Mainz. Es war ein Gänsehaut-Moment für Peter Staegemann, als der U19-Trainer des TSV Schott seiner Mannschaft beim Aufwärmen zusah und er sich auf den Tribünenplatz setzte, auf dem er einst mit seinen Großeltern die Mainz-05-Spiele als Fan in Bruchwegstadion verfolgte. „Das war ein total tolles Gefühl“, sagte der 29-Jährige, für den der Tag aber noch besser werden sollte.
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Mit einem 1:1 gewann Schott die inoffizielle Stadt-Meisterschaft im Junioren-Duell, da sie nach dem 2:0-Erfolg im Hinrundenspiel ein zweites Mal in der DFB-Nachwuchsliga zum Favoritenschreck für den großen Nachbarn wurden. „Es ist schon außergewöhnlich für uns, in einer Liga mit Mainz 05 zu spielen. Jetzt sind wir gegen sie sogar niederlagenfrei geblieben. Das muss uns einen Boost geben“, freute sich der Trainer in klirrender Kälte, in der aber auch der Favorit nicht schockgefroren auf dem Platz stehen musste.
U19 von Mainz 05 darf sich nun auf Gegner wie FC Bayern oder Borussia Dortmund freuen
Im Gegenteil. Mainz 05 erlebte trotz der verpassten Derby-Revanche sogar ein erfreuliches U19-Wochenende, qualifizierte sich mit dem Unentschieden als Top-3-Team seiner Gruppe für die Liga A, in der in den kommenden Monaten die besten 24 Mannschaften Deutschlands den Meister unter sich ausspielen werden. Erst im Gruppen-Modus, dann in K.o.-Duellen. Bereits durch die Niederlage von Konkurrent FSV Frankfurt am Tag zuvor beim Karlsruher SC (0:2) durften die Mainzer durchatmen, nur abwägig-hohe Niederlagen hätten ihnen den Platz noch streitig machen können.
05-Trainer Jan Kirchhoff sagte, der ganz große Ergebnisdruck sei weg gewesen. Trotzdem war der Anspruch des Favoriten, das Stadtderby zu gewinnen. „Wir wollen dagegen halten, einen Schritt in der Mentalität nach vorne machen gegen kleinere Mannschaften. Das haben wir getan. Es lag genug rum, um das Spiel zu gewinnen“, befand Kirchhoff, der damit die vergebenen Chancen monierte.
Raul König kontert für Mainz 05 den 0:1-Schock gegen TSV Schott
Zugleich zollte der Ex-Profi von Mainz 05, der als Spieler Spitzentrainer wie Pep Guardiola und Thomas Tuchel erlebt hatte, dem TSV Schott Mainz Respekt. Für einen Defensivplan mit dem der Underdog sein eigenes Tor ordentlich verteidigte, auf Konter setzte - und damit sogar in Führung ging. Sechs Minuten waren gespielt, als Schott über die rechte Außenbahn durchbrach, der agile Benjamin Patschke in der Mitte maßgerecht Sami Bousfia bediente und der zur Führung traf.
Ausgebig jubelten die Schott-Kicker an der Eckfahne - Bousfia gehörte zu den vielen TSV-Talenten im Team, die in der Jugend bei Mainz 05 gespielt hatten. Der Favorit tat sich danach schwer - und traf doch durch eine gekonnte Einzelaktion. Raul König zog aus 16 Metern trocken ab, TSV-Torwart Oskar Reese konnte den Ball nur mit den Fingerspitzen berühren, aber nicht mehr abwehren - 1:1 (16.). Bis zur Halbzeit entwickelte sich danach ein Derby, bei dem Schott gefährlich konterte und den Mainzern das Leben weiter hätte erschweren können. Karim Benali musste eine Flanke von Patschke nur aus kurzer Distanz einköpfen, erwischte den Ball aber nicht richtig (45.).
Kirchhoff reagierte mit einem Dreifach-Wechsel, der Mainz 05 mehr Schub verlieh, während der TSV Schott kaum mehr zu Entlastungsangriffen kam und das Tor so tief wie tapfer verteidigte. Verteidiger Tanyel Eckstein rettete in höchster Not vor der Linie (49.), Torwart Reese parierte einen Freistoß von 05-Techniker König (63.), ehe Sayfan Touré den Ball in der Nachspielzeit erst über das Tor schaufelte und dann an einem Meister-Reflex von Reese scheiterte.
Keeper Reese glücklich mit dem Ergebnis
Dem Keeper, der früher auch in der Jugend von Mainz 05 spielte, für mehr Spielpraxis zum TSV Schott wechselte und nach seinem zweiten Juniorenliga-Einsatz als erst 17-Jähriger glücklich mit dem Ergebnis war. „Für mich war es ein persönlicheres Spiel als sonst, ich kenne ja viele aus der 05-Mannschaft. Wir haben viel Mentalität aufgebracht in dem Derbys“, lobte der Torwart. „Wir hatten die Frustrationstoleranz, über eine längere Phase leiden zu können. Die Jungs haben gesehen, dass man nicht nur durch Zocken in der Liga bestehen kann, sondern auch dreckig“, fand TSV-Trainer Staegemann.
„Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden mit der Leistung heute und der Vorrunde“, war auch 05-Coach Jan Kirchhoff nicht unglücklich, der mit seinem Team weiter Titel-Träumen nachjagen kann, auch wenn unklar ist, welche der 23 möglichen Gegner auf Mainz 05 in der nächsten Gruppenphase der DFB-Nachwuchsliga treffen. Attraktive Kräftemessen mit Top-Clubs wie dem FC Bayern, Borussia Dortmund, Hertha BSC oder Werder Bremen sind aber möglich. 2025 darf also kommen.