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– Foto: Schmietow

Gegen Eskalationen im Amateurfußball: NFV führt eine neue Regel ein

Was halten die Fußballer aus dem Landkreis davon?

Ab der kommenden Saison sollen Schiedsrichter neue Möglichkeiten bekommen, um auf hitzige Duelle einwirken zu können. Die sogenannte Beruhigungspause wie auch eine neue EM-Regel werden kontrovers diskutiert.

Der Schiedsrichter kreuzt die Arme über seinem Kopf und streckt sie danach zur Seite aus. Das bedeutet ab der neuen Saison: Beruhigungspause. Die Mannschaften müssen sich dann in ihren eigenen Strafraum zurückziehen. Hält sich ein Spieler nicht daran, wird er mit einer Gelben Karte verwarnt. Der Schiedsrichter klärt dann im Mittelkreis die Kapitäne und Trainer der Mannschaften über den Grund und die Dauer der Pause auf.

Anwendung soll das sogenannte „DFB-STOPP-Konzept“ finden, wenn es im Spiel zu hitzig zugeht. Beispielsweise, wenn sich mehrere Spieler zu stark beim Schiedsrichter über eine Entscheidung beschweren oder dann, wenn Spieler oder Trainer aneinander geraten. Der Schiedsrichter darf auch auf die Beruhigungspause zurückgreifen, wenn die Zuschauer über die Stränge schlagen.

Was halten die Fußballer aus dem Landkreis davon?

Jörn Augustin, Trainer des FC Mulsum/Kutenholz:

„Ich war schon zu meiner aktiven Zeit ein emotionaler Spieler.“ Aus diesem Grund ist Jörn Augustin, Trainer vom FC Mulsum/Kutenholz, kein Freund von den neuen Beruhigungspausen. Es habe bisher auch immer funktioniert, ohne große Eskalationen.

„Es hängt viel vom Verhalten und Umgang des Schiedsrichters mit den Spielern ab“, sagt Augustin. Er wünscht sich, dass weniger neue Regelungen kommen. Diese machten den Fußball nur kaputt, so Augustin.

Helmut Willuhn, Vorsitzender des NFV-Kreis Stade

Helmut Willuhn, Vorsitzender des NFV-Kreis Stade sowie selbst langjähriger und erfahrener Schiedsrichter, begrüßt die Beruhigungsphase. „Damit geben wir gerade jungen Schiedsrichtern ein gutes Werkzeug an die Hand, um Hektik und Unruhe aus dem Spiel zu nehmen“, sagt Willuhn. Er glaubt, dass die Vereine und Mannschaften diese Neuerung „sicherlich annehmen werden“, weil auch sie profitieren. Letztlich gehe es auch darum, junge Schiedsrichter zu schützen und damit im Spielbetrieb zu halten.

Sven Hubert, Trainer ASC Cranz-Estebrügge

Sven Hubert, Trainer des Kreisligisten ASC Cranz-Estebrügge, will erst mal abwarten, wie es läuft. „Ich glaube nicht, dass diese Art des Eingreifens in der Kreisliga oder höheren Ligen angewendet wird“, sagt Hubert. Nur in absoluten Ausnahmefällen. Erfahrene Schiedsrichter würden nicht zu den Beruhigungsmaßnahmen greifen müssen. „In unteren Ligen kann es aber durchaus mal sinnvoll sein“, sagt Hubert.

Stephan Raschke, Trainer des TSV Großenwörden

Stephan Raschke, Trainer des Kreisliga-Absteigers TSV Großenwörden, nimmt sich selbst in die Pflicht und findet die neue Regel „eine sehr gute Sache“. Es komme oft vor, dass von außen, ob von den Fans oder Trainerbänken, zu viel Unruhe auf den Platz gebracht werde. „Man ist ja auch selbst voll dabei“, sagt Raschke, da sei so eine Beruhigungspause manchmal sicherlich angebracht.

Stefan Raap, Trainer FC Wischhafen/Dornbusch

Ähnlich sieht es Stefan Raap vom FC Wischhafen/Dornbusch. „Man sollte sich immer an die eigene Nase fassen“, sagt Raap. Zwar trügen das Trainerteam und die Spieler selbst die Verantwortung, sich auf dem Platz zu benehmen, die Pausen könnten allerdings für Ruhe sorgen. „Dann können sich die Spieler besinnen“, sagt Raap.

Björn Mielke, Trainer des SV Ottensen

Björn Mielke, Trainer des SV Ottensen in der 2. Kreisklasse, sieht die Maßnahme kritisch. „Ich glaube, dass von der Möglichkeit zu oft Gebrauch gemacht wird und dadurch Spiele kaputt gemacht werden“, sagt er. Er fragt sich, welchen Maßstab die Schiedsrichter ansetzen wollen und ob die Idee in der Realität dann sinnvoll umsetzbar ist. Im Jugendbereich wiederum hält er die Beruhigungspausen aber für „sehr angebracht“.

Niklas Nissen, Vorsitzender der SV Ahlerstedt/Ottendorf

Niklas Nissen, Vorsitzender der SV Ahlerstedt/Ottendorf, findet die Idee einer Beruhigungspause generell nicht angebracht. Er sei selbst ein Hitzkopf auf dem Feld. „Aber Fußball lebt von den Emotionen“, sagt er.

Nur der Kapitän darf diskutieren - Die EM als positives Beispiel?

Dass bei der Europameisterschaft nur noch die Mannschaftskapitäne mit dem Schiedsrichter sprechen beziehungsweise diskutieren dürfen, beurteilen die Fußballer aus dem Landkreis größtenteils positiv. Das sei auch im Amateurbereich gut umsetzbar.

Niklas Nissen hält den Ansatz, so eine Hierarchie auf dem Platz einzuhalten, für „sehr gut“. Der Schiedsrichter werde so geschützt und die Unterbrechungen seien geringer.

„Wir hatten im Fußball viel zu viele Rudelbildungen“, sagt Björn Mielke, die werden durch die neue Umsetzung unterbunden.

Insgesamt werden im Zuge dessen aber „zu schnell Gelbe Karten gezeigt“, da fehle noch die Feinabstimmung. Sven Hubert findet die EM-Regel „von Grundsatz her gut“ - allerdings wird sie noch „übertrieben ausgelegt“. „Jeder Mucks wird bestraft“, so Hubert.

„Fantastisch“, sagt Helmut Willuhn über die Maßnahme, er sehe das „nur positiv“, vor allem, dass es nun keine Rudelbildungen mehr gibt.

Jörn Augustin kann sich diese Regelung eher vorstellen als die von ihm kritisierte Beruhigungspause. „Aber auch da bin ich eher dafür, viele Meinungen zuzulassen.“ Es sei im Spiel schwierig, seine Emotionen zu kontrollieren. „Sobald du dich einmal nicht kontrollierst, wirst du direkt verwarnt“, bemängelt Augustin.

Can Yildiz, der den Kreisligisten TuSV Bützfleth trainiert, ist begeistert von der EM-Regel. „Bei uns im Kreis würde es vielleicht eine Gewöhnungsphase brauchen“, sagt Yildiz. Auf lange Sicht würde sich die Regel allerdings sehr positiv auswirken, so Yildiz.

Aufrufe: 05.7.2024, 05:30 Uhr
Tageblatt/ Bröhan/StahmannAutor