René Lewejohann weiß, wie wichtig dieses Spiel ist. „Ich bin ein Blauer“, sagt er und dabei glänzen seine Augen. Er hat sich nicht versprochen, wollte tatsächlich nicht Blau-Roter oder gar Blau-Weißer sagen. Er ist ein Blauer, ein Königsblauer, ein Schalker. Was hat jetzt Schalke mit dem Spiel zwischen dem Aufsteiger KFC Uerdingen und Spitzenreiter MSV Duisburg zu tun?
Nichts, aber in der Vorbereitung auf das Niederrheinderby eine Menge. Lewejohann hat 25 neue Spieler in seinem Kader, hat daraus in kürzester Zeit ein Team geformt. Vielen musste er nicht sagen, dass es tabellarisch nur um drei Punkte geht, aber für die Fans beider Vereine um viel mehr. Denjenigen, denen das nicht auf Anhieb klar war, hat er gesagt, die Partie zwischen dem KFC und dem MSV sei am Niederrhein so etwas wie die Mutter aller Derbys zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund. Als er das sagte, war das Thema durch. Jeder hat es verstanden.
René Lewejohann spürt, dass die Begegnung die Fans am Niederrhein elektrisiert. Nicht nur, weil über 10.000 Zuschauer in der Grotenburg für die größte Kulisse bei einem Pflichtspiel seit dem 7. März 2005 sorgen: damals sahen 16.780 Besucher die Partie des KFC gegen Fortuna Düsseldorf. Aber mit 10.900 Fußballfreunden ist die Grotenburg derzeit ausverkauft. Der Coach kann die Bedeutung auch an seinem Handy ablesen. „Andauernd bekomme ich Nachrichten von Fans“, berichtet der 40 Jahre alte gebürtige Herner, der die Nähe zu den Anhängern nicht scheut. Er mag diesen direkten Kontakt und die Fans mögen ihn, weil er direkt und ehrlich ist, nicht drumherum redet, das Herz am rechten Fleck hat – eben ein Junge aus dem Pott.
Entsprechend groß ist die Vorfreude. „Einfach riesig“, sagt er. Und weil er nicht nur einen direkten Draht zu den Fans, sondern natürlich auch zu seinen Spielern hat, spüren sie das, saugen seine Emotionalität und Vorfreude auf. „Motivieren brauche ich keinen. Es wird ein Derby voller Leidenschaft sein, von beiden Seiten“, sagt der Trainer, dem nun eine andere Aufgabe zukommt. „Wir müssen die Emotionen und die Leidenschaft vernünftig kanalisieren“, erklärt Lewejohann, der nicht bremsen will, aber von seiner Mannschaft neben dem feurigen Herz einen kühlen Kopf fordert.
„Wir kommen über unsere Mentalität, mit einem riesigen Willen, sind gut strukturiert, bockstur im Verteidigen. Es interessiert uns nicht, was auf uns zukommt. Da wünsche ich dem Gegner viel Spaß. Und wenn wir die Balance hinkriegen, zwischen Leidenschaft und Fußballspielen, dann sind wir wirklich ein guter Regionalligist. Das sind wir jetzt schon.“ Das haben die Uerdinger zuletzt gegen den Tabellenzweiten Fortuna Köln bewiesen. „Wenn wir es geschafft haben, Fortuna Köln hier unser Spiel aufzudrücken, auch wenn wir unglücklich 0:1 verlieren, dann weiß jeder, wie ich die Mannschaft auf Duisburg einstelle“, sagt er mit Blick auf die Taktik. „Mit dem MSV kommt ein Kaliber aus dem obersten Regal auf uns zu. Wir genießen erneut die Außenseiterrolle, haben nichts zu verlieren. Wir dürfen hier vor 10.000 Fans ein Derby bestreiten. Das ehrt uns sehr, spricht aber auch für beide Mannschaften.“
Das hat aber auch zur Folge, dass er seine Mannschaft nicht erreichen kann wie sonst. Bei solch einer Kulisse und brodelnder Atmosphäre erreicht er seine Schützlinge auf dem Rasen kaum. „Mehr denn je ist es wichtiger, die Abläufe einzuhalten“, sagt der Coach. „Ich lasse die Hand im Spielertunnel los, dann müssen sie selber. Ich will gegen eine große Mannschaft punkten, nichts anderes.“
Lewejohann vergaß auch nicht, die Trainingsbedingungen am Löschenhofweg und die Zusammenarbeit mit dem SC Bayer 05 Uerdingen über den grünen Klee zu loben: „Das läuft ganz gut. Wir halten uns an die Regeln, die vorgegeben werden. Aus meiner Sicht ist es eine gute, kooperative Zusammenarbeit. Bayer gibt uns, was uns im Rahmen des Möglichen zur Verfügung steht. Wir sind komplett zufrieden.“