Thore Jacobsen überzeugt beim TSV 1860 München. Gegen RW Essen traf der Sommertransfer erstmal, doch fast wäre er nicht bei den Löwen gelandet.
München – Der 10. September 2022. Die Löwen lagen im Topspiel bei Aufsteiger Elversberg mit 0:2 hinten, als es auch noch Elfmeter gab. Zur Ausführung schritt aber keiner der bewährten Torjäger, sondern der Zugang von Werder Bremen, der zwei Jahre zuvor sein letztes Drittligator erzielt hatte.
Anzumerken war ihm das nicht, denn unaufgeregt schritt der Sechser zum Kreidepunkt, verlud Marco Hiller und schob den Ball lässig rechts unten rein. Auch sonst machte der Blondschopf ein bärenstarkes Spiel. Das Endergebnis war für die Gäste zum Vergessen (4:1), nicht aber der Name des überragenden Elversbergers. Zwei Jahre später spielt und trifft er für 1860 München. Die Rede ist von Thore Jacobsen (27), der genauso cool auftritt, wie es seine holsteinische Herkunft vermuten lässt.
Fast logisch, dass Jacobsen auch am Sonntag voranging, als die Löwen in Essen endlich ihren ersten Strafstoß zugesprochen bekamen. Man wusste ja gar nicht, wer im neu formierten Team für Elfmeter zuständig ist. Morris Schröter, der den letzten verschossen hatte (Herbst 2023)? Patrick Hobsch, dem im Totopokal das gleiche Malheur passiert war (beim 10:0 in Thalhofen)?
Kürzlich, vor dem Cup-Aus gegen Haching, hatte Argirios Giannikis verraten, dass Elfmeter bis dato nicht gesondert geübt wurden. Diesmal, nachdem der Coach eine kluge Wahl getroffen hatte, sagte er: „Wir kriegen nicht viele Elfmeter. Thore hat sieben oder acht in seiner Karriere verwandelt. Wir haben im Training entschieden, dass er Elfmeterschütze ist – und er hat ihn dann auch in nordischer Manier eiskalt verwandelt.“
Ein Thore, der seinem Namen alle Ehre macht. Thore(e), Gott des Donners in der nordischen Mythologie, wäre der ideale Pate für Jacobsen, der es genauso gerne krachen lässt. Am Sonntag: mit Schmackes oben rechts ins Eck. Ende September in Bielefeld: trocken aus 60 Metern Maß genommen – und rein ins Tor der Arminia, die davor lange nicht und seither nie mehr zu Hause verloren hat. Jacobsens Geniestreich wurde von den Zuschauern der ARD-Sportschau zum Tor des Monats September gewählt. Jede dritte der 330 000 abgegebenen Stimmen entfiel auf seine Bogenlampe. „Eigentlich kann ich gar nicht so weit schießen“, scherzte er. Auch sein Humor – nordisch-trocken.
Als Scharfschütze haben die Löwen Jacobsen aber gar nicht geholt, sondern als Chefstratege, Führungspersönlichkeit und ballsicherer Verbindungsspieler. Nicht ohne Grund erntete Christian Werner ligaweite Anerkennung für seinen Königstransfer. Für Jacobsen war eigentlich klar, dass er nach zwei Jahren in Elversberg in der 2. Liga bleibt.
Cristian Fiel wollte ihn unbedingt, wechselte dann aber von Nürnberg zur Hertha. Werner grätschte rein, als Jacobsen kurzzeitig in der Luft hing. Bereits im Januar hatte er den Sechser erstmals umgarnt, ihn im Saarland besucht und mit ihm gekocht. Zusätzlich spannte er Jesper Verlaat und David Philipp ein, und auch seine alten Spezl aus dem Werder-Internat rieten dem Nordlicht, nach München zu gehen. Inzwischen, so sieht es aus, macht sich der Transfer für beide Seiten bezahlt.
Von 17 möglichen Spielen bestritt Jacobsen 16 von Beginn an, fast immer über 90 Minuten. Nur einmal fehlte er, weil er eine Gelbsperre absaß. Ob Zufall oder nicht: Es war das 1:2 gegen Rostock, die bereits fünfte Heimpleite. Am Samstag gegen Verl ist Donnerlöwe Thore wieder dabei – um mit seinen (Geistes-)Blitzen die Finsternis aus dem Giesinger Reich zu vertreiben.