Heiko Herrlich spricht vor der Partie der SpVgg Unterhaching gegen den 1. FC Saarbrücken über seine Rückkehr, Leistungsdenken und das Beppo-Prinzip.
Unterhaching – Vier Spiele, ein Punkt – es ist nicht die Bilanz eines Retters, mit der sich Heiko Herrlich in Haching einführte. Doch der 53-Jährige denkt in seinem zweiten Engagement bei der SpVgg langfristig.
Manni Schwabl sprach bei der Trainersuche von einem Flirt mit Felix Magath, Sie trafen sich an Silvester in Österreich. Wie gut sind denn die Flirtkünste des Präsidenten noch?
Als ich ihn gesehen habe, hat mir seine Körpersprache nicht gefallen. Ich habe ihm gesagt, dass die Situation schwierig ist, er aber unbedingt positiv bleiben muss. Anschließend hatten wir dann ein gutes Gespräch.
Schwabl sagte damals, ein neuer Trainer arbeitet auch nicht nur für ein Weißbier und einen Schweinsbraten. Wie viel musste er springen lassen, um Sie ins Hachinger Wirtshaus zu locken?
Ich war ja schon mal hier, vor vielen Jahren. Und ich hab sehr schöne Erinnerungen daran. Manni lenkt den Verein mit viel Herz, und das Finanzielle stand für mich schon 2011 nicht im Vordergrund.
„Für mich hatte Mannis Anfrage Charme – auch wenn es eine schwierige sportliche Lage ist.“
Heiko Herrlich über seine Rückkehr zur SpVgg Unterhaching.
In Ihrer bisherigen Trainerlaufbahn haben Sie alle Facetten des Berufs erlebt. Was reizt Sie an der Rückkehr nach Haching?
Ich hatte in meiner Karriere genug Aufmerksamkeit – und hab auch genügend Titel geholt. Als ich Regensburg in der Regionalliga übernommen hatte, wurden mir ähnliche Fragen gestellt. Ich hab es immer als Privileg erachtet, im Fußball bleiben zu können, und irgendwie schien das alles stimmig hier: Dass Sven Bender weitermacht. Um es kurz zu machen: Für mich hatte Mannis Anfrage Charme – auch wenn es eine schwierige sportliche Lage ist.
Bestimmt hatte Schwabl bei Ihrer Verpflichtung an einen Soforteffekt gehofft. Jedoch: Vier Spiele und nur ein Punktgewinn. Ist der Zauber des Neuanfangs schon verblasst?
Wenn Sie mich so fragen, ja. Klar, also am Ende sind Punkte und Siege die Währung, nichts anderes. Das versuche ich auch, den Spielern zu vermitteln. Ihr Job ist nicht Fußball zu spielen, sondern Ihr Job ist Spiele zu gewinnen, egal wie. Aber hier ist halt alles ein bisschen anders.
„Ich glaube, man sieht auch anhand der Punkte und der Entwicklung, dass es so eben nicht geht.“
Heiko Herrlich will in Unterhaching ein Leistungsklima schaffen.
Wie meinen Sie das?
Es mischt sich alles, der Nachwuchs- mit dem Profibereich. Wenn ich manchmal in die Kabine komme, sitzt da die U 21 drin. Nicht falsch verstehen: Ich finde es ja ehrenwert, dass dem Nachwuchs größte Wertschätzung entgegengebracht wird, aber wenn du ein Profiverein sein willst, muss jeder wissen, wer die 20 oder 22 Spieler sind, die am Samstag den Laden schmeißen. Da geht es um den Fokus.
Leise Kritik am familiären Hachinger Weg?
Nicht generell am Hachinger Weg. Es ist eben nicht jeder Profi. Du musst dir das erarbeiten, Woche für Woche dafür leben. Ich glaube, man sieht auch anhand der Punkte und der Entwicklung, dass es so eben nicht geht. Mir ist natürlich bewusst, dass Haching diese Durchlässigkeit ausmacht, aber ich will hier noch mehr Leistungsdenken reinbringen. Ein Leistungsklima..
„Letztendlich sind wir in einem Leistungsgeschäft.“
Heiko Herrlich über den Torwart-Wechsel.
Praktischerweise haben Sie gleich auch für die Regionalliga unterschrieben...
Ich habe Manni gesagt: Du, wir können das für ein halbes Jahr machen oder länger. Guck einfach! Ich werde so oder so versuchen, viele Dinge versuchen zu verändern. Am Ende wollten wir beide ein Zeichen setzen. Ich wollte signalisieren, dass ich den Weg mitgehe.
Konstantin Heide haben Sie nach einigen Patzern auf die Bank gesetzt. Wie viel Feingefühl ist nötig bei einem 19-Jährigen Talent, der Haching auch schon Spiele gerettet hat?
Da musst man immer abwägen. Wenn ich als Stürmer der schlechteste Mann auf dem Platz war, am Ende irgendwie angeschossen werde und das Tor mache, dann bin ich der Held. Habe ich oft genug erlebt. Aber als Torwart… Da kann er in anderen Spielen noch so gut halten.. Letztendlich sind wir in einem Leistungsgeschäft. Aber klar ist auch, dass der Konsti ein großes Talent ist und seinen Weg machen wird.
Saarbrücken, Aue, Rostock, Sandhausen, Verl. Gegen welche Gegner kann die SpVgg punkten?
Ich lebe nach dem Beppo-Prinzip. Haben Sie das Momo-Buch gelesen? Da fragt er den Straßenkehrer: Woher nehmen Sie Ihre Motivation? Die Straße ist ja ewig lang! Und Beppo sagt, ich konzentriere mich immer auf den nächsten Meter und freue mich dann, wenn der sauber ist. So arbeiten wir gerade.
„Der Fußballromantiker in mir liebt diesen Verein.“
Heiko Herrlich über die SpVgg Unterhaching
Was wäre eigentlich Ihr Karriereplan gewesen, wenn Schwabl nicht kurz vor Silvester angerufen hätte?
Ich habe meine private Rolle und die Zeit mit meiner Familie zuletzt sehr genossen. Das Essen schmeckt den Kindern inzwischen auch. Augsburg war ein toller Verein aber für mich zur falschen Zeit. Die Corona-Zeit hat den Fußball und alles eingeschränkt.
Die Haching-Aktie steht gerade bei 1,80 Euro, ein historischer Tiefpunkt. Warum sollte man als Fan gerade jetzt in die SpVgg investieren?
Ich glaube an die Menschen, die hier arbeiten – und an den Standort. Neben dem FC Bayern gibt es genug Platz und wirtschaftliche Möglichkeiten. Haching hat halt auch eine tolle Vereinsgeschichte, ist mal ganz unten – und plötzlich wieder oben. Der Fußballromantiker in mir liebt diesen Verein.
(Interview: Uli Kellner)