Lautertal / Reichenbach. Ein Verein lebt von seinen Mitgliedern – vor allem von denjenigen, die sich mit viel Herzblut, Zeit und Engagement einbringen. Manfred Preuß und Peter Gehrisch sind genau solche Menschen: Sie sind die Macher des Vereins, unermüdlich in ihrem Einsatz und aus dem Leben des SSV Reichenbach, mittlerweile Teil einer Spielgemeinschaft, nicht wegzudenken.
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Ob als Platzwart, Haus- oder Grillmeister - Preuß sorgt für optimale Bedingungen auf und neben dem Spielfeld. „Mähen und was halt so anfällt“, sagt er bescheiden, doch sein Engagement geht weit darüber hinaus. Der mittlerweile 78-Jährige hat als Diplomingenieur bei allen Baukonstruktionen die Planung voll im Griff: Die Treppe zum Vereinsheim, die Materialhütte, die kleine Halle (12 x 6 Meter) oder der Stadionsprecher-Unterstand – Preuß war nicht nur an diesen Vereinsprojekten maßgeblich beteiligt.
Und dabei hebt ihn mehr als nur seine konstruktive Skizzierung hervor. Speziell sein handwerkliches Geschick macht ihn unersetzlich, seine pragmatische Art sorgt für reibungslose Abläufe. Dies gilt auch für etwaige Reparaturarbeiten an der Vereinsgaststätte. „Er hat einfach immer den Plan", sagt Kompagnon Gehrisch über Preuß. Und wenn der Grill angeheizt wird, vereint Preuß gleich zwei Vorteile: „Gutes Essen und ein gemütlicher Platz an der warmen Feuerstelle."
Besonders stolz ist Preuß auf die Flohmärkte, die von 1992 bis zur Corona-Pandemie zweimal im Jahr auf dem Vereinsgelände stattfanden. Gerade zu Zeiten des Hartplatzes waren sie ein Publikumsmagnet und für ihn ein echtes Herzensprojekt, auch wenn die Organisation eine enorme Herausforderung darstellte.
Während Preuß das handwerkliche Rückgrat des Vereins bildet, ist Gehrisch das organisatorische Gehirn des Clubs. Als langjähriger Verantwortlicher für die Mitgliederverwaltung und Passangelegenheiten sorgt er für Struktur und Ordnung. Er ist zudem der inoffizielle Pressesprecher des Vereins. Sein akribisch geführtes Archiv umfasst alle Ergebnisse und Tabellenplatzierungen des SSV Reichenbach – und laut Bastian Derigs, langjähriger Identifikationsspieler und Führungsfigur, kennt Gehrisch „die Ergebnisse der letzten zehn Jahre allesamt auswendig."
Gehrisch ist ein echter Ur-Reichenbacher, er wohnt seit seiner Geburt (1957) dort. Er trug bereits in seiner Jugend das Trikot des SSV, spielte später zwar nur noch zwei Jahre in der zweiten Mannschaft und beendete seine aktive Fußballkarriere damit frühzeitig, jedoch war er anschließend ein Jahrzehnt lang beim SSV als Jugendleiter im Einsatz. Danach war Gehrisch 30 Jahre als Schiedsrichter für den Verein unterwegs. Zurzeit bekleidet er das Amt des Abteilungsleiters Fußball. Seine markante, kratzige Stimme ist bei jedem Heimspiel über die Lautsprecher zu hören – „ein unverkennbares Stück Kreisliga-Romantik", erklärt Derigs.
Preuß hingegen stammt aus Niedersachsen, studierte in Freiburg und kam durch seinen ehemaligen Arbeitgeber Siemens in die Region. Beim Bau seines Hauses im Jahr 1983 erhielt er tatkräftige Unterstützung von den AH-Spielern des SSV Reichenbach – die Verbundenheit zum Verein war geboren. Bis zu seinem 60. Lebensjahr spielte er selbst in der AH-Mannschaft.
Die beiden verbindet nicht nur die Liebe zum Verein, sondern auch eine enge Freundschaft. Als Betreuer und Zeugwarte kümmern sie sich gemeinsam um das Waschen des Trikotsatzes – Preuß übernimmt die Hosen und Stutzen, Gehrisch die Trikots. Auch verpassen sie keine einzige Einheit des Teams, sei es beim Training oder an Spieltagen. Preuß spielt dabei am Wochenende häufig den Linienrichter.
Ein weiteres Ritual der beiden ist ihr wöchentliches Tippspiel zu den Ergebnissen der ersten Mannschaft. Der Gewinner darf sich nicht nur über Ruhm in ihrer Zweiergruppe freuen, sondern auch über ein kleines alkoholfreies Getränk bei der wöchentlichen Mannschaftssitzung am Donnerstag.
Dass sie sich dabei auch gegenseitig auf die Schippe nehmen, gehört dazu. „Für ihn ist es wichtig, dass er beim Arbeiten sitzen kann – er war halt Beamter“, sagt Preuß mit einem Augenzwinkern über Gehrisch. „Aber in bürokratischen Angelegenheiten macht ihm wirklich niemand etwas vor.“ Und noch eine Spitze hinterher: „Beim Kegeln ist er ein großes Talent, im Fußball allerdings nicht.“
Sowohl das Renter-Duo als auch der Verein selbst steht für Kontinuität: Seit 1971 gab es gerade einmal drei Vorsitzende – und der Rekordhalter ist Preuß, der ab März 1992, also seit nunmehr knapp 33 Jahren, an der Spitze steht. „Anfangs dachte ich, ich mache das mal für zwei Jahre – dann wurden es doch ein paar mehr“, erzählt er lachend. Auch Gehrisch blickt auf eine lange Amtszeit zurück: „20 Jahre lang war ich als 2. Vorsitzender aktiv."
Der Verein hat im Laufe seiner Geschichte einige Veränderungen durchlebt. 1910 gegründet, wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg 1954 wiederbelebt (Die Aufzeichnungen des Vereinsarchivs beginnen ab hier). Die wohl größte Veränderung brachte jedoch die Fusion mit dem einstigen Rivalen TSV Reichenbach vor drei Jahren mit sich.
Gleich in der Premierensaison 2022/2023 gelang der Spielgemeinschaft der Aufstieg in die Kreisoberliga. Der dramatische Relegationskrimi war sogar filmreif – und fand seinen Weg auf die Kinoleinwand. Im vergangenen Jahr wurde der einstündige Film „Siegtag" an drei Tagen im Bensheimer Luxor-Kino ausgestrahlt. SG-Spieler Felix Heinz steckte rund 300 Arbeitsstunden in das Projekt, um Spielszenen, Interviews und Videomaterial zusammenzutragen.
„Durch die SG ist der Ort zusammengewachsen, früher war man eher verfeindet“, erklärt Preuß. Heute sitzen Preuß und Gehrisch gemeinsam mit den TSV-Verantwortlichen im fünfköpfigen Spielausschuss und gestalten die Zukunft der SG Reichenbach mit. „Wir dachten wir, wir bleiben noch ein bisschen dabei und unterstützen die jungen Leute“, meint Gehrisch.
Für ihre Verdienste sind Preuß und Gehrisch im Verein allseits geschätzt und über sie werden liebevoll Parallelen mit zwei bekannten Fernsehfiguren gezogen: „Wir vergleichen sie gerne mit den zwei Alten von der Muppet-Show - zwei waschechte Originale eben. Ich habe die beiden unfassbar tief in mein Herz geschlossen, weil sie mir immer einen Grund liefern, auf den Sportplatz zu kommen", schwärmt Derigs.
Auch von ehemaligen Spielern erhalten sie immer wieder positive Rückmeldungen. „Das Feedback, dass die Fürsorge und Betreuung bei uns einmalig ist, macht einen wirklich glücklich“, offenbart Preuß.
Abschließende Fragerunde:
1. Uns motiviert es, im Verein ehrenamtlich tätig zu sein, weil ...
„wir gerne mit Menschen zusammenarbeiten und unseren Teil zur positiven Entwicklung des regionalen Vereins und der damit einhergehenden Gemeinschaft beitragen möchten."
2. Das schätzen wir an unserem Verein: ...
„Dass der Verein sich in der Nachkriegszeit nicht hat unterkriegen lassen, sondern sich durch die kontinuierliche ehrenamtliche Tätigkeit etabliert hat."
3. Das schönste Erlebnis bei unserem Verein in all den Jahren ...
„war der Aufstieg der SG in die Kreisoberliga vor zwei Jahren."
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Zur Serie: Es gibt in nahezu jedem Fußballverein mindestens eine davon: Die Rede ist von einer engagierten Person, die größtenteils im Hintergrund agiert, sich akribisch einbringt und den Verein am Laufen hält. Ohne die vieles bei dem heimischen Sportverein nicht so funktionieren würde, wie es der Fall ist. In unserer Serie „Die gute Seele im Verein" rücken wir diese oft unsichtbaren Ehrenamtlichen ins Rampenlicht und würdigen ihren unverzichtbaren Einsatz.
Ihr habt einen Vorschlag für eine "gute Seele" aus eurem Verein, die wir unbedingt mal vorstellen sollten? Dann schreibt uns kurz eine Mail mit ein paar kurzen Informationen zur Person und idealerweise den Kontaktdaten.
Dein Kontakt (per E-Mail) zur FuPa-Redaktion: fupa@vrm.de
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Übersicht aller bisher veröffentlichten Berichte der Serie „Die gute Seele im Verein":