Eigentlich hatte sich Vinzenz Loistl im vergangenen Sommer nach Singapur in die neu gegründete Akademie der Lion City Sailors verabschiedet, um dort für zwei Jahre als Jugendtrainer zu arbeiten.
Pullach – Doch schon im März ist der 32-Jährige zurückgekehrt, unterstützte bei seinem Heimatverein SV Pullach sofort den bisherigen Cheftrainer Fabian Lamotte. Nach dessen Entlassung hat Loistl, der vier Jahre lang Juniorenteams beim FC Bayern trainiert hat, nun die Verantwortung beim abstiegsbedrohten Landesligisten übernommen.
Schon im Vorjahr hatte er den Sportlichen Leiter Theo Liedl beim letztlich vergeblichen Kampf um den Bayernligaverbleib unterstützt. Mit unserer Zeitung sprach Loistl über sein Auslandsabenteuer und die aktuelle Rettungsmission bei den Raben.
Sie wollten eigentlich für zwei Jahre nach Singapur. Warum sind Sie vorzeitig zurückgekehrt?
Ich war bis Dezember in Singapur, dann hatte ich die Möglichkeit, drei Monate beim australischen Fußballverband zu hospitieren, was sehr interessant war. Danach hat es mich aber doch nach München zurückgezogen, ich habe die Luft und das Wasser vermisst. Es hatte also keine sportlichen Gründe, es war eher Heimweh.
Haben Sie aus der Zeit im Ausland etwas mitnehmen können?
In einer anderen Kultur zu leben, quasi im englischsprachigen Raum, auch auf Englisch die Fußballbegriffe zu benutzen und die Ansprache zu halten, das hat mir viel gebracht. Und ich habe auch viele neue Freunde gefunden.
Haben Sie auch in sportlicher Hinsicht etwas gelernt?
Da habe ich eher mein Wissen eingesetzt als etwas mitgenommen, weil man in Singapur doch noch am Anfang steht. Aber es waren in dieser neuen Akademie auch Trainer dabei, die von großen Vereinen kamen, wie Real Madrid oder Benfica Lissabon. Das war natürlich schon sehr interessant.
Wie kamen Sie dann wieder zum SVP?
Anfang März bin ich zurückgekommen, Theo Liedl hat mich angerufen und gesagt, dass Fabian Lamotte Hilfe braucht. Also habe ich als Co-Trainer angefangen.
Nun sind Sie nach Lamottes Entlassung Cheftrainer. Beim 2:0-Sieg gegen Schwaig zum Debüt haben Sie auf den ersten Blick aber gar nicht so viel geändert. Wo sehen Sie in erster Linie Ansatzpunkte für neue Impulse?
So viel kann man in ein paar Tagen gar nicht machen. Wir haben ein bisschen das System geändert, spielen von der Ausrichtung her etwas defensiver. Aber in erster Linie will ich die positiven Sachen, die Fabian installiert hat, verstärken.
Theo Liedl sagt, der Abstieg müsse unbedingt vermieden werden, weil Pullach sonst für immer aus dem gehobenen Amateurfußball verschwindet. Spüren Sie diesen Druck?
Ich sehe es eher positiv. Ich freue mich einfach, wieder in Pullach zu sein, ich bin mit dem Verein schon immer verbunden. Und ich würde einfach supergern die Klasse halten.
Wie wirkt sich die Situation auf die Mannschaft aus?
Die Spieler wollen unbedingt den Abstieg vermeiden. Wir haben ja einige, die in der Jugend in Haching waren und daher an den Leistungsgedanken gewohnt sind. Alle geben gut Gas und das Trainingsniveau ist gerade sehr hoch, finde ich.
Spielt die Erfahrung aus dem Abstiegskampf der vergangenen Saison eine Rolle?
Ich weiß nicht. Ein Unterschied für mich ist, dass ich damals nur Theo Liedl unterstützt habe und diesmal verantwortlich bin. Außerdem war ich damals gleichzeitig noch als Jugendtrainer beim FC Bayern beschäftigt. Wir hatten vor einem Jahr vor allem ein schlechtes Relegationsspiel gegen den TSV 1865 Dachau, das wir daheim 0:3 verloren haben. Da kam ich zehn Minuten vor Spielbeginn vom Bayern-Campus. Diesmal habe ich den Kopf frei und kann mich ganz auf Pullach konzentrieren.
Haben Sie jetzt eigentlich einen Co-Trainer an Ihrer Seite?
Ja, Nico Le Page, der bei der SpVgg Unterhaching Athletiktrainer war, unterstützt mich. Er wohnt bei mir in München in der Nachbarschaft und hat auch eine Pullacher Vergangenheit, hat hier in der Jugend gespielt. Da habe ich ihn angerufen und er hat gerade eh Zeit.
Das Gespräch führte Umberto Savignano.