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Spielbericht
Von Feierstimmung war beim VfR Warbeyen wenig zu bemerken.
Von Feierstimmung war beim VfR Warbeyen wenig zu bemerken. – Foto: Pascal Derks

Tränen statt Party beim VfR Warbeyen

Der Aufstieg in die Zweite Bundesliga der Frauen wird beim VfR Warbeyen nicht ausgelassen gefeiert. Stattdessen gibt es einen Riss im Meisterteam, der nach dem 4:0 in Leverkusen deutlich sichtbar wird. Das sind die Gründe, das sagen die Beteiligten.

Es war der größte Tag in der 80-jährigen Vereinsgeschichte des VfR Warbeyen. Die Erste Frauen-Mannschaft machte am Sonntag mit einem 4:0 bei Bayer Leverkusen II ihr Meisterstück in der Regionalliga und steht sportlich als Aufsteiger in die Zweite Bundesliga fest. Doch eine rauschende Party stieg nach dem Abpfiff auf dem Kunstrasen im Leistungszentrum von Bayer Leverkusen nicht. Die Mannschaft war nicht in der Lage, den bemerkenswerten Erfolg gemeinsam zu feiern. Dafür war zu viel geschehen in den Tagen vor dem Titelgewinn.

Zwei Gruppen im Team - mit und ohne Perspektive

Die Spielerinnen des frischgebackenen Meisters in der dritthöchsten Klasse standen zunächst einige Meter voneinander getrennt in zwei Gruppen auf dem Feld. Erst lange nach dem Anpfiff ließen sie sich schließlich dazu überreden, sich für ein gemeinsames Mannschaftsfoto in den Meister-Shirts mit der Aufschrift „Regionalliga gestern, Meister heute, Bundesliga morgen“ aufzustellen. Das Trainer-Team um Sandro Scuderi fehlte indes auf Wunsch einiger Spielerinnen auf dem Bild für die Annalen, das wiederum auch nicht das Signal war, wenigstens ab jetzt gemeinsam noch ein wenig den Titelgewinn zu feiern. Statt Tränen der Freude flossen bei einigen Spielerinnen Tränen der Enttäuschung. Der VfR Warbeyen war alles – nur kein ausgelassen feiernder Meister.

Denn durch das Team, das die Liga dominiert hat, geht plötzlich ein großer Riss. Der Hintergrund ist, dass acht Spielerinnen am vergangenen Dienstag nach dem Training mitgeteilt worden ist, dass der VfR in der zweithöchsten Klasse nicht mehr mit ihnen plant – darunter Leistungsträgerinnen wie Kapitänin Pauline Dallmann, ihre Schwester Jule Dallmann und Torjägerin Jolina Opladen. Zudem erhielten Anna Schneider, Isis van Biljouw, Julia Hülsken, Judith Thieme und Ricarda Rumohr kein Angebot für die kommende Saison.

Entscheidungen aus dem Trainerteam

Die Personalentscheidungen seien, so Vorsitzender Christian Nitsch, „auf Empfehlung des Trainerstabs um Coach Sandro Scuderi“ gefällt worden. „Mit drei Spielerinnen konnten wir uns nicht einigen, weil die Vorstellungen weit auseinanderlagen. Sie haben deshalb ebenso wie fünf andere Spielerinnen kein Vertragsangebot bekommen“, so der Klubchef. Das gab es indes für 16 Mitglieder des Meisterteams, von denen auch noch nicht alle für ein weiteres Jahr beim VfR zugesagt haben.

Der Knackpunkt: Die Spielerinnen, für die es keine Zukunft in der Ersten Mannschaft des VfR gibt, ärgert das Vorgehen des Vereins. Sie stört, dass ihnen die Entscheidung nicht in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt worden ist. Stattdessen gab es für alle Spielerinnen des Kaders beim Training am vergangenen Dienstag einen Brief.

„Und wer einen etwas dickeren Umschlag bekommen hat, der wusste, dass er auch ein neues Vertragsangebot erhalten hat. In den dünneren Briefen wurde nur die Trennung mitgeteilt“, sagte Kapitänin Pauline Dallmann. Sie kritisiert die sportliche Führung des Vereins.

„Ich hätte erwartet, dass man mir in einem persönlichen Gespräch sagt, wenn man nicht mehr mit mir plant – und nicht auf diesem Weg. Schließlich kennt Trainer Sandro Scuderi mich ja auch schon etwas länger“, sagt die 27-Jährige. Sie ist seit 2020 für den VfR am Ball. Damals wechselte sie mit Schwester Jule Dallmann vom Bundesliga-Absteiger Borussia Mönchengladbach zum VfR. Nicht nur Pauline Dallmann ging es so. Und deshalb gab es die Grüppchenbildung nach dem Abpfiff und keine gemeinsame Freude über den großen Erfolg.

Pauline Dallmann bedauert es. „Es hätte so ein schöner Tag in einer tollen Saison für uns werden können. Und dann erlebt man diesen Triumph so“, sagte sie. Für Christian Nitsch war das Verhalten der Spielerinnen, die sich abseits vom restlichen Team aufhielten, wiederum ein Beleg dafür, „bei der Zusammensetzung des Kaders für die kommende Saison die richtige Wahl getroffen zu haben“.

Wie auch immer: Es schwebt ein gewaltiger Schatten über dem großen Erfolg des Vereins, der in Sachen Frauen und Mädchenfußball seit Jahren unter der Überschrift „Kämpferherzen“ bemerkenswerte Arbeit leistet. „Das ist ein Tag, auf den der VfR Warbeyen stolz sein kann“, sagte Klubchef Nitsch, während Trainer Scuderi feststellte: „Die Freude ist riesig. Wir haben unser großes Ziel erreicht.“ Jetzt gilt es, eine erfolgreiche Saison trotz aller Disharmonien vernünftig zu beenden, zumal das Double noch möglich ist. Der VfR kann den Niederrheinpokal verteidigen und sich erneut für den DFB-Pokal qualifizieren. Im Halbfinale tritt das Team am Ostermontag, 16 Uhr, beim Niederrheinligisten SV Heißen Mülheim an.

Pauline Dallmann und die Spielerinnen, für die sich die Zeit in der ersten Mannschaft des VfR Warbeyen dem Ende zuneigt, wollen die Saison, so die Kapitänin, „sportlich auch vernünftig zu Ende bringen“. Und vielleicht gibt es beim nächsten Heimspiel in der Regionalliga am Samstag, 26. April, 18 Uhr, gegen den 1. FFC Recklinghausen dann doch noch eine etwas ausgelassenere Feier der gesamten Mannschaft vor eigenem Publikum im Stadion Bresserberg.

Dort wird der VfR Warbeyen auch seine Heimspiele in der Zweiten Bundesliga bestreiten, für die er sich sportlich auf jeden Fall qualifiziert hat. Der Verein hofft, dass bald auch in anderer Hinsicht Klarheit über die Zugehörigkeit zur höheren Klasse herrscht. Der VfR rechnet damit, dass er in den nächsten Tagen vom Deutschen Fußball-Bund die Lizenz für die Zweite Liga erhält. Die Unterlagen hat der Klub, wie berichtet, Mitte März beim DFB in Frankfurt eingereicht.

Der Verband hat dem Klub mitgeteilt, dass er Mitte April mit einer Entscheidung in Sachen Lizenz rechnen kann. „Wir haben alles vorgelegt, was verlangt wurde. Jetzt sehen wir der Entscheidung des Verbandes sehr optimistisch entgegen“, sagt Peter Brückner, Lizenzierungsbeauftragter des VfR Warbeyen.

Verein sieht sich finanziell auf dem Weg

Auch in anderer Hinsicht sieht sich der Verein auf einem guten Weg. Etwa 375.000 Euro benötigt der VfR für die Premierensaison in Liga zwei. „Wir haben viele gute Gespräche mit möglichen Sponsoren geführt“, sagt Vorsitzender Christian Nitsch. Bis Ende Mai will der Verein Klarheit darüber haben, ob er sich das Abenteuer Zweite Bundesliga auch finanziell leisten kann.

Bis dahin soll zudem der Kern der Mannschaft stehen, die in der zweithöchsten Liga die Mission Klassenerhalt in Angriff nehmen soll. 16 Spielerinnen des aktuellen Kaders haben ja bereits ein Angebot, wobei noch nicht alle ihre Zusage gegeben haben, beim Abenteuer dabei zu sein. „Außerdem haben schon einige mögliche Neuzugänge ein Probetraining bei uns absolviert. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir eine gute Mannschaft zusammenstellen werden“, sagt Christian Nitsch.

Aufrufe: 017.4.2025, 10:00 Uhr
Joachim SchwenkAutor