Zuschauern und dem gesamten Umfeld auf den Trainerbänken abhängen werden. Eine Strafe muss dann auch durchgezogen werden. Dann sind Trainer und Mannschaftsführer gefordert, Ruhe reinbringen, um gemeinsam mit dem Schiedsrichter eine Eskalation zu vermeiden“, sagt Trainer Joshua von Glahn.

Spielerinnen müssen ihren Frust rauslassen können

Der neue Übungsleiter der Frauenmannschaft des TSV Abbehausen (Bezirksliga) möchte, dass trotz der neuen Regel die Emotionen bestehen bleiben. Rainer Wittje ließ wissen: „Ihnen muss freien Lauf gelassen werden. Davon lebt der Fußball. Die Neuerung finde ich gut und glaube, dass sie auch klappt. Die Problematik sehe ich bei den Schiedsrichtern. Sie müssen die Situationen richtig einschätzen und Fingerspitzengefühl haben. Die Kritik bei den Spielerinnen muss ebenso raus wie der Frust. Wenn sich eine Spielerin nach einem Foul ungerecht behandelt fühlt, darf eine verbale Reaktion erlaubt sein.“

Ein bisschen mehr Ruhe auf dem Platz wäre schon schön

Ähnlich argumentiert Manfred Mansfeld, Trainer des TuS Zeven: „Irgendwie gehören Emotionen zum Fußball dazu. Und wenn einem Spieler ein Vorteil abgepfiffen wird und er sich beschwert, wäre eine Gelbe Karte schon hart. Aber natürlich ist es gut, wenn ein bisschen mehr Ruhe auf dem Platz herrscht. Ich achte aber auch als Trainer darauf, dass nicht gemeckert wird, denn da ich selbst auch mal einen Schirischein hatte, weiß ich wie das in der anderen Position ist.

Mehr Spielfluss und weniger Unterbrechungen erwartet

Robin Cordes, Trainer des Bezirksligisten Heeslinger SC II, erhofft sich „im Amateurfußball davon auch viel mehr Spielfluss und weniger Unterbrechungen aufgrund von Diskussionen. Für uns ändert sich gar nicht so extrem viel, weil wir als Mannschaft in der Vergangenheit nie irgendwelche Disziplinprobleme hatten. Der Kapitän wird in seiner Funktion gestärkt, muss mehr kommunizieren und vermitteln.“

Einige in der Mannschaft müssen sich zusammenreißen

Klaus Albrecht, Trainer TSV Bülstedt/Vorwerk, sieht es so: „Das wird dem Spiel guttun, denn dadurch wird sich die effektive Spielzeit verlängern. Ich hoffe aber auch, dass es eine Art Einführungsphase von sechs Monaten geben wird, in der die Schiedsrichter nicht sofort mit der Gelben Karte wedeln, wenn sich ein Spieler einmal nicht daran hält. Umgekehrt müssen die Spieler sich aber auch in dieser Phase schon zusammenreißen. Wir haben das schon mit der Mannschaft thematisiert. Einigen wird das zunächst schwerfallen.“

Der Fußball sollte sich mehr am Handball orientieren

Holger Dzösch, Trainer SV Ippensen, gibt sich als Befürworter zu erkennen: „Was man sich fragt, wenn man so simple Dinge einführt, ist, warum man das nicht schon selbst für sich gemacht hat. Aber man braucht wohl eine Regel, um sich positiv zu verhalten. Wir sollten uns im Fußball sowieso mehr am Handball orientieren, was solche Sachen angeht. Da ist die Kapitänsregel ein guter Anfang.“

Umgang mit Schiedsrichtern ist problematisch

Marco Hendreich, Trainer SV Anderlingen, meint abschließend: „Ich finde das grundsätzlich gut, denn es gibt viele Probleme im deutschen Fußball, was den Umgang mit Schiedsrichtern angeht. Hier in der Region ist es zwar noch relativ angenehm, in der letzten Bezirksligasaison gab es eigentlich überhaupt keine Probleme. Dennoch ist die Einführung dieser Regel sinnvoll. Als Spieler hätte ich sie aber gehasst.“

Aufrufe: 025.7.2024, 16:15 Uhr
Zevener ZeitungAutor