2025-02-04T14:35:38.952Z

Allgemeines
Kommentator und Drittliga-Dino bei MagentaSport Christian Straßburger (r.) über Dr. Christian Werner (r.): „Er tut mir leid, denn er hat gute Ideen. Leider scheint man ihn bei 1860 aber ein bisschen im Regen stehen zu lassen.“
Kommentator und Drittliga-Dino bei MagentaSport Christian Straßburger (r.) über Dr. Christian Werner (r.): „Er tut mir leid, denn er hat gute Ideen. Leider scheint man ihn bei 1860 aber ein bisschen im Regen stehen zu lassen.“ – Foto: IMAGO/Lackovic/Magenta

„Mir tut Dr. Werner leid“: Magenta-Experte Christian Straßburger sorgt sich um 1860 München

Löwen im „Niemandsland“

Im Interview spricht MagentaSport-Experte Christian Straßburger vor dem Rückrundenstart der 3. Liga über Problemkind 1860 München.

Er ist die vertraute Stimme der 3. Liga: Christian Straßburger (34), seit der Saison 2018/19 einer der Chefkommentatoren bei MagentaSport. Annähernd 200 Drittligaspiele hat der gebürtige Düsseldorfer begleitet, ebenso wie EM- und WM-Turniere sowie die Fußball-Bundesliga, die er für Sky kommentiert. Die 3. Liga bleibt dabei sein täglich Brot. Die tz befragte Straßburger zum Rückrundenstart am kommenden Wochenende – und speziell über das ewige Problemkind TSV 1860.

Herr Straßburger, Sie sind exakt so lange in der 3. Liga wie der TSV 1860. Fühlen auch Sie sich als Drittliga-Dino?

Ja, auf jeden Fall. Im Gegensatz zu 1860 fühle ich mich aber wohl in dieser Rolle (lächelt).

Kribbelt es trotzdem noch, wenn die 3. Liga aus dem Winterschlaf erwacht?

Absolut. Ich bin ein richtiger Fan dieser Liga. Als Fußballfan habe ich ein Herz für Traditionsclubs – und da bietet die 3. Liga ja etliche. Tolle Stadien, dazu diese besondere Nähe. Zum Auftakt am Freitag bin ich bei Hannover II gegen Aue, das ist wieder ein neuer Ground für mich. Ich freu‘ mich drauf!

Bis Ende November ging es in der Spitzengruppe recht eng zu, inzwischen haben sich Dresden und Cottbus ein bisschen abgesetzt. Verliert die 3. Liga am Saisonende zwei Ostvereine?

Dynamo steigt auf, das ist klar, die sind jetzt einfach dran. Zur überragenden Kaderqualität haben sie jetzt auch einen Trainer, der alle mitnimmt: Thomas Stamm. Cottbus ist zwar Aufsteiger, aber ein sehr eingespielter. Momentan surfen sie auf einer Euphoriewelle, getragen von Pelé Wollitz, der sich auch noch mal weiterentwickelt hat. Viel verlieren werden sie nicht mehr, ich glaube aber, dass Clubs wie Bielefeld oder Saarbrücken noch Druck machen. Ich tippe, dass Cottbus am Ende Dritter wird.

Da steht momentan 1860-Auftaktgegner Saarbrücken. Wie weit runter geht für Sie der Aufstiegskampf?

Realistisch betrachtet bis Sandhausen, die nur fünf Punkte weg sind. Ich persönlich würde den Strich aber bei Rostock ziehen. Die sind schlecht gestartet, haben in Daniel Brinkmann jetzt aber genau den richtigen Trainer. Sie lauern auf Platz acht. Ich sehe bei Hansa einen starken Trend.

Dann zählen Sie die Löwen wohl eher zur Abstiegszone: Platz 14, acht Punkte hinter dem Relationsplatz, sechs vor dem ersten Abstiegsplatz...

Wenn man es so liest, stehen sie auf dem einzigen Platz, den man als Niemandsland betiteln kann. Ich mach‘ mir allerdings Sorgen um die Löwen, schon länger. Viele Schlüsselspieler sind gesperrt oder verletzt, nicht nur Kapitän Verlaat. Dazu das unruhige Drumherum, ein spürbar unausgewogener Kader – und Giannikis, der nicht viele Spieler besser gemacht hat. Um ehrlich zu sein, sehe ich da keinen. Bei 1860 erkenne ist eine wellenförmige Bewegung, die sich nach unten neigt. Immer wenn man denkt, das war‘s jetzt für den Trainer – dann gewinnen sie wieder zwei Spiele. Dementsprechend schaue ich bei 1860 eher nach unten. Einen Großen trifft es auf jeden Fall – und da sind die Löwen mit in der Verlosung.

Haben Sie eine Erklärung für die ausgeprägte Heim-/Auswärts-Diskrepanz der Sechzger? Kein Team hat weniger Punkte zu Hause geholt, in der Fremde dagegen schneidet nur Dresden besser ab?

Wenn ich die hätte, könnte ich mich direkt als Präsident bewerben (lacht). Ich glaube, diese Inkonstanz spricht Bände. Nur in ihrer Inkonstanz sind sie konstant. Für mich ist es ganz schwer nachvollziehbar, wie man das mit diesen tollen Fans nicht hinbekommen kann. Jede zweite Woche müssen sie auswärts wettmachen, was sie zu Hause verbockt haben – und der Trainer scheint irgendwie keine Antwort darauf zu finden. Mir tut Dr. Werner leid, denn der hat gute Ideen, siehe Martinovic. Leider scheint man ihn bei 1860 aber ein bisschen im Regen stehen zu lassen.

Hat Unterhaching mit 14 Punkten aus 19 Spielen noch eine Chance?

Wird schwer! Da braucht es schon ein kleines Wunder. Ich find‘s schade, dass es mit Marc Unterberger nicht geklappt hat, der war erfrischend, er hat den Hachinger Weg gelebt. In Heiko Herrlich haben sie jetzt aber einen Trainer, der alles schon erlebt hat. Von den Clubs ganz unten traue ich Osnabrück mit Antwerpen am ehesten den Klassenerhalt zu – mehr noch als Essen, obwohl die sich mit Gjasula und Martinovic schlau verstärkt haben.

Im Gegensatz zu 1860, wo Trainer und Kader unverändert geblieben sind. Wie schlimm wäre es für den Sender MagentaSport, ein Zugpferd wie die Löwen zu verlieren?

Ich glaube, der Sender hat sehr gerne einen Verein wie 1860 im Portfolio. Wo viele Fans sind, werden auch viele Abos gekauft. Schlussendlich entscheidet sich das aber auf dem Platz, und wenn die Löwen von dannen ziehen werden, wohin auch immer, dann kommt eben ein anderer Traditionsverein aus den Regionalligen. Ich persönlich würde mich freuen, 1860 als Drittliga-Dino weiter begleiten zu dürfen, aber ich bleibe skeptisch. Von außen betrachtet läuft es ähnlich holprig wie unter Jacobacci. Wenn nichts mehr passiert, werden sie den Papst in der Tasche brauchen. Sie dürfen sich halt auf keinen Fall unten reinziehen lassen, denn das geht relativ schnell in dieser Liga.

Aufrufe: 015.1.2025, 09:35 Uhr
Uli KellnerAutor