Neue Amateurfußball-Konferenz kommt: »Zeit, selbst zu handeln!«

Konsequenterweise spielen in NRW schon die 11-Jährigen in einer Regionalliga den so genannten Nachwuchs-Cup aus. Momentan führt Gladbach vor Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Köln und Schalke. Ein klassischer Amateurclub ist nicht dabei. Am Ende rangiert Viktoria Köln mit 0 Punkten und 17:74 Toren. Ausbildung in Deutschland bei der U12!
Da lässt eine Meldung des HSV aufhorchen. Der will alle Teams unterhalb der U12 auflösen. Gute Idee, die auch andere (Magdeburg, Wolfsburg...) schon umsetzen. Gut auch, dass der Stadtrivale FC St. Pauli schon mit klarer Kante von sich reden gemacht hat. Der lehnt ab, in der Jugend mit Spielerberatern zusammenzuarbeiten. Diese lungern seit vielen Jahren auch bei den Jüngsten überall an der Seitenlinie herum. Der Hamburger Weg: Kein Fußball den Agenten!

In unserer Workshop-Reihe zur Stärkung des Ehrenamts im Sport haben wir 2024 festgestellt, dass es trotz aller Probleme immer noch viele großartige Menschen gibt, die sich im Jugendfußball engagieren. Aber sie kümmern sich auch um die Erwachsenen, etwa einen reibungslosen Spielbetrieb oder die Betreuung der Schiedsrichter. Mit meiner Kollegin Susanne Amar habe ich ein Konzept entwickelt, von dem wir nicht ahnten, wie gut es angenommen würde. Am Ende stand als Ergebnis ein „interaktives Handbuch Ehrenamt“, erarbeitet von der Basis für die Basis. Danke an alle, die sich für den Breitensport engagieren.

Doch wir wollen nicht verhehlen, dass die Zeiten schwieriger werden. Das Ehrenamt im Sport hat keine Konjunktur. Auch weil die Anforderungen zunehmen. Bevor in Deutschland etwas für die Allgemeinheit getan wird, muss zumindest erst einmal die Haftung geklärt sein. Und natürlich kommt regelmäßig der TÜV, hierzulande die höchste Instanz nach dem ADAC, und sorgt dafür, dass Tore oder Bänke abgebaut werden müssen.
Gleichzeitig sind durch Putins Angriffskrieg die öffentlichen Kassen leer. Die entstehenden Kosten führen auch dazu, dass Sportanlagen nicht saniert werden und auch sonst nicht in den Breitensport investiert wird.

Wie schlecht die Lobby des Amateurfußballs im Land ist, machte kurz nach Weihnachten der Kanzlerkandidat der Union deutlich. Er verstieg sich zu dem Satz: „Offensichtlich hat die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren insgesamt zugenommen. Davon betroffen sind auch Schulen und Sportvereine, vor allem im Fußball.“

Geht‘s noch?! Würde Herr Merz sein Interessengebiet über schlecht beleumundete amerikanische Investmentfonds hinaus erweitern, hätte er vielleicht von einem Programm in Island gehört, das durch Hilfe der Sportvereine dazu geführt hat, dass die Jugend signifikant weniger trinkt und weniger Drogen konsumiert. Dort hat die Regierung das Freizeit- und Sportangebot massiv ausgebaut und stellt pro Kind einen Freizeitgutschein bereit. Den können Familien für Mitgliedsbeiträge und Sportkleidung einsetzen.

Nun hat der Breitensport weder in Sachen Infrastruktur noch bezüglich der Möglichkeiten von Prävention eine Lobby in Deutschland. Die DOSB-Spitze ist mit sich selbst beschäftigt, der DFB ist nach wie vor in keinem ruhigen Fahrwasser, musste sich aufgrund seiner finanziellen Schieflage gerade von mehreren Immobilien trennen. Immerhin hat es Julian Nagelsmann geschafft, dass große Teile Fußball-Deutschlands der Nationalelf wieder die Daumen drücken.

Die Unterstützung des Amateurfußballs hat hingegen in den letzten Jahren gelitten. Ambitionierte Sportpolitiker sind kaum auszumachen, in den selbst ernannten Protestparteien halten die meisten Kandidatinnen und Kandidaten wahrscheinlich eher zur russischen Sbornaja. Beim DFB gibt es kaum Zukunftsentwürfe. Seit dem kuriosen Abgang des umtriebigen und oft undurchsichtigen Rainer Koch haben die Protagonisten des Profifußballs ihr Gewicht am Frankfurter Campus weiter verstärkt. Einige behaupten gar, viele Funktionäre würden sich nur wegen der Tickets für Bundesliga und Länderspiele samt der schönen Auswärtsfahrten wählen lassen.

Wir finden, es ist an der Zeit, selbst zu handeln. Am 23. Mai wird es in Berlin eine Konferenz zum Amateurfußball geben, veranstaltet von uns Hartplatzhelden – die wir seit Frühjahr 2024 eine gemeinnützige Gesellschaft sind, was vielleicht die beste Nachricht des Jahres war.

Genaue Infos werden in Kürze folgen, so viel vorab: Neben den klassischen Themen Infrastruktur, Ehrenamt, Jugendfußball oder gesellschaftlichem Engagement dürfte die Frage auftauchen, wie den Vereinen an der Basis mehr Gewicht zukommen kann. Sonntagsreden amtierender Funktionäre werden nicht ausreichen. Es braucht Menschen, die sich auskennen. Die nicht vom Elfenbeinturm auf das Fußballvolk schauen, um ab und zu für einen Fototermin hinabzusteigen.

Es ist müßig, die Verdienste der Amateurvereine wie Zusammenhalt, Teilhabe oder Gesundheitsförderung erneut aufzuzählen. Doch es ist verstörend, wenn führenden Politikern der Republik als einziges das Thema Gewalt einfällt und sie den Fußball vorsätzlich diskreditieren, während sie die Sportanlagen im Land systematisch verrotten lassen.

Die Wähler müssen entscheiden, welche Schlüsse sie daraus ziehen. Wir alle müssen uns fragen: Warum kann das ohne Aufschrei des größten Einzelsportverbands der Welt geschehen? Oder findet die Mehrzahl der gewählten Sportfunktionäre nichts dabei? Dann schlage ich ihnen vor, den Platz für engagiertere und empathischere Menschen freizumachen. Ersatz ließe sich schnell finden, so viel kann ich sagen. Auch, um die Situation für den Amateurfußball und die Jugend in Deutschland im neuen Jahr zu verbessern.

Mein Hartplatzhelden-Kollegen Michael Franke und ich erwägen ernsthaft, beim DFB-Bundestag im Dezember für das Amt des Vizepräsidenten mit dem Schwerpunkt Amateurfußball zu kandidieren. Im Job-Sharing! Denn vier Augen sehen mehr als zwei. Zudem könnten wir in unseren Vereinen bleiben, um den Kontakt zur Basis nicht zu verlieren. Praxisnähe von Amtsträgern ist ein unschätzbarer Vorteil für den Amateurfußball.