Trainiert wird bis auf wenige Ausnahmen jeden Tag, an einem Montag sogar zweimal. Die dreimal wöchentlich stattfindenden Übungseinheiten mit der Mannschaft sind absolute Pflicht – der Spieltag ohnehin ein Muss. Hinzu kommt ein Einzeltraining mit der Münchner Fußballschule. Der Rest wird mit Besuchen im Fitnessstudio aufgefüllt. Die Ernährung ist – natürlich, möchte man fast sagen – diesem ehrgeizigen Sportprogramm angepasst. Und vor der gerade angelaufenen Spielzeit ist er, um seine Karriere weiter voranzutreiben, extra von Erlangen nach Passau gezogen.
Nein, hier geht es nicht um einen Profifußballer, dessen Leben sich ausschließlich um das runde Leder dreht – und der damit auch noch gutes Geld verdient. Die Rede ist vielmehr von einem Amateurspieler. Von Nico Ott, der gerade eben von der DJK Don Bosco Bamberg zum SV Schalding-Heining gewechselt ist. Der 24-Jährige hat mal eben für Regionalliga-Fußball seinen Alltag komplett auf den Kopf gestellt. Er ist ein Profi im Amateurkleid.
"Ich habe schon immer alles dem Sport untergeordnet und viel geopfert", stellt Nico Ott nüchtern fest. Als Junioren-Bundesliga-Spieler im Trikot von Chemnitz und der SpVgg Greuther Fürth lernte er bereits in jungen Jahren, dass man es im Fußball-Zirkus nur zu etwas bringt, wenn man alles gibt. Wirklich alles. Und das ist längst in Fleisch und Blut übergegangen. "Freilich gibt es Momente, in denen ich alles infrage stelle. Gerade zu Beginn meiner Herrenzeit, als ich nicht soviel gespielt habe, hatte ich viele solcher Phase."
Bei der SpVgg Bayreuth, in Seligenporten und Eltersdorf fasste er nicht so recht Fuß, wie er sich erhofft hatte. Nichtsdestotrotz ließ sich der gebürtige Erlangener davon nicht demotivieren. Ganz im Gegenteil. Er setze nochmal einen oben drauf, gab nochmal mehr, investierte noch mehr Zeit. Und er entdeckte die Münchner Fußballschule in Person von Andreas Prechtl für sich. "Er hat mich enorm weitergebracht", lobt Ott den Fußballlehrer aus der Nähe von Jandelsbrunn. Dieser wiederum gibt das Lob zurück: "Ich hatte bei ihm sofort ein gutes Gefühl. Er ist ein richtig geiler Fußballer, der eine Maschine ist und gerade im defensiven Zweikampf Stärken hat. Nico arbeitet zudem wie verrückt an sich, hat eine überragende Einstellung. Er kann locker Regionalliga spielen."
Die 4. Liga war auch das große Ziel, das der Franke in den vergangenen Jahren immer wieder verfolgt hat. Er absolvierte bei einigen Regionalligisten Probe-Einheiten. Es gab Gespräche, aber zunächst kein Engagement. Mal war der Kader bereits voll, mal wurde ein anderer Spieler vorgezogen. Währenddessen reifte der Innenverteidiger bei der DJK Bamberg zu einem gestandenen Bayernliga-Fußballer, der als Vize-Kapitän zudem Verantwortung übernahm. "Das gehört für mich dazu. Eine funktionierende Mannschaft ist genauso wichtig wie das eigene Können. Denn nur so kommt man weiter."
In Wildensorg, dem Stadtteil der oberfränkischen Stadt, in der Don Bosco beheimatet ist, hat Ott Eindruck hinterlassen. Holger Denzler, während seiner Zeit bei der DJK Sportlicher Leiter des damaligen Bayernligisten, ist noch heute voll des Lobes, was "seinen" einstigen Innenverteidiger und auch Sechser betrifft: "Nico ist ein prima Junge. Er zerreißt sich für den Fußball und tut alles dafür, seine Ziele zu erreichen."
Und er ist inzwischen angekommen in der Regionalliga. Den Stein ins Rollen brachte letztlich Daniel Zillner, der ebenfalls in der Münchner Fußballschule engagiert ist und für den SV Schalding-Heining aufläuft. "Er hat den Kontakt zu Nico hergestellt", berichtet SVS-Manager Markus Clemens, der zugibt, den 24-Jährigen vorher nicht gekannt zu haben. Die Niederbayern konzentrieren sich bei der Spieler-Suche eher auf den südostbayerischen Raum. Alles andere wäre im Amateurbereich schwer umsetzbar. Außer, es kommt einer daher wie Nico Ott.
"Auch wenn wir schön öfter solche Wege begleitet haben, ist es doch eine Besonderheit, wenn einer extra hierherzieht, um für uns Fußball zu spielen", erzählt Clemens. Es müsse einfach das Gesamtpaket passen. Und dazu zählen nicht nur die Fähigkeiten auf dem Platz, sondern auch das, was abseits des Rasenfeldes wichtig ist. So suchte man gemeinsam nach einer Wohnung und einer Arbeit. "Grundbasis ist das Lebensumfeld. Wir sind ja immer noch Amateure." Im Probetraining hat Nico Ott zudem überzeugen können. "Und nachdem es auch menschlich gepasst hat – er ist ein angenehmer junger Kerl -, haben wir uns auf einen Wechsel verständigt", blickt der SVS-Macher zurück.
Und beide Seiten haben – Stand jetzt – alles richtig gemacht. Der SV Schalding-Heining hat einen Spieler mit Potenzial bekommen, der relativ schnell funktionieren kann. Nico Ott hat einen großen Schritt in die aus seiner Sicht richtige Richtung gemacht – obwohl er am 1. Spieltag gegen Bayreuth 90 Minuten auf der Bank saß. Dass er sich durchsetzt, scheint nur eine Frage der Zeit in Anbetracht eines offensichtlichen Talentes und seines enormen Ehrgeizes. Aktuell arbeitet er mit etwas reduzierten Stunden im einem Autohaus. Die restliche Zeit ist für den Fußball reserviert, für den so gut wie alles geopfert wird...