2025-04-29T16:05:39.695Z 1746132601278

Ligabericht
Natürlich sind die Kameras auf die Stars der Icon League gerichtet. Claudio Pizarro, dessen Namen nicht weiter erkärt werden muss, gehört dazu. Aber auch viele Amateurfußballer nutzen diese Bühne mit Vorliebe.
Natürlich sind die Kameras auf die Stars der Icon League gerichtet. Claudio Pizarro, dessen Namen nicht weiter erkärt werden muss, gehört dazu. Aber auch viele Amateurfußballer nutzen diese Bühne mit Vorliebe. – Foto: IMAGO / Nordphoto

Icon League & Co.: »Eine Wucht« oder "nicht tolerieren"?

Umfrage in der Regionalliga und den beiden Bayernligen: Sind die neuen Formate wie die Icon League und höherklassiger Amateurfußball vereinbar?

Die Schnittmenge zwischen den neuen Fußball-Formaten wie Baller oder Icon League und dem klassischen Ligensystem werden immer größer. Es fehlt längst nicht mehr an Beispielen: Tugay Akbakla hat den SC Eltersdorf verlassen, weil aus Sicht des Vereins beide Welten nicht kombinierbar sind. Für Max Wissmann hieß es ebenso: Baller League statt Bayernliga. Die andere Seite: Lucas Markert läuft für den ATSV Erlangen auf - und "DNA Athletics".

Und bereits jetzt steht fest: Weitere Spieler werden dem 24-jährigen Mittelfranken folgen. Gleichzeitig wird es weiter zu Konflikten in diesem Zusammenhang kommen. Wie gehen die Vereine im gehobenen Amateurbereich damit um? Haben aus ihrer Sicht beide Welten einen gemeinsamen Nenner? FuPa hat sich stichprobenartig in der Regionalliga Bayern sowie in der Bayernliga Nord und Süd umgehört...


Regionalliga Bayern

Karl-Heinz Fenk (Sportlicher Leiter, Burghausen): "Icon und Baller League ist Hallenfußball - und somit nicht vergleichbar mit einer Regionalliga Bayern. Wir in Burghausen bieten sechs Mal Training pro Woche. Im Sommer gibt es nur eine Pause von vier Wochen, im Winter etwas mehr als ein Monat. Die Jungs sind also gut ausgelastet. Sie sind froh, wenn sie mal die Möglichkeit haben, sich zu regenerieren. Sollte ein Spieler in diesen neuen Ligen spielen wollen, gerne. Bis dato ist aber noch keiner auf uns zugekommen. Sollte das irgendwann der Fall sein, werden wir eine Lösung finden."

Andreas Brendler (Sportlicher Leiter, Schweinfurt): "Ganz ehrlich: Ich bekomme von diesen Ligen gar nichts mit. Ich will und kann mich nicht damit befassen, obwohl ich den ganzen Tag mit Fußball zu tun habe. Unsere Spieler haben mit Regionalliga und Berufs- bzw. Privatleben genug zu tun. Deshalb ist wohl auch noch keiner auf mich zugekommen, der beispielsweise in der Icon League spielen möchte. Sollte das mal der Fall sein, werden wir das nicht unterstützen."

Hermann Schiller (Sprecher, Illertissen): "Ich halte nichts von diesen Formaten, auch wenn ich nicht im Detail darüber informiert bin, weil ich von Wettbewerben bei den Erwachsenen fernab der "normalen" Ligen und Pokale allgemein wenig überzeugt bin. Insgesamt sind Baller und Icon League bei uns kein Thema."

Sascha Dorsch (Abteilungsleiter, Bamberg): "Wir haben beim FC Eintracht Bamberg in den vergangenen Jahren folgende Sportarten als Abteilungen neu hinzugenommen: e-Sports, Cricket, Quidditch und Armdrücken. Das alleine zeigt, dass wir mehr als offen sind für neue Sportarten. Entwicklung und Innovation sehen wir als unsere Kernkompetenz. Kein Wunder, dass wir die Themen Icon, Kings und Baller League zunächst einmal positiv neugierig beobachten. Wir brauchen auch im Fußball immer wieder neue Impulse, um uns weiterzuentwickeln. Am Ende des Tages entscheidet der Markt, nicht die Vereine, was sich durchsetzt. Was den Umgang der Vereine mit den Spielern betrifft, ist es wie so oft im Leben: miteinander reden macht Sinn. Ich denke, wenn der Wille da ist und beide Seiten das Thema lösungsorientiert angehen, findet man einen Weg, um das gemeinsam gut zu entscheiden. Gut entscheiden kann dann auch heißen, dass man getrennte Wege geht oder dieses Abenteuer zusammen wagt. Von unseren Spielern haben wir bisher hier noch keine Signale bekommen. Die sind aktuell noch zufrieden, wenn sie auf der Heimfahrt im Bus Schafkopf spielen können. Alles andere warten wir gelassen ab."


Bayernliga Nord

Jörg Markert (Trainer, Erlangen): "Die Icon und Baller League sind sicherlich eine interessante Hallensaison-Runde, die bei vielen Zuschauern auf jeden Fall wieder das Gefühl des alten Hallenfußball zurückbringt. Diese Formate haben sicherlich nichts mit dem Fußball in unserer Bayern- oder Regionalliga zu tun, sondern sind einfach nur schöner Hallenfußball. Natürlich haben die Bayern-, bzw. Regionalliga einen sehr hohen Anspruch an den Fußballer und daher ist es bestimmt grenzwertig: Aber grundsätzlich würde ich schon sagen, dass es möglich ist, Baller sowie Icon League neben dem gehobenen Amateurfußball zu spielen. Sicherlich wäre besser, wenn solche Formate ihre Turniere in der Winterpause machen würden. Aus unserer Sicht hat der Verband hier das Problem selbst gemacht, indem er Futsal eingeführt hat, der natürlich weniger Fans interessiert und auch nicht jeder Fußballer spielen kann. Da unsere Spieler keine Amateurverträge haben, können wir Ihnen keine Vorschriften machen. Wir werden uns das Ganze bis zum Winter mal anschauen und dann ein Urteil fällen."

Daniel Stöcker (Sportlicher Leiter, Neudrossenfeld): "Ich halte von diesen Formaten wenig bis gar nichts! Ehemalige Nationalspieler sollten sich eher für die Basis und den Amateurfußball einsetzen, anstatt Vereine mit diesen Kommerz-Verantstaltungen vor Probleme und Entscheidungen zu stellen. Deshalb sollten diese Ligen auch im Winter stattfinden, dann würden sie weniger mit dem Ligabetrieb kollidieren. Ich finde diese Formate alleine schon wegen der erhöhten Verletzungsgefahr fragwürdig. Die Tendenz geht nicht nur deshalb dazu, dass Amateurfußball und diese Ligen nicht miteinander vereinbar sind."

Hendrik Baumgart (Trainer, Kornburg): "Wir haben mit Tim Sulmer vergangene Saison und Tarik Sormaz in dieser Spielzeit schon einige Erfahrung gesammelt, was diese Formate betrifft. Baller League & Co. entsprechen dem Zeitgeist der jungen Leute heutzutage. Man hat nicht mehr diese Bindung zu einem Verein oder einer Liga, sondern in kurzer Zeit viel Show und viel Spaß. Es geht um Geld, um Unterhaltung, um soziale Anerkennung, die man über die Sozialen Medien bekommt, wenn man da mitspielt. Viele Klicks sind die Motivation. Vereinbar sind diese Formate mit Bayernliga-Fußball nicht - Beispiel: Tim Sulmer. Man muss sich entscheiden. Die Anfahrten, die Extra-Einheiten, die Verletzungsgefahr, die Tatsache, dass es sich ein Spieler rausnimmt, mehrmals nicht da zu sein - das funktioniert nicht. Das passt nicht zusammen! Dementsprechend haben wir klar gesagt, dass eine Kombination nicht möglich ist bei uns. Ausnahme: Tarik Sormaz. Der nimmt von seinem Auslandsstudium in der Türkei aus an der Icon League teil. Das belastet uns nicht, weil er sowieso nicht da wäre."

Kai Hempel (Trainer, Gebenbach): "Spannendes Thema. Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits finde ich es cool, dass ich da Leute finden und etwas Neues probieren. Andererseits: Wenn du einen Vertrag hast, hast du einen Vertrag. Sicherlich sind derartige Formate für den ein oder anderen Spieler eine große Chance. Aber für die Vereine ist das natürlich ein Ärgernis, wie das Beispiel Ammerthal gezeigt hat. Man macht seine Kaderplanung, man baut auf seine Spieler - und plötzlich kommt einer daher und möchte in der Icon League mitzocken. Es wird zwar Montagabend gespielt, aber dennoch sind damit zwei Tage pro Woche weg, weil auch der Dienstag noch betroffen ist. Wir würden es nicht tolerieren, wenn ein Spieler zweigleisig fahren möchte. Es gibt Gründe, warum du nicht zum Training kommen kannst - woanders rumkicken zählt nicht dazu."


Bayernliga Süd

Markus Clemens (Sportlicher Leiter, Schalding-Heining): "Ich halte von diesen Formaten nichts. Wer sich sich für derartiges entscheidet, kann meines Erachtens nicht fokussiert Leistungssport in der vierten oder fünften Spielklasse betreiben. Fussball ist es grundsätzlich schon, aber die Show und Vermarktung überwiegt. Wir würden eine Doppelgleisigkeit nicht akzeptieren."

Adem Gürbuz (Sportlicher Leiter, Türkspor Augsburg): "Bei diesen neu Arten von Fussball ist namhafte Prominenz an der vordersten Front, auch auf Internationale Ebene. Das bedeutet, dass diese Formate auf jeden Fall für die Jugendlichen interessant werden. Wie sie sich auf Amateurfussball auswirken, werden wir gemeinsam in Zukunft sehen. Es wird einen Unterschied geben, ob ein Spieler höherklassig oder niederklassig spielt. Da muss jeder für sich die Prioritäten setzen. Die Verletzungsgefahr ist ein Risikofaktor. Das Positive an der ganzen Sache: Es wird wieder mehr Fußball gespielt werden, weil das Interesse durch solche Ligen steigt."

Johannes Müller (Sportlicher Leiter, Pipinsried): "Aus privater und beruflicher Sicht sind das interessante Projekte. Durch meinen Job bei Sky beschäftige ich mich mit den Hintergründen dieser Ligen. Es wird Entertainment mit Fußball für eine gewisse Zielgruppe kombiniert. Vor allem in der Icon League versammeln sich große Sportler mit Influencern, Streamern und Musikern. Das hat schon eine Wucht! Aus Vereinssicht gibt es natürlich Interessenskonflikte. Trotzdem finden wir, dass es nicht immer Schwarz oder Weiß geben muss. Beide Parteien müssen offen miteinander sprechen und nach Lösungen suchen. In der Bayern-/Regionalliga sind wir im semiprofessionellen Bereich und der Verein entlohnt Spieler für Ihre Leistung. Das muss gewährleistet sein. Die größte Gefahr sehen wir im erhöhten Verletzungsrisiko, da die Ligen meistens am Montag Ihre Spieltage haben. Das ist ein bis zwei Tage nach dem Spiel in der Bayernliga. Deswegen würde wir uns wünschen, dass die Gründer der Ligen mit den Verbänden und Amateurteams in den Austausch gehen. Ob das bisher der Fall ist, kann ich leider nicht beurteilen. Im Winter finden beispielsweise in Bayern drei Monate keine Pflichtspiele statt. Das wäre aus meiner Sicht die perfekte Zeit für diese Events."

Jürgen Meissner (Sportlicher Leiter, Rain): "Ganz ehrlich gesagt halte ich gar nichts von diesen Formaten. Es ist schwierig, wenn 2,3 Spieler in der Regional- oder Bayernliga deshalb fehlen - andere aber nicht. Aufstellungs-Entscheidungen können dann schlicht und einfach nicht erklärt werden. Da geht's mir um das Prinzip! Genau deshalb würde ich es wohl abblocken, wenn ein aktuelles Kadermitglied mit der Bitte, in der Icon oder Baller League spielen zu dürfen, auf mich zukommt. Ich habe kein Problem mit diesen neuen Formaten, überhaupt nicht. Aber mit Amateurfußball auf gehobenem Niveau sind sie nicht vereinbar."

Aufrufe: 04.9.2024, 06:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor