Seitdem Marco Hiller im Tor steht, ist 1860 München ein Topteam. Bei RWE Essen feierten die Löwen ihren dritten 3:0-Sieg in den letzten fünf Spielen.
Der letzte Pfiff aus der Pfeife von Martin Speckner (29) ging über in ein Pfeifkonzert aus Tausenden Kehlen. Es galt aber nicht dem Mann in Schwarz, sondern alleine der Mannschaft von Rot-Weiss Essen, die das Traditionsduell sang- und klanglos mit 0:3 verloren hatte.
Mit dem Schiedsrichter aus der Oberpfalz hatte am Sonntag keiner ein Problem, am wenigsten das Siegerteam aus München-Giesing. Die Löwen hatten nicht nur eine starke Reaktion auf das 1:2 gegen Rostock gezeigt, sondern auch Frieden mit höheren Mächten wie dem Fußballgott und dem DFB geschlossen. Nach sechs Elfmetern gegen 1860 München wurde am 17. Spieltag der erste Strafstoß für den TSV gepfiffen. Thore Jacobsen haute ihn „nordisch cool“ (Giannikis) ins Kreuzeck und brachte sein Team auf die Siegerstraße. Auswärtssieg Nummer fünf als Wende zum Guten? Gemach, aber es gibt Anzeichen dafür, dass das Licht am Ende des Löwen-Tunnels heller wird.
Ein gefühlvoller Steckpass von David Philipp, ein cooler Abschluss von Fabian Schubert, dem zweiten Offensivjoker– fertig war der dritte 3:0-Sieg seit dem 2. November (zuvor Sandhausen, Mannheim). „Wenn man die letzten fünf Spiele sieht, haben wir nur eine Niederlage“, merkte Trainer Argirios Giannikis an. Überhaupt ist die Saisonbilanz erstmals ganz leicht ins Positive gekippt: Torverhältnis 28:27 bei Gleichstand zwischen Siegen und Niederlagen (je sieben).
Für Giannikis, so klingt es, hat mit der 1:5-Klatsche von Cottbus (27. Oktober) eine neue Zeitrechnung begonnen. Vor Marco Hiller – und nach Marco Hiller. In den fünf Spielen, die der Trainer erwähnte, kassierte sein Team gerade mal drei Gegentreffer, zwei davon per Elfmeter. Satte 24 Gegentreffer waren es in den zwölf Spielen zuvor, als die Defensivreihe mit dem aus Unterhaching gekommenen René Vollath zu fremdeln schien.
Gefallen dürfte Giannikis auch, wie sich vor dem Ruhepol Hiller eine Struktur bildet, die sogar ohne den verletzten Kapitän Jesper Verlaat funktioniert. Sechser Thore Jacobsen war am Sonntag nicht nur wegen seines Führungstreffers der Chef im Ring. Tunay Deniz, der den offensiven Sechser gibt, kümmert sich ums Aufbauspiel, neben und vor dem Duo übernehmen auch Abwehrroutinier Max Reinthaler, Antreiber Morris Schröter und Topscorer Julian Guttau Verantwortung. Patrick Hobsch holte zudem in cleverer Stürmermanier den ersten Strafstoß der Saison heraus. Ein intaktes Teamgefüge, das in Essen auch Leroy Kwadwo bei der Wiedereingliederung half. Kaum zu glauben, dass derselbe Kwadwo gegen Dresden und Cottbus kaum einen Zweikampf gewonnen hatte.
Vom kultigen Erfolgstrainer Werner Lorant (kürzlich 76 geworden) ist die Weisheit überliefert, dass die ersten Spiele einer Saison noch zur Vorbereitung gehören. Was das angeht, haben es die Löwen 2024/25 ein bisschen zu wörtlich genommen. Erstaunliches Rechenexempel: Klammert man den komplett verpatzten Saisonstart aus (drei Spiele, drei Niederlagen), legen die Löwen seit dem 4. Spieltag tatsächlich eine gewisse Ergebnis-Konstanz an den Tag. Vor allem dank der imposanten Auswärtsstärke hat die Giannikis-Elf 24 Punkte aus den letzten 14 Spielen gesammelt. Das entspricht einer Quote von 1,71, die hochgerechnet auf 38 Spieltage 65 Punkte ergäbe – und vergangene Saison zur Aufstiegs-Relegation gereicht hätte (Regensburg, 63)
Nicht nur diese Zahlen-Spielerei belegt: Die Löwen sind gar nicht sooo schlecht dabei in dieser Saison. 24 Punkte plus X können durchaus ein Sprungbrett für die Rückrunde sein. Zum Vergleich: In den dreieinhalb Köllner-Jahren lagen die Löwen nach 17 Spieltagen bei 24, 27, 22 und 30 Punkten. Sechs Zähler sind es aktuell auf Tabellenplatz drei, ebenfalls sechs auf Platz 17. Es ist also noch alles drin – in jede Richtung.