Nach dem 0:4-Debakel in Saarbrücken steht Löwen-Coach Argirios Giannikis vor dem Aus beim TSV 1860 München. Für ihn könnte Pavel Dotchev übernehmen.
Acht (!) Fans hatten sich eingefunden, als am Sonntag das Auslauftraining der 1860-Profis auf dem Programm stand, angeleitet wie üblich von Argirios Giannikis, der ohne Pfiffe auf dem Einser-Rasen ankam. Wer gedacht hatte, dass sich nach der Klatsche von Saarbrücken Wut und Häme über den 0:4-Verlierern ergießen würde, der sah sich getäuscht. Einer brummte leise was von „4. Liga“, der Rest schaute apathisch zu. Ähnlich kraftlos, wie sich die Mannschaft des TSV 1860 München tags zuvor im Ludwigspark präsentiert hatte.
Die Tatsache, dass nach den Reservisten auch Giannikis aus der Kabine kam, war keine ganz so große Überraschung, nachdem der umstrittene Coach schon so manche brenzlige Situation überstanden hatte. Saisonniederlage Nummer 10 soll dennoch nicht folgenlos bleiben. Nach Informationen unserer Zeitung steht Giannikis mitsamt seinem Trainerteam kurz vor dem Rauswurf. Offen ist nur noch, wie schnell Sportchef Christian Werner Einigung mit einem Nachfolger erzielen kann.
Als Giannikis am Sonntag um 14.15 Uhr das Trainingsgelände verließ, schien alles noch seinen gewohnten Gang zu gehen. „Also, ich hab nichts von einer Entlassung mitbekommen“, sagte einer der Spieler kurz zuvor. Giannikis hatte auch noch zusammen mit seinen Co-Trainern Hübl und Lex das Testspiel der U 19 gegen Landsberg verfolgt. Er schien das im Glauben zu machen, am Dienstagnachmittag wie üblich in eine neue Trainingswoche starten zu können.
Der trainingsfreie Montag gibt Werner nun Zeit, Kontakte zu knüpfen oder Gesprächsfäden wieder aufzunehmen. Topfavorit ist nach Informationen unserer Zeitung Pavel Dotchev, der Rekordtrainer der 3. Liga (384 Einsätze). Entgegen anders lautender Gerüchte sollen die Gremien inzwischen doch finanzielle Mittel für einen Trainerwechsel bereitgestellt haben (anstelle von zwei Spielertransfers). Dennoch ist die Verpflichtung von Wunsch-Nachfolger Dotchev kein Selbstläufer. Einer von vielen Knackpunkten: Der Bulgare, der ursprünglich einen unbefristeten Vertrag in Aue hatte, steht beim FC Erzgebirge noch bis 30. Juni auf der Gehaltsliste. Heißt: Eigentlich könnte er die Hände in den Schoß legen und Zeit mit seinen Enkelkindern verbringen. Ihm den Job in München schmackhaft zu machen, hätte in jedem Fall seinen Preis, zumal Dotchev (wie andere Kandidaten auch) ein Vertrag über eineinhalb Jahre vorschweben soll, die Löwen sich aber nicht so lange festlegen wollen, zumal nach der Erfahrung mit Giannikis.
Immerhin: Dass die Mannschaft dringend neue Impulse braucht, hat bei 1860 nun auch der Letzte eingesehen – außer Giannikis, der nach der dritten Klatsche mit vier Toren Unterschied erklärt hatte, der Mannschaft wieder die „Basiselemente“ des Fußballs beibringen zu wollen. Andere aus dem Team waren schon am Samstag deutlicher geworden. „Heute hat es an allen Ecken gefehlt“, räumte Leroy Kwadwo schonungslos ein. „Alles hat gefehlt“, präzisierte Max Reinthaler, „da braucht man heute nichts schönzureden.“ Marco Hiller, der kurz vor Schluss noch das sichere 0:5 aus dem Winkel geboxt hatte, legte den Finger am deutlichsten in die Wunde. Keiner habe „Bock“ gehabt, den Ball zu haben, monierte der Torhüter. Wo Saarbrücken „in die Zweikämpfe geflogen“ sei, habe 1860 „Alibi-Fußball“ geboten: „Wir hatten kaum Zug nach vorne (außer bei zwei Pfostentreffern/Red.). Sobald wir den Ball gewonnen haben, haben wir nach hinten gespielt. Das ist nicht unser Spiel, und so verliert man hier.“
Keiner hatte Bock, den Ball zu haben.
Marco Hiller
Die Kunst aus Sechzger-Sicht wird nun sein, sich binnen fünf Tagen neu aufzustellen. Die Konkurrenz im Abstiegskampf legte vor – und am Samstag gegen den VfB Stuttgart II steht das erste von 18 Endspielen an. Ausgerechnet zu Hause, wo es schon schlecht lief, als die Löwen wenigstens auswärts noch gewonnen haben.