Kurz und etwas überspitzt zusammengefasst, steht der FC Ruderting genau da, wo man ihn erwartet hatte: Auf dem ersten Platz der Frauen-Bayernliga. Doch ganz so einfach nachzuerzählt ist die Geschichte der bisherigen Saison dann doch wieder nicht. Denn Spitzenteam ist man nicht einfach so. Das weiß nicht nur FCR-Managerin Johanna Maier. Dir 35-Jährige spricht im Interview darüber, was war, was ist - und was vielleicht kommen wird...
Zunächst geht es nur ein paar Wochen zurück: Das erfolgreiche Topspiel am 9. November samt Sprung an die Tabellenspitze. SpVgg Greuther Fürth gegen FC Ruderting. Das klingt nach "große Fußballwelt" gegen "kleinen Dorfverein". Ist es nach wie vor so, dass der David da den Goliath geschlagen hat?
Der 9. November war eine tolle Momentaufnahme. Dass wir dieses Topspiel zum Jahresabschluss für uns haben entscheiden können, haben wir natürlich sehr gerne mitgenommen. Trotz schwieriger Wetterverhältnissen ist es uns gelungen, noch einmal zu zeigen, was wir so können. Aber egal, ob David gegen Goliath oder wer das Spiel gewonnen hat: Eine Entscheidung ist noch lange nicht gefallen. Noch wartet eine vollständige Rückrunde mit all ihren Unwägbarkeiten auf uns. Es müssen unglaublich viele Faktoren zusammentreffen, sodass man am Ende der Saison ganz oben steht.
Entscheidet sich die Aufstiegsfrage am Ende zwischen Fürth und Ruderting? Sind das die beiden dominierenden Teams der Frauen-Bayernliga?
Stern München darf man keinesfalls unter den Teppich kehren. Auch diese Mannschaft hat eine tolle Hinrunde gespielt. Ihr Manko: Sie sind nicht so astrein aus dem Startblock gekommen wie Fürth und wir. Und genau das ist auch nach dem Winter entscheidend: Nach zwei, drei Spielen der Rückrunde wird das Bild schon klarer sein. Dann wird sich nämlich auch zeigen, wie die Mannschaften mit Verletzungen, die immer wieder vorkommen, umgehen können - und auch, wer das Spielglück auf seiner Seite hat. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Entscheidung nicht am letzten Spieltag im Duell Fürth gegen Ruderting fallen wird.
Was spricht im Titelrennen für euch?
Schwierig zu sagen. Wir sind sicher einer der Favoriten, aber nicht der Favorit. Die Teams, die oben stehen, haben es verdient - und sie trennen nur Nuancen.
Und was spricht gegen euch?
(schmunzelt) Ach, wir sehen das Ganze gelassen. Wir sind der FC Ruderting, ein Dorfverein. Wir haben nichts zu verlieren. In der 4. Liga vorne mitzuspielen, ist für uns bereits jetzt schon ein absolutes Highlight. Wir müssen nichts, wir können nur. Alles seit dem Bayernliga-Aufstieg ist Bonus für uns.
Noch einen Schritt weiter zurück: Wann hattest Du das Gefühl, dass beim FC Ruderting im Frauenfußball etwas entsteht, was mindestens niederbayernweit einmalig sein wird?
Eigentlich vom ersten Tag an. Freilich, der FC Ruderting ist mein Heimatverein - aber: Das hier beim FCR ist etwas Besonderes. Dass der Weg so steil nach oben geht, dass wir 4. Liga spielen und solch erfreuliche Hallenerfolge holen, war natürlich nicht abzustehen. 2009, noch während meiner aktiven Zeit, haben wir die niederbayerische Hallenmeisterschaft gewonnen. Ein außergewöhnlicher Titel! haben nicht gedacht, dass wir so einen Triumph wiederholen können.
Es war ein stetiger Schritt nach vorn bzw. nach oben. Ist das Potenzial unendlich - oder ist das Ende der Fahnenstange mit einem möglichen Aufstieg in die Regionalliga erreicht?
Das Potenzial an Spielerinnen auf unserem Niveau ist, wie es schon Kerstin Winter vom SV Kirchberg im Wald berichtet hatte, langsam aber sicher erschöpft. Wir haben sicher nicht die Möglichkeiten wie ein Großstadtverein in München beispielsweise. Dort ist es einfacher, potenziell gute Spielerinnen zu bekommen. Unser Aufgabe ist es, mit den heimischen Mädls zu arbeiten. Mit Frauenbiburg, Kirchberg und uns gibt es drei Vereine, die seit Jahren zeigen, dass auch in Niederbayern einiges möglich ist. Wir können uns nicht vorwerfen lassen, dass wir aus unseren Möglichkeiten nichts machen.
Es ist immer wieder die Rede davon, dass der Frauenfußball boomt. Ein Blick auf die niederbayerischen Damen-Landkarte zeigt etwas anderes. Warum?
Die Nationalmannschaft und unsere Profispielerinnen werden immer sichtbarer. Natürlich können sich dadurch die kleinen Mädls mehr mit ihnen identifizieren. Genauso wie es ganz oben wichtig ist, dass es Idole gibt - ist das auch auf unserer Ebene ausschlaggebend. Nachwuchskickerinnen müssen sehen, dass es cool ist, Fußball zu spielen - im Fernsehen, aber auch am Sportplatz vor Ort.
An welchen Stellschrauben muss gedreht werden, dass auch die niederbayerischen Mädls verstärkt Fußballspielen möchten, wovon ja auch der FC Ruderting profitieren würde?
Nun muss der Schritt erfolgen, dass sich die Nachwuchsförderung bei den Frauen auf einem ähnlichen Niveau wie bei den Männern bewegt. Es ist schön anzusehen, wie viele Mädls wir in der Jugend haben. Das ist toll! Aber auch eine Aufgabe - für uns und für übergeordnete Stellen.
Erster Blick in die Zukunft: Die Hallensaison steht an. Bis hinauf zur Deutschen Meisterschaft ist der FCR immer derjenige, den es zu schlagen gilt. Lässt sich die letztjährige Erfolgsgeschichte wiederholen?
Durch die Erfolge während der vergangenen Hallensaison freuen sich die Mädls unheimlich auf diese Budenzeit. Man darf aber nicht vergessen, dass die Triumphe mit vielen Strapazen verbunden waren. Jeder weiß, dass es nun wieder von vorne losgeht. Es gibt keine Mannschaft, die es zu schlagen gilt. Jeder spielt gegen jeden, und jeder kann jeden schlagen. Druck haben wir sicher keinen!
Zweiter Blick in die Zukunft: Verliert der FC Ruderting mit einem Aufstieg in die Regionalliga irgendwie sein Alleinstellungsmerkmal als aufmüpfiger Verein vom Lande, der im Konzert der Großen mitmischen darf?
Puh, schwierige Frage. Mit diesem Szenario habe ich mich, ehrlich gesagt, noch überhaupt nicht beschäftigt. Wer am Ende oben steht, wird es verdient haben. Es wäre eine absolute Auszeichnung, in der 3. Liga spielen zu dürfen. Es wäre geschichtsträchtig! Über alles andere kann man zum aktuellen Zeitpunkt nur spekulieren.
Vielen Dank für das Interview - und alles Gute für die Zukunft.