2025-01-24T06:57:50.986Z

Allgemeines
Dmitry Voronov (m.) stellt das Konzept des KFC Uerdingen vor.
Dmitry Voronov (m.) stellt das Konzept des KFC Uerdingen vor. – Foto: Marc Fischer

Infoveranstaltung des KFC Uerdingen: Insolvenz, Rettung und Debatten

KFC Uerdingen / Regionalliga West: Der Abend im Sportpark Oppum war lang und turbulent, als der KFC-Vorstandsvorsitzende Thomas Platzer gemeinsam mit Dmitry Voronov das neue Konzept vorstellte und die Lage beim Insolvenzverfahren erläuterte. Teilweise wurde es hitzig, viele Fans hatten Redebedarf.

Der KFC Uerdingen hatte am Montagabend durch seinen Vorstandsvorsitzenden Thomas Platzer und den KFC-Berater Mehmet Eser zur Infoveranstaltung in den Sportpark Oppum geladen. Dort wollte das Team um Platzer sein Konzept vorstellen, wie der KFC gerettet werden soll.

Neben Trainer René Lewejohann und der Mannschaft waren auch viele weitere bekannte Gesichter, wie etwa das Verwaltungsratsmitglied Harald Grassen vor Ort. Begonnen wurde der Abend mit der Begrüßung und der Übergabe der Unterschriften aus der Sammelaktion, die am Wochenende stattgefunden hat. Insgesamt kamen über 360 Stimmen zusammen, nun soll die außerordentliche Mitgliederversammlung alsbald stattfinden.

Viel Diskussionsbedarf

Daraufhin ergriff Platzer das Wort und es dauerte wenige Minuten, bis erste Diskussionen mit Anwesenden stattfanden. Dabei ging es um aus der Grotenburg entfernte Möbel vom ehemaligen Geschäftsstellenleiter Gerald Judenau, um Müll in den Geschäftsräumen, verschimmeltes Geschirr und viele weitere Kleinigkeiten. Danach aber ging es auch wieder ums Sportliche. So warf Platzer – ohne Namen zu nennen – Personen beim KFC vor, dass diese den kommenden Spieltag bewusst torpedieren würden, damit das Spiel gegen Schalke II nicht stattfindet.

Außerdem seien Zugänge, die sich Platzer am Montag beim Westdeutschen Fußballverband besorgt habe, um in Zukunft Spiele übers DFBnet planen zu können, in wenigen Stunden vom Administrator beim KFC wieder abgemeldet worden. Im weiteren Verlauf wurde aber aufgeklärt, dass alle Zugänge inzwischen funktionieren sollen. Daneben sei man aber auch noch in Gesprächen mit dem Finanzamt, um eine Fortführung des Vereins weiter zu gewährleisten.

Im Anschluss nahm die Diskussion wieder Fahrt auf, denn immer wieder und immer öfter schalteten sich auch die Fans ein. Zudem wurde auch Harald Grassen immer öfter direkt angesprochen und bekam zwischendurch ebenfalls das Mikro und musste sich immer wieder rechtfertigen. Dabei ging es unter anderem auch um das entzogene Vertrauen seitens des Verwaltungsrates gegenüber Platzer. Letztlich gipfelte dies in der Frage von Grassen, ob sie die beiden Vorstandsmitglieder Peter Kahstein und Dirk Röthig „abschießen“ sollen, woraufhin großer Jubel bei den Anwesenden aufbrandete, was als klare Zustimmung für eine Entlassung zu werten war.

„Wir brauchen einen handlungsfähigen Vorstand“

Nach etwa einer halben Stunde übernahm Dr. Christoph Epping, einer der Initiatoren der Unterschriftensammlung, das Wort und erklärte seine Beweggründe. „Wir haben uns überlegt, wir brauchen einen handlungsfähigen Vorstand. Aber zwei wollen nicht mit uns reden, einer stellt uns aber etwas vor. Ich möchte eine Situation herstellen, wo der Verein gerettet wird. Daher möchte ich sehen, dass das Konzept in die Tat umgesetzt wird.“ Daher soll die außerordentliche Mitgliederversammlung durchgeführt werden. „Wir müssen uns den Verein zurückholen, um den ersten Vorsitzenden in die Lage zu versetzen, handeln zu können.“

Auch KFC-Coach Lewejohann und Kapitän Tim Stappmann äußerten sich kurz. So erklärte der Abwehrspieler, dass man nicht umsonst zur Veranstaltung gekommen sei, ebenso wenig wie man jeden Tag aktuell trainiere. „Wir sind hier nicht zum Däumchen drehen, sondern wir wollen spielen!“ Auch Lewejohann blies in dasselbe Horn und erklärte ebenfalls, dass man ein Zeichen setzen wolle. „Wir gehen voran und zeigen, wie es gehen kann. Das erwarte ich daher von jedem anderen auch.“ Er bat weiterhin um den Zuspruch der Anhänger und das diese zahlreich am Samstag in Stadion kommen sollen.

Das neue Konzept des KFC Uerdingen

Anschließend wurde das Konzept des Vorstandsvorsitzenden vom ehemaligen KFC-Trainer Dmitry Voronov, der inzwischen in der Berateragentur von Mehmet Eser für das „Projekt KFC Uerdingen“ zuständig ist, vorgestellt. „Wir müssen schauen, dass wir anfangen, damit zu planen, was wir jetzt haben. Nicht, was wir in fünf Jahren haben können“, legte er gleich die Marschroute fest. Anschließend folgten die einzelnen Punkte.

Struktur: Zunächst müsse eine neue und funktionierende Struktur aufgebaut werden, die auf den Säulen Senioren, Jugend, Geschäftsstelle, externe Berater, Geldeingänge und Fanbase aufgebaut sein soll.

Infrastruktur: Dies sollen die Bausteine sein, mit denen der Verein arbeiten müsse, so Voronov. Dazu gehören die Grotenburg, das Trainingsgelände für die Jugend und die Senioren, die Geschäftsstelle, der Fanshop und Fankneipen so wie weitere Hotspots der Anhänger.

Fünfjahresplan: Mit einem Fünfjahresplan sollen die Punkte mehr und mehr umgesetzt werden, auch wenn Voronov einschränkte, dass man vor allem die aktuellen Vorgänge rund um die Insolvenz überleben müsse. Zunächst aber solle eine Stabilisierung der finanziellen Ebene erreicht werden. Es soll ein Nachwuchsleistungszentrum aufgebaut und die Altlasten sollen getilgt werden. Zudem sollen moderne IT-Systeme installiert werden, bzw. soll alles auf den neuesten Stand gebracht werden.

Zudem müsse sich die Außendarstellung verbessern, es soll eine „Spiel GmbH“ und eine „Stadion GmbH“ gegründet werden. Dies hätte den Hintergrund, dass der e.V. überlebt, sollte es mit der GmbH nicht mehr funktionieren. Dafür aber müsse der e.V. „sauber“ sein, wie Voronov erklärte. Ebenfalls in diesem Plan enthalten sind auch eine Fußballschule, sowie ein Jugendhallenturnier der U17-Mannschaften, die man auch hochkarätig besetzen möchte.

Jugend: Hier gab Voronov vorab die Botschaft mit, dass sich die folgenden Punkte weder gegen den SC Krefeld noch gegen einen anderen Verein richten würden. Vielmehr müsse man selbst alle Fehler weiter aufarbeiten und es brauche eine Neuausrichtung der Jugendabteilung. „Sollten die Finanzen es zulassen, sollten wir hier schnell wieder investieren!“ Dazu gehöre eine neue Ausrichtung, ein Projekt namens „Zurück zum alten Glanz“, was den Aufbau eines Nachwuchsleistungszentrums beinhaltet, die Erweiterung sämtlicher Jugendmannschaften, die Aufstellung einer U23 bzw. einer zweiten Mannschaft, was auch als Integrationsprojekt deklariert ist, und abschließend eine Kooperation mit mindestens drei weiteren Vereinen.

Zusätzlich sollen bei der Kooperation mit dem SC Krefeld zunächst die verschiedenen Zustände, wie es vor der Kooperation lief, wie es während der Kooperation und wie es nach der Kooperation lief, analysiert werden. Ziel sei es anschließend, die Trainerqualität sowie die Trainerausbildung zu verbessern. Anschließend erklärte Voronov, wie viele Fehler man als KFC im Bereich der Jugend gemacht habe.

Dabei nahm er auch ausdrücklich Bayer in Schutz, die laut ihm nichts für die aktuelle Situation beim KFC in der Jugend können. So habe man inzwischen vier Jugendmannschaften weniger und jedes der Teams spiele inzwischen eine Liga tiefer. Die Konsequenz seien fehlende Ablösen und fehlender Nachwuchs. Daher müsse man unter anderem eine neue Scouting-Struktur etablieren und Maßnahmen analysieren. Um diesen Trend entgegenzuwirken, soll ein „qualifizierter Staff plus Optionen für Technik und Athletiktraining“ wieder angegangen werden.

Finanzierung: Dieser Punkt wurde vorgezogen, denn auch die Mitglieder vor Ort drängten auf genaue Zahlen und wie der Verein vor der Insolvenz gerettet werden soll. Daraufhin übernahm Thomas Platzer das Wort. Demnach ging der Insolvenzantrag an Sebastian Thißen, Andreas Scholten und den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Marc Schürmann. Platzer selbst habe erst einige Tage nach Eingang des Schreibens davon erfahren. Eser habe aber auch im Nachhinein bekräftigt: „Wir gehen niemals in die Insolvenz!“

Daraufhin wurde über das Darlehen Esers gesprochen. Anwesende bemängelten, dass mit dem Darlehen auch der Schuldenstand des Vereins immer höher steige. Platzer entgegnete, dass der Verein ohne dieses Darlehen bereits längst Geschichte wäre. So aber gehen Platzer und Eser weiter in Vorleistung, bis es Abschlüsse mit Sponsoren gebe, die erst abgeschlossen werden, sobald Platzer und Eser auch da Vertrauen haben, dass die Gelder nicht verschwinden, wie erklärt wird.

Darlehen und Finanzamt

Daraufhin wurde auch das Darlehen genauer erläutert. So sei das Darlehen als eigenkapitalähnliche, langfristige Einlage zu verstehen. Eine Rückforderung soll nicht vor dem 30. Juli 2027 erfolgen. Zudem sollen die Merkmale, wo diese fehlen, nachdokumentiert werden.

Dann aber kam die wohl wichtigste Frage auf. Nämlich, wie viel man in den kommenden Tagen dem Finanzamt vorlegen müsse, um die Insolvenz abzuwenden. Demnach hat der Verein bis Freitag Zeit, dem Finanzamt 211.000 Euro zu bezahlen. Dann sei die Insolvenz erst mal vom Tisch, so Platzer.

Als Konsequenz daraus entbrannten weitere Diskussionen, bei denen sich auch der anwesende Harald Grassen wieder einschaltete. Die Veranstaltung drohte, aus den Fugen zu geraten. Denn die Vorwürfe gegen den Verwaltungsrat nahmen zu und auch Peter Kahstein und Dirk Röthig gerieten immer mehr in die Kritik. Letztlich durfte sich Grassen erklären, allerdings gab es zu vielen Statements des Verwaltungsratsmitglieds viel Gegenrede und die Anwesenden waren sichtlich wütend über viele Aussagen. In der folgenden Diskussion eröffnete Thomas Platzer, dass bereits seit Jahresbeginn wieder über 60 ungeöffnete Briefe auf der Geschäftsstelle lägen. Im Anschluss beruhigten sich die Gemüter wieder.

Einsparungen und Liquidität

Danach nahm Platzer den Faden wieder auf und bestätigte erneut, dass der Deal mit Herbrand stehe. Dazu soll es einen neuen und verbesserten Ausrüstervertrag geben, ein „renommiertes Autohaus aus Düsseldorf“ soll als Extrasponsor für die Jugendabteilung gefunden sein. Voraussetzung für all die Pläne ist jedoch eine „stabile Vorstandsmehrheit für Thomas Platzer“.

Auch am Kader soll weiter gebastelt werden. So soll der Kader um acht bis zehn Spieler reduziert werden. Dabei sollen die Einsparungen abhängig sein vom Gehalt und der Anzahl der Spieler. Eine Regelung mit ehemaligen Mitarbeitern soll hingegen blockiert werden von weiteren Vorstandsmitgliedern. Dadurch soll ein Einsparvolumen in Höhe von 300.000 Euro erreicht werden. Insgesamt sollen durch Einsparungen und Sponsoring 650.000 Euro eingenommen werden.

Kurzfristig soll die Liquidität gesichert werden durch M-Soccermanagement, Herbrand und weitere Projekte, die man allerdings noch nicht öffentlich machen wolle, um die Pläne nicht zu gefährden. Dagegen stehen nach wie vor verschwundene Einnahmen aus Dauerkartenerlösen, Tagestickets, Catering und Merchandise. Wo all die Einnahmen verblieben sind, soll ebenfalls geklärt werden. Denn laut der Präsentation wurden vom Verein in der aktuellen Saison weder Gehälter, noch Sozialabgaben, Lohn- und Umsatzsteuern oder Beiträge für die Berufsgenossenschaft gezahlt.

Viele Fans äußern sich

Im Anschluss ging es ein wenig drunter und drüber. Viele Anhänger machten ihrer Wut über die Führungsetage Luft und es entbrannten teils hitzige Diskussionen im Saal. Recht spät erklärte Platzer noch nach einer Wortmeldung, dass eine Insolvenz vom Finanzamt wohl nicht zugelassen werde. Was wiederum bedeutet, dass dem Verein wohl die Liquidierung droht, sollte es tatsächlich in die Insolvenz gehen. Entsprechend groß war der Zuspruch für ein Mitglied, welches es zum Abschluss klar auf den Punkt brachte: „Wir müssen jetzt zusammenhalten, ansonsten sind wir tot.“

Zu guter Letzt wurde ein weiteres Treffen anberaumt, wo Dmitry Voronov auch die weiteren Punkte des Plans den Fans vorstellen soll. Damit wurden die Mitglieder entlassen und ein langer Abend beim KFC endete.

Aufrufe: 021.1.2025, 12:00 Uhr
Marc FischerAutor